Mittwoch, Dezember 17, 2008

Bla, Bla Press TV

Press TV mit einer sehr unanständigen Antwort auf einen geladenen Gast

HonestReporting

Es hat uns schon enttäuscht, dass der vom iranischen Staat finanzierte Sender Press TV seinen potentiellen Zuseherkreis seit 1. Dezember 2008 mit Hilfe des britischen Mainstream-Satellitensystems stark erweitert hat.

Press TV behauptet, ein „geradliniges und unverfälschtes Nachrichtenprogramm“ anzubieten, „gemischt mit Analysen und einer großen Auswahl an Gästen, die verschiedene Meinungen vertreten“, aber es ist schlicht unmöglich, dies mit der Wirklichkeit in Einklang zu bringen.

Schließlich ist es exakt jener Sender Press TV, der Nicholas Kollerstroms dreiste Holocaustleugnung 'The Walls of Auschwitz: A Review of the Chemical Studies’ veröffentlichte und häufig Lady Michelle Renouf präsentiert (Siehe Abbildung rechts: Renouf überreicht Amadinejad eine DVD mit der "Dokumentation" Ernst Zündels), eine Neonazistin und Fürsprecherin des Holocaustleugners David Irving. Lesen Sie hier, was Renouf selbst sagt; inklusive niedliche Bilder natürlich.

HonestReporting wurde im September 2008 von Press TV angesprochen und um Hilfe bei der Auswahl der Disputanten in einer Fernsehdebatte gebeten. Während wir auf die Reklame für Holocaustleugnung durch Press TV und die genozidalen Absichten der iranischen Unterstützer des Senders hinwiesen teilten wir Press TV freundlich mit, dass wir nicht dazu beitragen würden, ihm Glaubwürdigkeit zu verleihen. Wir drängten auch andere Organisationen, nicht mit dem Sender zu kooperieren.

Press TV hat fortgesetzt versucht, glaubwürdige und angesehene Gäste für seine Sendungen anzuwerben, zuletzt Dr. Andre Oboler, Experte für soziale Medien und Direktor von Zionism on the Web.

Auch Oboler lehnte dankend ab. Und er bekam diese höchst unanständige Antwort:
Bla bla...

Wir sind so frei, sonst würden wir Sie nicht kontaktieren. Und niemand leugnet den Holocaust. Anders als ihr Vertreter der neuen Zionistischen Weltordnung sind wir für Debatten aufgeschlossen.

Ich hätte es gerne gesehen, wenn Sie kommen und die Chance nutzen, diese fremden Besatzer Asiens und Nordafrikas zu verteidigen […] und die Verletzung Internationalen Rechts, das man Israel nennt.

Wir von Press TV haben Kontakt mit vielen ZioNazis und Unterstützern Israels und geben ihnen freie Sendezeit, damit sich die Zuseher eine eigene Meinung bilden können.

Der Iran unterstützt oder fördert keinen Genozid, aber die Cowboys jenen an den Indianern und die neuen Cowboys (Israel) an den Indianern der Gegenwart (Palästinenser, Araber, Asiaten, Libanesen) etc.

Entschuldigen Sie, dass der Iran eine ZioNazi-Marionette [Er meint den Schah, Castollux] gestürzt hat, aber dummerweise ist der Iran keine Marionette der ACIADA*-Gruppierung wie Sie.
Will Press TV uns wirklich weismachen, dass es eine „Unverfälschte Nachrichtenagenda“ hat?

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*Soll wohl ein geistreiches Wortspiel mit Al-Qaida andeuten.

Hattip: HonestReporting, Heplev

Dienstag, Dezember 16, 2008

2254-2254: Antisemitismus im öffentlich-rechtlichen Chat

Liebe Leser,

der Eine oder Andere beteiligt sich vielleicht an Hörersendungen, wenn er nachts nicht schlafen kann, und manchmal wird das auch zur Gewohnheit, wenn man sich in bestimmte Themata verbeißt, die in schöner Regelmäßigkeit angesprochen werden - auch wenn man am nächsten Tag sehr früh aufstehen muss. Mir ging es jedenfalls in den letzten zwei, drei Jahren mitunter so. Ich stieß dabei aber auch auf einige Ungereimtheiten, die mehr als ärgerlich sind und mich an der Qualität der Hörersendung „0800-2254-2254“ auf dradio kultur zweifeln ließen. (Quelle Bild rechts: Deutschlandfunk/Deutschlandradio Kultur)

“0800-2254-2254“ (auf dradio kultur täglich um 1.00 h nachts [außer Freitag] ausgestrahlt) ist eine Hörersendung, bei der jeder seinen antiisraelischen Senf ablassen darf. Wichtig ist nur, dass dieser so „gepflegt“ wie möglich vorgetragen wird.

Oft rufen auch Hörer an, denen relativ schnell anzumerken ist, dass sie linke Antisemiten und USA-Hasser sind (Rechte Antisemiten werden vorher gut aussortiert, um die Agenda passend zu gestalten).

Das geht dann unter linker Meinungsbildung oder Israelkritik gerade noch so durch, wie beispielsweise bei einem Herrn aus Neuwied, einem Herrn aus Leipzig (DDR-Nostalgiker und Schnellsprecher, aber Langsamdenker) oder einem selbst ernannten „Weltlehrer“ aus Frankfurt, der es sogar noch fertig bringt, Moderatoren gegen sich aufzubringen, die ihm im Prinzip zustimmen, in der Wolle also auch zumindest Antizionisten sind, wenn man ihren Verlautbarungen und zustimmenden Bemerkungen Glauben schenken darf.

Diese Quadratur des Kreises muss man erst einmal schaffen….

Wie wir wissen ist Antisemitismus eine Krankheit, die vor niemandem Halt macht - auch nicht vor Moderatoren, die hämisch kichern, wenn wieder einmal eine Zote über Israel (und damit indirekt über Juden) gerissen wird und in der Sprache gut verpackt ist. Oder wer meckert schon darüber, wenn bei „2254-2254“ sinngemäß behauptet wird, dass der Gazastreifen „Ein Riesenknast“ sei, die Menschen dort „dem Verhungern preisgegeben“ oder die Hamas durch „rechtmäßige Wahlen“ an die Macht gekommen sei und deshalb die Lizenz zum Morden habe?

Um es vorwegzunehmen: Vier Moderatoren der Hörersendung nehme ich von meiner Kritik aus:

Frau M.v.B., Frau K. L., Herrn J.W. und Herrn O.T.

Die fragen immer beharrlich nach, arbeiten journalistisch sehr sorgfältig und bringen die notwendige Empathie für beide Konfliktparteien auf (Palästinenser und Israelis), ohne den Gesprächspartner abzuwürgen. So stellt sich das für mich zumindest dar. Ich habe bei Freunden nachgefragt, die nicht immer meiner Meinung sind, und dort bekam ich ein entsprechendes Echo.

Da der Rest der Moderatoren von „2254-2254“ entweder zu schlicht gestrickt ist, um antisemitische Fallen zu bemerken, oder selbst antisemitische Formulierungen wie (nicht wortwörtlich, aber genau richtig, was seine Ausage betraf) „Das Alte Testament ist sowieso von Gewalt geprägt“ (Dr. J.S.) rauslässt und auf entsprechende Nachfragen meinerseits über die Redaktion nicht reagiert, gehe ich davon aus, dass er zumindest stillschweigend das gutheißt, was in den Foren geäußert wurde.

Herr Dr. J.S. genießt große Anerkennung in der Hörerschaft - nicht zuletzt deswegen, weil ihm der Ruf vorauseilt, ein Literaturkritiker von höchsten Gnaden vor dem Herrn zu sein, auch wenn er nichts originär Eigenes geschrieben hat. Zumindest habe ich bisher (außer Zusammenstellungen) nichts gefunden. Ich lasse mich gerne belehren.

