Mittwoch, Juni 04, 2008

Selbstkritische Töne aus der arabischen Welt? Das gibt es wirklich!

Eigentlich müsste schon Weihnachten auf Ostern und Chanukka fallen, bis aus der arabischen Welt Töne zu vernehmen sind, die man als selbstkritisch bezeichnen könnte, was das eigene innenpolitische Handeln oder die Sicht auf den Nahostkonflikt betrifft.

Letzteres lässt natürlich wegen des aktuellen Stands der Dinge auf sich warten, aber Ehud Olmerts politische und persönliche Krise und seine „Ich-fahr-doch-gegen-die-Wand-Politik“ schien doch den einen oder anderen arabischen Redakteur dazu bewogen haben, über den eigenen Schatten zu springen und die Vorzüge der einzigen Demokratie im Nahen Osten - nämlich Israel, was für jeden einigermaßen aufgeklärten Menschen eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein müsste - ein wenig fairer als bisher zu beleuchten. Und das fiel in manchen Kommentaren ziemlich deutlich und positiv für Israel aus.

Lizas Welt war natürlich fix und fleißig wie immer und hat ein paar Stimmen gesammelt, die mehr als deutlich das widerspiegeln, was die meisten Araber von ihren Potentaten halten, aber bisher diskret zurückgehalten haben - nämlich wenig bis gar nichts.

Herzlichen Dank an Lizas Welt für die Informationen und die Erlaubnis zur Veröffentlichung.

Hier sein Beitrag:

Lizas Welt

Abweichler!

Vielleicht hat die derzeitige Korruptionsaffäre um Ehud Olmert auch ihre guten Seiten: Zum einen werden die Israelis durch sie womöglich den von ihnen wenig geschätzten Premierminister los, und zum anderen scheint es in der arabischen Welt teilweise einen gewissen Respekt vor der Offenheit zu geben, mit der die Vorwürfe gegen den Kadima-Politiker sowie die Konsequenzen beleuchtet und debattiert werden. Einem Beitrag der israelischen Tageszeitung Jerusalem Post zufolge haben zahlreiche arabische Medien über die Causa Olmert berichtet und dabei Leserreaktionen ausgelöst, die nicht selten vernehmliche Forderungen nach ähnlicher Transparenz und Diskussionsbereitschaft auch in den eigenen Ländern enthielten. Repräsentativ mögen sie nicht sein, doch angesichts der sonst obligatorischen Hasstiraden gegen den jüdischen Staat lohnt es sich allemal, diese dissidenten Stimmen der Vernunft bekannt zu machen. Sie zeigen, dass die autoritären und zutiefst korrupten arabischen Regimes durchaus keine ungeteilte Zustimmung in ihrer Bevölkerung genießen. Nachfolgend eine Auswahl aus den Zuschriften, auf die Khaled Abu Toameh bei seiner Recherche gestoßen ist:*

„Zeig mir ein arabisches oder islamisches Land, in dem ein Premierminister oder ein Regierungsmitglied jemals wegen Korruption oder Bestechung verhört worden ist.“ (Majed, Nachname und Land unbekannt)

„Bevor wir Israel verfluchen, müssen wir von seinem demokratischen und juristischen System lernen. Dort steht niemand über dem Gesetz.“ (Abdel Karim, Saudi-Arabien)

„Wir hätten diese Art von Rechenschaft und Transparenz gerne auch in der arabischen und islamischen Welt.“ (Mahmoud al-Bakili, Jemen)

„Ich glaube nicht, dass wir jemals den Tag erleben werden, an dem die Polizei einen arabischen Führer wegen sexueller Belästigung seiner Sekretärin oder wegen Bestechung verhört. Und auch unsere Kinder und Enkel werden diesen Tag nicht erleben. Was in Israel geschieht, wird niemals in einem arabischen Land geschehen.“ (Abdel Aziz Mahmoud, Ägypten)

„Es gibt Korruption sowohl in Israel als auch in der arabischen Welt. Der Unterschied ist, dass die Israelis ihre Politiker zur Rechenschaft ziehen, während wir Araber einfach schweigen.“ (Abu Hadi, Irak)

„Es heißt, Olmert habe etwa 3.000 Dollar pro Jahr erhalten. Das zeigt, dass er ein anständiger Mann ist. Diese kleine Summe bekommt jedes arabische Regierungsmitglied täglich als Bestechungsgeld. Unsere Führer stehlen Millionen Dollar, und niemand wagt es, sie zur Rechenschaft zu ziehen.“ (Abu Atab, Marokko)

„Unsere Führer in der arabischen Welt nehmen weniger als eine Million Dollar an Bestechungsgeld gar nicht erst an. Und das Geld muss dann auf einem geheimen Konto in der Schweiz deponiert werden. Olmert ist ein Narr, wenn er bloß so einen geringen Betrag angenommen hat.“ (Ein Leser aus Algerien, Name unbekannt)

„Nur ein paar tausend Dollar? Was für ein Narr! Das ist der Betrag, den ein ägyptischer Minister an einem Tag bekommt, ein saudischer Firmenchef in 45 Minuten, ein kuwaitisches Regierungsmitglied in fünf Minuten und der Arzt eines Emirs in Katar alle 30 Sekunden.“ (Ahmed, Nachname unbekannt, Jordanien)

„Warum beantragen Sie nicht eine arabische Staatsbürgerschaft, Herr Olmert? Hier können Sie so viel Geld annehmen, wie Sie wollen. Und selbst wenn man den Diebstahl entdeckt, wird man Ihnen ein Denkmal auf einem öffentlichen Platz errichten.“ (Jasser Abdel Hamid, Land unbekannt)

„Israel ist ein Staat, der es verdient, zu existieren. Er verdient unseren tiefen Respekt. Ich wünschte, ich wäre ein Bürger dieses Staates.“ („Israel Lover“, Name unbekannt, Saudi-Arabien)

„Das ist echte Demokratie! Schluss mit den Diktaturen in der arabischen Welt! Wir sollten uns ein Beispiel an Israel nehmen und von seiner Demokratie profitieren.“ (Hani, Nachname unbekannt, Ramallah)

„Ich schwöre, Israel ist ein Staat, der weiterhin Erfolg haben wird. Dort verurteilt man den Premierminister wegen einiger zehntausend Dollar. Was ist mit den Millionen, die Mahmud Abbas und die Palästinensische Autonomiebehörde veruntreut haben? Wie kommt es, dass das palästinensische Volk immer noch hungert?“ (Rashid Bohairi, Kuwait)

* Übersetzung und Hattip: Lizas Welt

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