Dienstag, Oktober 05, 2010

Absteigen gilt nicht

Letzen Samstag habe ich einen (lange Zeit vergessenen) stetig ansteigenden Berg vor Zusamzell (36 Kilometer westlich von Augsburg) mit dem Bike begutachtet, um meine Fitness zu testen. Ich glaube kaum, dass ich da allzu große Konkurrenz fürchten muss, weil ich bei Tagestouren etwa 80-100 Kilometer im Schnitt zurücklege.

Während meiner letzten großartigen Radtour mit meinem "großen Bruder" Hans die Elbe rauf bis Prag im August gab es wesentlich schwierigere Passagen, die manch andere Biker zum Absteigen gezwungen hatten.


Wenn ihr euch das Foto (unten) anseht und dann den kleinen Ausschnitt ganz hinten im Bildhintergrund-Mitte, wo ein entfernt liegender Wald unterhalb der Steigung erkennbar ist: Wie stark, schätzt ihr, war die Steigung und wie lange führte sie?



Heftig, heftig.


Mein Foto hatte ich am Scheitelpunkt aufgenommen. Dort schnaufte ich schon ein wenig durch, auch wenn ich relativ “locker“ noch mehr gepackt hätte.

Wichtig ist: immer im richtigen Moment runterschalten, sowohl was die vorderen als auch die hinteren Zahnkränze betrifft. Am besten beim Anstieg gleich auf den mittleren Kranz vorne und dann langsam weiter...den kleinen Kranz vorne erst nehmen, wenn es eng wird und kurz bevor der Puls noch heftiger ansteigt.

Wenn man das „intus“ hat, spart man viel Kraft und Sauerstoff für die nächsten Steigungen und kann die Muskulatur lockern. Ansonsten sind bei jeder Trecking-Tour Magnesium, Traubenzucker sowie Eiweißriegel angesagt, um dem so genannten „Hungerast" vorzubeugen.
Und: rechtzeitig essen!

Man sieht bei dieser Aufnahme, wie der Asphalt plötzlich nach unten „abbricht“. So viel kann ich sagen: 18% Steigung waren es nicht, aber auch nicht viel weniger, dafür aber auf einer elend langen Strecke.


Ich freue mich schon auf eine Tour in den Alpen – vielleicht in den Appenzellern?
Wer die schafft ist reif für die Tour de France ;-))

Apropos „freuen“: Man kann man sich generell auf Anstrengungen und Entbehrungen freuen; und erst recht dann, wenn man sie gemeinsam mit echten Freunden gemeinsam meistert! Aber ein wenig „Reinhold-Messner-Mentalität“ sollte schon vorhanden sein. Und vor allen Dingen: unbedingte Zuverlässigkeit in Gefahrensituationen wie bei Bergtouren ist allererste Voraussetzung.
Sonst "bisch verratzt", wie man bei uns im Voralpenland sagt.

Freudige Überraschungen gibt es natürlich immer wieder: Als ich von meiner Elbe-Radtour nach Augsburg zurückfuhr, musste ich über das oberfränkische Sonnefeld nach Bamberg und dann weiter nach Süden. Eigentlich lächerliche 65 Kilometer: aber Wolkenbrüche wie am Äquator, rapider Temperaturabfall und böig-kalter Gegenwind; ich fuhr grimmig vor mich hin wie eine Maschine - hadernd mit dem Wetter und stetigen Gedanken ans Aufhören bzw. Unterkommen an der nächsten Raststätte. Und am Horizont nur grauer Frust…


Auf einmal sah ich auf halber Strecke nahe der Basilika Vierzehnheiligen einen Punkt in der Landschaft, der sich genauso abplagte wie ich und immer langsamer wurde. Das wurde mein Reisebegleiter bis Bamberg – ein Student aus Jena, der auf dem Weg zu seiner Liebsten nach Nürnberg war. Ich sagte ihm einfach: „Komm, jetzt pack’ mer’s zusammen“, und glücklich war er ob so viel Spontaneität, und ich auch.


Bis Bamberg haben wir viel miteinander gesprochen, unsere Brotzeiten gemeinsam verzehrt und alles um uns vergessen. So kann gelebte Gemeinschaft aussehen.


Witzig: Mein Begleiter (Sven) hatte einen prall gefüllten, riesigen Bundeswehrseesack auf dem Buckel, weil er mit einem Mountainbike ohne Gepäckständer(!) gestartet war und sowohl die Entfernung als auch die auf ihn zukommenden Bedingungen falsch eingeschätzt hatte. Er war ist erst 20….


Man stelle sich das einmal vor: etwa 40 Kilo auf dem Rücken - und die drücken permanent auf den Sattel bzw. auf das geschundene Körperteil, das darauf Platz nimmt. Ich wüsste nicht, ob ich das lange durchgehalten hätte. Kompliment, Sven, falls du dies einmal lesen solltest.


Nach Bamberg trennten sich dann leider unsre Wege. Kurios - wie meistens - auch die Unterbringungsmöglichkeit, die wir vorfanden: Auf der Durchfahrt sah ich einen Fahrradladen und dachte mir sofort: „Hey, die wissen bestimmt eine Übernachtungsmöglichkeit“. Und so war es dann auch. Ein Musikgeschäft wenige Häuser weiter verkaufte nicht nur Gitarren und alles sonst, was mit Musik zu tun hat, sondern vermietete auch perfekt eingerichtete Einzelzimmer für 35 Euro die Nacht. Ist doch okay, oder, wenn TV, Bad, Fahrradabstellraum und Frühstück inklusive sind?


An interessierte Fahrradfreaks oder sonstige Bayern-Touristen: Wenn ihr jemals im südlichen Bayern unterwegs seid und die Welt dort mit dem Fahrrad kennen lernen wollt, macht euch keine Sorgen: in meiner Heimat und im Voralpenland kann man zu jeder Tageszeit preiswerte Übernachtungen buchen - auch ad hoc bei einer Durchfahrt mit dem Fahrrad.

Und den Föhn inklusive glasklarem Blick auf die Alpen gibt's auch umsonst.

Einfch bei mir nachfragen :-)

Keine Kommentare: