Donnerstag, Oktober 07, 2010

Was hat Uli Sahm mit dem Times Square gemeinsam?

Ganz einfach:

Er wurde dort weltweit über Leuchtreklame bekannt.

Ich will jetzt nicht großartig erklären, wie es dazu kam (das steht mir auch nicht zu), aber am Times Square mit Bild und Text zu erscheinen ist schon ein Hammer und ein Beleg größter journalistischer Klasse Ulrich Sahms, die weltweit Aufsehen erregt.

Ulrich Sahm ist 1950 in Bonn als Sohn eines deutschen Diplomaten geboren. Aufgewachsen in London, Paris, Bonn, Heppenheim (1968 Abitur an der Odenwaldschule), Moskau und Ankara. Studium der evangelischen Theologie, Judaistik und Linguistik in Bonn, Köln und an der kirchlichen Hochschule in Wuppertal. Ab 1970 Studium der Hebräischen Literatur an der Hebräischen Universität in Jerusalem.


Ulrich Sahm hat kürzlich einen Artikel verfasst, der sich mit Marc Daniels beschäftigt, einem amerikanischen Juden, der eine Kampagne gegen Hass startet und dafür kabbalistische Ideen zur Diskussion stellt.

Castollux
hat Ulrich Sahms Beitrag 1:1 eingestellt und lediglich ein paar Tippfehler ausgebessert.

Vom Korrespondenten zur Leuchtreklame


Eine etwas absurde Karriere
Ulrich Sahm


Ein amerikanischer Jude startet eine Kampagne gegen den Hass, benutzt dafür kabbalistische Ideen, ein Foto von „Schindlers Liste“ und stößt in Deutschland auf Bedenken. „I have a dream“ (Ich habe einen Traum) hatte der amerikanische Schwarzenführer Martin Luther King in Washington gerufen und Afroamerikaner motiviert, gegen die in Amerika übliche Rassentrennung von Schwarzen und Weißen anzukämpfen.

Den mitreißenden Slogan Kings hat jetzt Marc Daniels für eine eigene Kampagne aufgegriffen, um „Hass zu jäten“. Daniels, ein amerikanischer Jude, spricht fließend Deutsch. Er reist oft nach Deutschland und Israel. Sein Großvater hatte einen Gartenbaubetrieb und ein Gerät erfunden, das Wasser mit Dünger den Wurzeln eines Baumes zuführt. Der Gartenbauexperte Daniels kennt die deutschen Hersteller von Schaufeln und Hacken sowie israelische Experten für Tröpfchenbewässerung. Die führt Pflanzen in exakten Dosen Wasser zu und bewirkt Wunder.


In Israel hatte Daniels noch andere „Geschäfte“. Er suchte die spirituellen Wurzeln seines Judentums und fand die Kabbalah, wie sie Michael Laitman verbreitete. "Ich entdeckte die Brücke zwischen meiner Familie und meinen kulturellen wie spirituellen Stammbaum.” Er wollte die Geheimlehren der Kabbalah metaphorisch Gärtnern zugänglich machen. “Macht Euch die Finger dreckig, um Unkraut auszureißen, und so symbolisch den Hass in der Welt auszurotten”, formuliert Daniels.


Rabbi Michael Laitman, ein russischer Ingenieur, hat sich mit kabbalistischen Lehren ein weltweites Millionenheer von Anhängern geschaffen. Von einem Industriegebäude nahe Tel Aviv aus lenkt Laitman mit Fernsehstudios und Internetauftritten ein Imperium.


Daniels hatte meine Artikel gelesen und verstanden, dass ich in jüdischen Angelegenheiten bewandert sei. Wir verabredeten ein Treffen. Zwei Stunden lang versuchte er erfolglos, mich von Laitmans Lehren zu überzeugen. Daniels schlug vor, den Rabbi „exklusiv“ zu interviewen. Nur bat er mich, den Rabbi nicht zum Thema Holocaust zu befragen.


Klicken sie einmal auf das Bild unten: dort wird Ulrich Sahm mit seiner Message abgebildet.

Der Text-Stream darüber....; und das am Times Square. Eine wesentlich bessere Bildauflösung hier:


Zum Abgleich:

In der Kabbalah-Zentrale saßen Dutzende „Freiwillige“ in Kabuffs von einer Größe 1 Quadratmeter bei künstlicher Beleuchtung und übersetzten die Predigten des Rabbi in alle möglichen Sprachen. Der Rabbi selber war gekleidet wie ein Rabbi, aber schnell stellte sich heraus, dass er kein gelernter Rabbiner war. Wie versprochen, befragte ich ihn nicht zum Holocaust, sondern nur, weshalb er über das Thema nicht reden wolle.

Der vermeintliche Rabbi meinte, dass Massenmorde und Krieg Teil eines Gottesplanes seien, Hitler also eine „Marionette Gottes“. Damit war für mich das Interview beendet.


Daniels hielt weiter Kontakt. Er hatte die Idee entworfen, Kindern beizubringen, den Hass auszurotten, so wie man Unkraut jätet. In den USA fand er er Anhänger für ein Projekt, Kleinkinder Unkraut jäten zu lassen, um so symbolisch den Hass zu tilgen und sie gleichzeitig der Natur näher zu bringen. Auch der Präsident im Weißen Haus wurde aufgefordert, in seinem Garten Unkraut zu jäten.


Inzwischen hatte Daniels mein Buch „Alltag im gelobten Land“ gelesen und darin das Kapitel entdeckt, wie ich den mit Dokumenten gefüllten Koffer des Oskar Schindler vom Tel Aviver Flughafen abhole, während die Polizei in den Räumen der Stuttgarter Zeitung nach dem Koffer fahndet. Ehe ich auftragsgemäß den Koffer an die Holocaust-Gedenkstätte Jad Vaschem übergab, lagen die Materialien in meinem Wohnzimmer, mitsamt Originalen von „Schindlers Liste“. Die sind durch den gleichnamigen Spielberg-Film weltberühmt geworden.

So entstand das Foto, wie ich „Schindlers Liste“ studiere. Das Bild schmückte ausgerechnet am 11.9. eine Leuchtreklame auf dem New Yorker Times Square. So warb Marc Daniels für seine Kampagne „Weed Out Hate“ (Jätet den Hass). Die geballte Symbolik war Absicht.


Ausgerechnet in Deutschland stieß Daniels auf Widerspruch. Grüne beklagten, dass Unkraut doch Teil der Natur sei und geschützt werden müsse. Andere bemängelten, dass Nazis die Juden zum Unkraut erklärt hätten, das ausgerottet werden müsse. Daniels, der amerikanische Jude und Kenner der deutschen Mentalität, hätte nicht damit gerechnet, dass seine gut gemeinte Kampagne gegen Hass ausgerechnet bei deutschen Naturfreunden und Geschichtskennern auf Bedenken stoßen würde.


(C) Ulrich W. Sahm, 30. September 2010

http://www.hagalil.com/01/de/Israel.php?itemid=3077

http://www.n-tv.de/politik/politik_kommentare/Weltmacht-Kabbalah-article40502.html
http://www.prnewswire.com/news-releases/journalist-and-schindlers-list-facilitator-ulrich-sahm-endorses-weed-out-hate-initiative-102679589.html

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Herzlichen Dank an Uli für die Bereitstellung des Artikels und das Angebot, es bei Castollux veröffentlichen zu lassen.

Dienstag, Oktober 05, 2010

Absteigen gilt nicht

Letzen Samstag habe ich einen (lange Zeit vergessenen) stetig ansteigenden Berg vor Zusamzell (36 Kilometer westlich von Augsburg) mit dem Bike begutachtet, um meine Fitness zu testen. Ich glaube kaum, dass ich da allzu große Konkurrenz fürchten muss, weil ich bei Tagestouren etwa 80-100 Kilometer im Schnitt zurücklege.

Während meiner letzten großartigen Radtour mit meinem "großen Bruder" Hans die Elbe rauf bis Prag im August gab es wesentlich schwierigere Passagen, die manch andere Biker zum Absteigen gezwungen hatten.


Wenn ihr euch das Foto (unten) anseht und dann den kleinen Ausschnitt ganz hinten im Bildhintergrund-Mitte, wo ein entfernt liegender Wald unterhalb der Steigung erkennbar ist: Wie stark, schätzt ihr, war die Steigung und wie lange führte sie?



Heftig, heftig.


Mein Foto hatte ich am Scheitelpunkt aufgenommen. Dort schnaufte ich schon ein wenig durch, auch wenn ich relativ “locker“ noch mehr gepackt hätte.

