Ernie Chambers (71), seit 38 Jahren Parlamentsabgeordneter im Staat Nebraska, ist mit einer im letzten Jahr eingereichten Klage gegen Gott auf den Bauch gefallen. Er hatte Gott vorgeworfen, dass dieser zahlreiche terroristische Drohungen schwerster Art gegen unzählige Personen, den Kläger eingeschlossen, geäußert habe. Erbeben, Orkane, Überschwemmungen, Dürren, Plagen, Hungersnöte und andere Katastrophen seien die unmittelbaren Folgen dieser Verwünschungen gewesen. Das habe zu vielen Toten und Millionen von unschuldigen, terrorisierten Menschen geführt, nur zu dem Zweck, Angst und Schrecken zu verbreiten und Unterwerfung einzufordern. Und dies sei, so der Kläger, "in schriftlicher Form (Den Heiligen Schriften) niedergelegt und wurde und wird von seinen Agenten kommuniziert."
Zumindest vorerst wurde Chambers Einhalt geboten, denn ein US-Richter hat dem juristischen Kasperltheater ein vorläufiges und ebenso geniales wie überraschendes Ende bereitet. "Wer keine Adresse hat, dem kann man auch keine Anklageschrift zusenden", so die lapidare Begründung von Richter Marlon Polk. Und dagegen gibt es nichts einzuwenden, auch wenn im Englischen zwischen "Sky", also dem schönen weißblauen Himmel über meiner Heimat und dem transzendent verstandenen "Heaven" unterschieden wird, der eigentlich - und Alois Hingerl, Dienstmann und als "Münchner im Himmel" bekannt, kann das bestätigen - auch mit Wölkchen versehen ist, auf denen man von Petrus (Laut Ludwig Thoma) zum Hosianna-Singen verdonnert wird.
Nun gut, selbst Aloisus, wie er seit seiner Ankunft im "Heaven" hieß, konnte über die Hausnummer Gottes nichts Näheres mitteilen, auch wenn er wegen seines flegelhaften Benehmens beim Harfenspiel ("Mei lieber Luja, Sackl Zement Luja, dei Manna kannst selba saffa") direkt vor den Stuhl des Höchsten zitiert wurde, was ihm neben einer geharnischten Philippika ein Rückflugticket Richtung Erde und damit den Besuch in sein geliebtes Hofbräuhaus einbrachte, wo er - so wird's erzählt - angeblich noch heute sitzen soll und eine Maß nach der andern...na, du weißt schon. Auf jeden Fall "koa Manna".
Chambers führte ein Argument ins Feld, das bei Kritikern zum (eigentlich einfallslosen) Standardrepertoire gehört, wenn sie Christen und Monotheisten allgemein im Gespräch über ihren Glauben verunsichern wollen: Gott sei für alle Unbill dieser Welt verantwortlich, schaue weg und mache sich regelmäßig aus dem Staub, wenn seinen Geschöpfen Schlimmes widerfahre.
Vielleicht hatte der Richter ein wenig Mitleid mit Chambers, da er selbst wie wir alle wohl auch hin und wieder von Zweifeln geplagt ist und ihn seine Frau zuhause wohl mit ähnlichen Themen löchert, auf die er partout keine Antwort weiß. Aber wo Paragrafen walten muss es irgendwie zu einem begründeten Urteilsspruch kommen, und so kam ihm - Justitia sei Dank - die zündende Idee mit der fehlenden postalischen Adresse.
Chambers wollte das aber nicht so recht einleuchten und er hatte sich, wie es schien, auf eine abschlägige Antwort vorbereitet: "Da Gott alles weiß kennt er auch die Anklageschrift", so sein trotziges Kontra, und schließlich setze das Gericht mit seinem Glauben an die Existenz Gottes auch dessen Allwissenheit voraus.
Sehen wir das Ergebnis rein sportlich dann lautet das vorläufige Ergebnis Gott gegen Chambers 1:0, weil das Gericht die Nichtzuständigkeit in "Sachen Gott" festgestellt hat.
Zur Zuständigkeit noch ein Bemerkung: Chambers hatte seine Klage mit der Begründung beim Bezirksgericht Douglas eingereicht, dass Gott dort durch "zahlreiche Agenten unterschiedlicher Religionen und Kirchen vertreten" sei und damit "höchstpersönlch präsent". Manche dieser "Agenten" seien sogar der Meinung, nur sie würden ihn verteten - und was seinen Standpunkt noch stützen würde - der Angeklagte [Gott] habe sich nie von diesen Leuten distanziert.
Ob Chambers in Berufung gehen wird steht noch in den Sternen - bzw ist in irgendeinem Postfach der nächsten Galaxie links um die Ecke hinterlegt -, aber wenigstens konnte er mit einer schönen Schlussfolgerung aufwarten: "Da Gott allwissend ist, muss er auch Kenntnis von dieser Klage haben."
Stimmt. Wer das biblische Buch Hiob liest wird feststellen, dass Chambers in diesem Punkt sogar Recht hat. Aber Spaß beiseite: Die Geschichte zwischen Hiob und Gott entwickelt sich ganz anders und das Ergebnis ist ein höchst erfreuliches.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen