Wenn Tim Franks, fest angestellter Griffelspitzer und Tastatur-Zampano bei der BBC, aus seinem Fenster im Büro der Jerusalem Capital Studios die Jaffa-Straße hinunterblickt, entgeht ihm im Regelfall selten etwas, was nicht irgendwie zu verwursten wäre - und im Verwursten von Nachrichten ist die BBC einsame Weltspitze. Im Gebäudekomplex haben viele internationale Medien wie der britische Mediengigant (verballhornt Beeb), CCN, Sky News und etliche andere Medien Outlets ihre Büros eingerichtet. Einige Anschläge in der Vergangenheit wurden nicht zufällig in der Nähe des Medienhauses verübt, weil man sich als Terrorist an keinem Platz in Jerusalem und vielleicht weltweit so sicher sein kann, fast zeitgleich mit dem Geschehen in die Schlagzeilen zu kommen wie hier.
Warum ging Tim Franks nicht die paar Meter runter zur Straße und erkundigte sich bei den Sicherheitsbehörden? Man kennt ihn und hätte ihm Auskunft geben bzw. auf die Pressekonferenz verweisen können. War er kurz auf dem Klo, um seinen Angstschiss abzulassen? Die etwas später abgeänderte Schlagzeile entbehrt dann nicht einer gehörigen Portion bösartiger Komik: „Bulldozer-Amokfahrt erschüttert Israel“.In der Nahostberichterstattung, und da besonders im Kontext des israelisch-palästinensischen Konfliktes, hatte man bei der BBC noch nie Skrupel, jede erdenkliche Auseinandersetzung zwischen der IDF und Palästinensern sprachlich so ins „rechte“ (falsche) Licht zu rücken, dass palästinensische Terroristen zu anonymen, ziellos umher irrenden „home made“- Kassams mutierten und umgekehrt IDF-Operationen zu unverhältnismäßigen Racheaktionen des jüdischen Staates.
Beispiel gefällig? „Raketen verletzen Dutzende in Israel“ titelt der britische Medienriese, vergisst aber (absichtlich?), den Absender anzugeben, der so freundlich war (und weiterhin ist) seine Tod bringende Fracht nach Sderot oder Ashkelon zu tragen.
HonestReporting hatte dazu ein Communiqué verfasst. Abgesehen davon, dass hier der "Täter" in Kollektivhaft genommen wird ("Die Israelis" und selbstredend die Juden in Gestalt des Staates Israel), wird eine Täter-Opfer-Konstellation fortgeschrieben, die in weiten Teilen der westlichen Presse - und hier besonders der europäischen - eine unheilvolle Tradition entwickelt hat.
Eines aber sicher nicht: Leidenschaftliche Befürworter eines wenigstens in Ansätzen erkennbar investigativen und redlichen Journalismus. Mister Franks hat's leicht: Die Beschwerdestelle der BBC federt alle kritischen Leseranfragen stellvertretend für ihn ab, denn - wer möchte schon gerne mit Alan Johnston tauschen, der trotz devoter Haltung gegenüber Hamas und Fatah mehrere Monate als Geisel eines Gaza-Klans gehalten wurde?
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Nachtrag, 7. Juli:
BBC entschuldigte sich für die Ausstrahlung drastischer Bilder vom Anschlag letzte Woche.
Update, 6. Juli: Redakteur Craig Oliver verteidigt die Entscheidung.