Wichtig ist: immer im richtigen Moment runterschalten, sowohl was die vorderen als auch die hinteren Zahnkränze betrifft. Am besten beim Anstieg gleich auf den mittleren Kranz vorne und dann langsam weiter...den kleinen Kranz vorne erst nehmen, wenn es eng wird und kurz bevor der Puls noch heftiger ansteigt.

Wenn man das „intus“ hat, spart man viel Kraft und Sauerstoff für die nächsten Steigungen und kann die Muskulatur lockern. Ansonsten sind bei jeder Trecking-Tour Magnesium, Traubenzucker sowie Eiweißriegel angesagt, um dem so genannten „Hungerast" vorzubeugen.
Und: rechtzeitig essen!

Man sieht bei dieser Aufnahme, wie der Asphalt plötzlich nach unten „abbricht“. So viel kann ich sagen: 18% Steigung waren es nicht, aber auch nicht viel weniger, dafür aber auf einer elend langen Strecke.


Ich freue mich schon auf eine Tour in den Alpen – vielleicht in den Appenzellern?
Wer die schafft ist reif für die Tour de France ;-))

Apropos „freuen“: Man kann man sich generell auf Anstrengungen und Entbehrungen freuen; und erst recht dann, wenn man sie gemeinsam mit echten Freunden gemeinsam meistert! Aber ein wenig „Reinhold-Messner-Mentalität“ sollte schon vorhanden sein. Und vor allen Dingen: unbedingte Zuverlässigkeit in Gefahrensituationen wie bei Bergtouren ist allererste Voraussetzung.
Sonst "bisch verratzt", wie man bei uns im Voralpenland sagt.

Freudige Überraschungen gibt es natürlich immer wieder: Als ich von meiner Elbe-Radtour nach Augsburg zurückfuhr, musste ich über das oberfränkische Sonnefeld nach Bamberg und dann weiter nach Süden. Eigentlich lächerliche 65 Kilometer: aber Wolkenbrüche wie am Äquator, rapider Temperaturabfall und böig-kalter Gegenwind; ich fuhr grimmig vor mich hin wie eine Maschine - hadernd mit dem Wetter und stetigen Gedanken ans Aufhören bzw. Unterkommen an der nächsten Raststätte. Und am Horizont nur grauer Frust…


Auf einmal sah ich auf halber Strecke nahe der Basilika Vierzehnheiligen einen Punkt in der Landschaft, der sich genauso abplagte wie ich und immer langsamer wurde. Das wurde mein Reisebegleiter bis Bamberg – ein Student aus Jena, der auf dem Weg zu seiner Liebsten nach Nürnberg war. Ich sagte ihm einfach: „Komm, jetzt pack’ mer’s zusammen“, und glücklich war er ob so viel Spontaneität, und ich auch.


Bis Bamberg haben wir viel miteinander gesprochen, unsere Brotzeiten gemeinsam verzehrt und alles um uns vergessen. So kann gelebte Gemeinschaft aussehen.


Witzig: Mein Begleiter (Sven) hatte einen prall gefüllten, riesigen Bundeswehrseesack auf dem Buckel, weil er mit einem Mountainbike ohne Gepäckständer(!) gestartet war und sowohl die Entfernung als auch die auf ihn zukommenden Bedingungen falsch eingeschätzt hatte. Er war ist erst 20….


Man stelle sich das einmal vor: etwa 40 Kilo auf dem Rücken - und die drücken permanent auf den Sattel bzw. auf das geschundene Körperteil, das darauf Platz nimmt. Ich wüsste nicht, ob ich das lange durchgehalten hätte. Kompliment, Sven, falls du dies einmal lesen solltest.


Nach Bamberg trennten sich dann leider unsre Wege. Kurios - wie meistens - auch die Unterbringungsmöglichkeit, die wir vorfanden: Auf der Durchfahrt sah ich einen Fahrradladen und dachte mir sofort: „Hey, die wissen bestimmt eine Übernachtungsmöglichkeit“. Und so war es dann auch. Ein Musikgeschäft wenige Häuser weiter verkaufte nicht nur Gitarren und alles sonst, was mit Musik zu tun hat, sondern vermietete auch perfekt eingerichtete Einzelzimmer für 35 Euro die Nacht. Ist doch okay, oder, wenn TV, Bad, Fahrradabstellraum und Frühstück inklusive sind?


