Donnerstag, Juni 11, 2009

Aufmerksamkeit auf jüdische Flüchtlinge richten

Das Leid der jüdischen Flüchtlinge aus arabischen Ländern ist bis heute von der Welt ignoriert worden. Pogrome, diskriminierende Gesetze, Enteignungen und Vertreibungen, denen sich die Juden in Marokko, Libyen, Ägypten, Jemen, Libanon, Syrien, Irak, Bahrain, Tunesien und Algerien über Jahrzehnte hinweg ausgesetzt sahen, sorgten für verschwindend wenig Medieninteresse.

Abbildung oben rechts: Jemenitische Juden, die 1949 über den Luftweg nach Israel kamen. Ein sehr beeindruckendes und bewegendes Bild wie ich finde. Zum Vergrößern bitte draufklicken. Bildquelle ausnahmsweise einmal Wikimedia

Doch heute rückt die Bewertung dieser Geschehnisse etwas mehr an die Peripherie der öffentlichen Wahrnehmung, nicht zuletzt auch deshalb, weil der libysche Diktator Muammar Gaddafi den Wunsch äußerte, sich während seines Italien-Besuches mit Juden zu treffen, die heute in Rom leben, was bei diesen aber
gemischte Gefühle hervorgerufen hatte, weil man einerseits berechtigte Schadensansprüche anmelden kann, gleichzeitig aber skeptisch ist, da man davon ausgehen muss, dass Gaddafi ein solches Treffen eher zur Propaganda denn zur Aussöhnung nutzt. Dass Gaddafi diesen Gesprächstermin auch noch auf den Sabbat terminiert hat, lässt sein Ansinnen nicht unbedingt glaubwürdiger erscheinen.(1)

Präzisieren wir die Zahlen, was das jüdische Leben in Libyen betrifft: Die synagogale Gemeinde lässt sich bis in die frühe römische Epoche zurückverfolgen, und zum Ende des Zweiten Weltkrieges lebten noch 38.000 Juden in dem nordafrikanischen Land. Aber nach antijüdischen Pogromen 1945 und 1948 sank ihre Zahl ständig. Nachdem Gaddafi 1969 erfolgreich geputscht hatte, konfiszierte der fanatische Israelhasser sämtliches jüdische Eigentum und strich alle Verbindlichkeiten, die gegenüber jüdischen Gläubigern bestanden. Heute ist eine jüdische Gemeinde in Libyen praktisch nicht mehr vorhanden. (2)


Die Situation im Jemen


Die dramatische Evakuierungswelle
Operation Fliegender Teppich im Jahr 1949 hat das Kapitel eines langen Leidensweges der Jüdischen Gemeinde, deren Gründungsgeschichte bis in biblische Zeiten zurückreicht, nicht geschlossen. Und der Mord an Rabbi Moshe al-Nahari im letzten Jahr erinnert Lyn Julius noch einmal an den schleichenden Exodus der jüdisch-jemenitischen Gemeinde:
Juden, Stammesfürsten, Menschenrechtsaktivisten und Rechtsanwälte stimmen darin überein, dass die Bedrohung einen absoluten Höchststand erreicht habe. Nach dem Mord an Moshe al-Nahiri wurden die Juden in ihren eigenen Häusern belagert und ihre Fenster mit Molotowcocktails beworfen. Moshes Bruder, Rabbiner Yahia Ya'ish, appellierte flehentlich an die Regierung: "Schützen Sie uns oder ermöglichen Sie unsere Auswanderung"…
Eine Lektion, die man aus diesem endgültigen Exodus der Juden aus dem Jemen ziehen kann ist die, dass die arabische Welt nicht einmal antizionistische Juden toleriert. Und was nützt Mitleid für den verlassenen Rest von etwa 380 Juden heute, wenn man ihre Sicherheit nicht garantieren kann? Also bleibt für viele nur die Auswanderung . (3)

Nahost allgemein


Der Blog Point of No Return liefert eine sehr wichtige Analyse zu Präsident Obamas Rede und spricht die angebliche Gleichwertigkeit zwischen jüdischen und palästinensischen 'Historien’ an.
In Wahrheit ist die Lage der Palästinenser die unbeabsichtigte Nebenerscheinung eines fehlgeschlagenen antisemitischen Genozidprojekts. Und dieses Projekt wurde vom Hitlerregime und der palästinensischen Führung vorangetrieben.

Radikalisierte Araber machten sich zu Helfershelfern. Sie wurden
niemals wegen ihrer Mittäterschaft zur Verantwortung gezogen. Genau genommen wurde das Genozidprojekt der Araber von 1948 ("Dies ist ein Ausrottungskrieg und ein folgenschweres Massaker, von dem man in einem Atemzug mit den Gemetzeln der Mongolen und Kreuzfahrer sprechen wird" - Azzam Pasha, damals Generalsekretär der arabischen Liga) an zwei Fronten durchgeführt; es war ein Krieg gegen die Juden in der arabischen Welt und es war ein Krieg gegen die Juden in Palästina.

Die ''Anstrengung", die arabische Welt von Juden „ethnisch zu säubern“, hatte durchschlagenden Erfolg; aber in Palästina siegten die Juden auf wundersame Weise gegen den arabischen Versuch, sie in der einzig verbliebenen Ecke des Nahen Ostens zu zerstören, die sie ihre Heimat nennen können.

Über wie viele Flüchtlinge sprechen wir eigentlich?

Einem ausgezeichneten Bericht der
NY Times zufolge aus dem Jahr 2003 lebten noch bis 1948 etwa 856.000 Juden in den arabischen Ländern - zum Erhebungszeitpunkt im Jahr 2001 lediglich noch 7.800, wie die American Sephardi Federation berichtet. Etwa 600.000 Juden gingen nach Israel, der Rest in die USA und nach Westeuropa.

Obama, Mitchell und Clinton setzen heute Friedensgespräche ganz oben auf die Tagesordnung, ja, sie
diktieren Israel sogar, wie es sich „richtig“ zu verhalten habe. Warum sollte dann das Schicksal der jüdischen Flüchtlinge nicht ebenso wahrgenommen werden wie das der Palästinenser und Gegenstand zukünftiger Verhandlungen sein? Fragen wie Entschädigungsleistungen, Bevölkerungsaustausch und die Darstellung des eigenen Leides und ihrer Vertreibung müssen Gegenstand der Agenda sein, um die internationale Sympathie, die den Palästinensern entgegengebracht wird, in eine vernünftige Relation zur Gesamtsituation seit Anfang des 20. Jahrhunderts zu setzen. (3)

Betrachtet man Obamas Kairoer Rede zusätzlich unter diesem Gesichtspunkt und besonders seine merkwürdige Formulierung, die Geschichte des Islam weise eine „stolze Tradition der Toleranz gegenüber anderen Religionen“ auf, dann stimmt es umso trauriger, wenn er mit keiner Silbe erwähnt, dass jene Juden, deren Vorfahren lange vor der Machtentfaltung des Islam in den arabischen Ländern gelebt hatten, die ersten Opfer seines zügellosen religiösen Nationalismus wurden, wie
Andre Aciman zu Recht anmerkt.

Zitieren wir doch kurz noch einmal zwei Sätze, die Obama in Kairo sprach und nehmen wir den Mann beim Wort:
Wie der Heilige Koran uns lehrt: ”Sei Gott gewärtig und spreche immer die Wahrheit.“ Das werde ich heute versuchen – ich werde die Wahrheit sagen, so gut ich das kann; demütig angesichts der Aufgabe, die vor uns liegt, und fest in meinem Glauben, dass die Interessen, die uns als Menschen gemein sind, viel stärker sind als die Kräfte, die uns entzweien.
Zur Wahrheit…“so gut man das kann und demütig“…gehört auch, dass in dem Land, das er besuchte, Juden vertrieben, misshandelt und umgebracht worden sind und ihnen alles abgenommen wurde bis auf das, was sie gerade so noch mit sich nehmen konnten. Der Wahrheit entspricht es auch, dass dort die heutige Geißel der arabischen Welt, der islamische Nationalismus, seine Wurzel hat. Aber das war der Wahrheit dann doch etwas zu viel für den Hoffnungsträger der pazifistischen Welt.

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Quelle:
HonestReporting (leicht überarbeitet; deshalb hier auf Castollux)

Sehr lesenswert und informativ: Der Blog Nach der Wahrheit graben hat eine ausführliche und sorgfältige Zusammenstellung zum Thema geschrieben, darunter auch Lyn Julius übersetzt und kommentiert.

(1) Hintergrundinformation: The Final Exodus of the Libyan Jews in 1967
(2) Quelle: Reuters
(3) Hintergrundinformation: The Jews of Yemen
(4) Ausführlich: The Forgotten Narrative: Jewish Refugees from Arab Countries.

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