Und wer möchte nicht als kleiner Wicht (-igtuer), wie Herr S. aus Bochum (belächelter Poltergeist in Augen mancher Zuhörer und Moderatoren), mit einem leibhaftigen Doktor der Philosophie „auf Augenhöhe“ in einem Forum agieren, das von zig-Hörern besucht wird? Aber ein „Guten Tag, Herr Doktor“ muss natürlich sein, wenn man zuerst buckelt, um dann gnädigerweise die Erlaubnis zu bekommen, gegen alle Liberal-Konservativen „auszuteilen“. Aber das dann heftig und mit zustimmendem Augenzwinkern mancher Moderatoren und gewiss einiger Mitdiskutanten.

Gut, dass es Hörfunk gibt, kann ich da nur sagen. Hier kann man noch in etwa heraushören (oder sich ausmalen), wenn ein Moderator das unterdrückte Lachen an den Schenkeln abklopft und gleichzeitig dem Hörer mitteilt, was für „ein toller Hecht“ er sei. Und die politische Gesinnung spielt da weiß Gott keine Rolle. Ich saß auch schon zweimal in Aufnahmestudios, als live aufgezeichnet wurde. Also kenne ich die Häme, die dort mitunter verbreitet wird.

Dummerweise war es Dr. J.S. und AT-Kritiker höchstpersönlich, der kürzlich mit Professor Wolfgang Benz ein Interview führte, in dem Letzterer sich ausgiebig darüber beschweren durfte, dass man ihm in der jüngsten Diskussion, ob „Islamophobie“ und Antisemitismus miteinender vergleichbar wären, Unrecht getan hätte.

Wenn Herr Dr. J.S. nicht schon vorher unangenehm aufgefallen wäre, hätte man noch an einen Zufall glauben können - nämlich an diesen „ganz spezifischen Zufall“, dass ausgerechnet er mit Professor Benz dieses Interview führte. Ich glaube an diesen Zufall nicht.

Warum hat er Professor Benz nicht nach seinen Reaktionen zum 11. September 2001 befragt, als jener den Anschlag auf das World Trade Center so interpretierte, wie ich es aus dem Buch von Henryk M. Broder „Kein Krieg, nirgends: die Deutschen und der Terror“ (Seite 39) zitierte und Benjamin Weinthal in der Jerusalem Post?

O-Ton Wolfgang Benz:
[…] „aber es sind Symbole von Stolz und Reichtum und Arroganz. Solche Gebäude aufzurichten, das ist die äußerste Arroganz, und die Verletzlichkeit ist damit mit eingebaut. Und die Attacke gegen diese Gebäude, mit dieser Attacke kann man eigene Ohnmachtsgefühle und eigene Demütigungen auslöschen und in die Ohnmacht und die Demütigung des Gegners verwandeln….Und das evoziert die drastischen und die dramatischen Reaktionen, und das macht es so gefährlich und so verheerend, gerade diese Symbole anzugreifen und zu zerstören.“
Herr Dr. S. ist ein anerkannter Rezensent, und niemand will ihm „am Zeug flicken“. Aber wieso hat er das von mir erwähnte Zitat im Interview mit Professor Benz ausgespart?

Wieso lässt man einen Mann ein Interview führen, der in einer Hörersendung seinen Gesprächspartnern in blanker Missachtung und Verhöhnung der jüdischen Theologie gegenüber mitteilt, dass das so genante „Alte Testament“ ein Synonym für Gewalttätigkeit sei, obwohl er keinen blassen Schimmer davon hat?

Ich will auf einen 2254 2254-Gesprächsfetzen hinweisen, der sich mir - unter vielen - eingeprägt hat, bei dem Dr. S. nicht als Moderator anwesen war, für den er aber in seiner unentschlossenen und wachsweichen Haltung steht:

Herr N. aus Berlin sagte unwidersprochen Folgendes - und damit komme ich auf die Ankündigung oben zurück:
„Im Gazastreifen passiert jetzt das, was damals im Warschauer Ghetto passiert ist“.
So etwas darf dradio kultur nicht stehen lassen. Aber es blieb und bleibt dort unwidersprochen stehen. Und wenn Dradio kultur-Moderatoren in der Sendung „2254-2254“ dazu auch noch kichern und „Danke für den Anruf“ sagen, werden meine Zweifel gewiss nicht ausgeräumt.

Montag, Dezember 15, 2008

Irans YouTube-Generation

Irans Universitäten sind einmal mehr Schauplatz der Schlacht um die Zukunft des Landes. Im digitalen Zeitalter sind wir in der Lage, einen flüchtigen Blick in die iranische Wirklichkeit zu werfen.

Videobeiträge der jüngsten Studentenproteste in Teheran, Shiraz und Hamedan sind überall im Internet zu sehen. (Bild rechts, Quellen: AP/Die Presse) Insbesondere der Video-Clip über einen Studenten (Siehe weiter unten), der gegenüber einem hochrangigen Regierungsmitglied scharfe Kritik übt, offenbart eine bemerkenswerte Entschlossenheit, das Regime herauszufordern.

Ein junger Mann an der Shiraz-Universität steht auf, um Ali Larijani, den eingeladenen Parlamentssprecher und ehemaligen Unterhändler zum
iranischen Atomprogramm, in scharfer Form anzureden:
"Ich werde keine Frage an Sie richten, weil ich Sie nicht als rechtmäßigen Sprecher betrachte, und das Parlament auch nicht",
so der Student, der die Ausschaltung von Kandidaten der Opposition bei den vorangegangenen Parlamentswahlen ansprach.

Der vor etwa 100 Studenten auf dem Podium sitzende Larijani scheint aus der Fassung zu geraten und schweigt.
"Lassen Sie mich sagen, was schwer auf meinem Herzen lastet",
fährt der Student fort.
"Drei Dinge hasse ich. Zum Einen (Präsident) Mahmoud Ahmadinejad."


Applaus brandet auf - schon für sich gesehen eine Form des Widerstandes, seit die Mullahs Klatschen und Krawatten als typisch westlich abtun.
"Zweitens hasse ich ihn wegen seiner Heuchelei."
In diesem Moment schalten sich regimetreue Studenten der Basij-Organisation (Braunhemden der Mullahs) mit Sprechgesängen und Zwischenrufen ein. Inmitten des Chaos’ endet das Video. Wir kennen den Namen des jungen Mannes nicht, wissen auch nicht, was [mit] ihm nach dieser Versammlung am 9. Oktober geschah. Manche Iraner sagen, dass er eingesperrt wurde, andere glauben, dass er untergetaucht ist.

Seit vor 6 Jahren der letzte Studentenaufstand niedergeschlagen wurde hat der Iran sporadischen, aber stetig wachsenden Widerstand gegen das Regime erlebt - erst kürzlich bei den Kundgebungen zum "Studententag" am 6. Dezember, der an drei Demonstranten erinnert, die 1953 von Soldaten des Schahs getötet wurden. Der Shiraz-Student ruft dem Einzelnen in Erinnerung, dass es ein "unbekannter Widerständler" war, der sich den chinesischen Panzern während der Proteste auf dem Tiananmen-Platz in den Weg stellte.

Der künftige US-Präsident Obama meint, dass sich die USA auf den Iran einlassen sollten. Wie einer unserer Freunde unterstreicht hat er die Wahl:
"Entweder lässt er sich auf diejenigen ein, die von Larijani repräsentiert werden, oder er stellt sich auf die Seite der Studenten dieser Generation."
Quelle: Wall Street Journal
Hattip:
Nasrin Amirsedghi