An interessierte Fahrradfreaks oder sonstige Bayern-Touristen: Wenn ihr jemals im südlichen Bayern unterwegs seid und die Welt dort mit dem Fahrrad kennen lernen wollt, macht euch keine Sorgen: in meiner Heimat und im Voralpenland kann man zu jeder Tageszeit preiswerte Übernachtungen buchen - auch ad hoc bei einer Durchfahrt mit dem Fahrrad.

Und den Föhn inklusive glasklarem Blick auf die Alpen gibt's auch umsonst.

Einfch bei mir nachfragen :-)

Montag, Oktober 04, 2010

Quo Vadis Anno MMX, FC Bayern?

Schrecklich und zum Haareausraufen, was man als eingefleischter Bayern-Fan in den letzten Wochen mitmachen muss: Die Mannschaft des niederländischen Trainers van Gaal scheint entweder politisch korrekten grünen Biosprit getankt zu haben (was oft zu Stottern im Motor führt) oder ihr „Mir-san-mir“-Gefühl ist ihr vorübergehend abhanden gegangen.

Wann gab es das schon einmal, dass mein
ruhmreicher FCB ausgerechnet während der Wies’n-Hochsaison, wenn die Gegner seit Jahrzehnten regelmäßig ins Weißbier-Delirium gespielt werden, dermaßen ins Straucheln gerät wie in der Saison 1977/78, als man den läppischen 12. Platz „errang“?

Da bin ich momentan ebenso ratlos wie viele meiner Leidensgenossen.

Die Bayern-Hasser haben also wieder einmal für ein paar Wochen Hochkonjunktur. Von mir aus - kein Problem:

Sehen wir uns die Statistiken der Bundesliga an: Danach folgt auf eine schlechte Bayern-Saison oft eine Demütigung für die Liga-Konkurrenz, von gelegentlichen Ausnahmen abgesehen (Gladbach in den 1970er-Jahren, HSV Anfang der 1980er-Jahre und Bremen in den 1990er-Jahren).


Eigentlich war aber das heute verlorene Spiel in Dortmund (0:2) nur noch das I-Tüpfelchen auf eine fast niederschmetternde Diagnose, die man schon in den letzten Wochen hätte stellen können, wäre die WM in Südafrika nicht gewesen und die danach fehlende Regenerationszeit für die Mehrzahl der Stammspieler des Teams, die – man sollte das nicht vergessen – dort Semifinale und Finale gespielt hatten.


Van Gaal und die Spieler selbst betonten in der äußerst knapp bemessenen Vorbereitungszeit, dass es Startschwierigkeiten geben könnte. Man war also „vorgewarnt“. Die Frage ist nur, ob man das Anfang Oktober immer noch gelten lassen kann. Leise Zweifel - auch an manchen Mannschaftsumstellungen heute - (Pranjic als "6" und Schweinsteiger hinter der Spitze) sind erlaubt.

Weil die einzelnen Spieler sehr wohl wissen, um was es geht und sie ihrem Verein gegenüber die größte Loyalität schulden (der bezahlt sie schließlich), glaube ich aber, dass das Team ein mentales Problem hat:

Permanent gewinnen macht zwar unheimlich viel Spaß, aber als ehemaliger Aktiver weiß ich auch, dass sich nach (großen) Erfolgen ein gewisser Schlendrian einschleicht, auch wenn er nicht gewollt ist. Die Motivation fehlt einfach, und das ist menschlich sehr gut nachvollziehbar.

Jetzt haben die Bayern einige Kopfnüsse eingesteckt. Das verursacht Schmerzen, richtig. Aber danach wird durchgestartet. Die Mannschaft hat ein unglaublich großes Potential. Sie muss es jetzt nur noch abrufen.

Und: Mal sehen, wo Mainz und Dortmund nach dem 34. Spieltag stehen.
Mainz wird nach der ersten Niederlage ins Grübeln kommen, nach der zweiten erst recht (wie Hoffenheim damals). Und Dortmund ist (dieses Jahr) noch nicht meisterschaftsreif.

Abgesehen davon werden für meinen Geschmack manche Mainzer "Jungstars" zu früh in den Himmel gelobt, auch wenn ich ihnen alles Gute wünsche.


Also: abwarten.

Ich bin zwar sauer, aber meinen FCB jetzt schon abschreiben? Nein!

Der Stern des Südens leuchtet immer und ich gehe nicht davon aus, dass sich die Astrophysiker hinsichtlich dieser Selbstverständlichkeit irren.