Eltern irakischer Babys mit angeborenen Herzfehlern befinden sich in einem Dilemma: Sollen sie ihr Einverständnis für die Behandlung ihrer Kinder in israelischen Krankenhäusern geben, wenn Ihnen selbst von Kindheit an eingeimpft wurde, dass Israel ihr Todfeind wäre? Die Feindschaft der Iraker gegenüber dem jüdischen Staat ist so ausgeprägt, dass viele Eltern es ablehnen, nach Tel Aviv zu reisen, um eine lebensrettende kostenlose Operation in Anspruch zu nehmen. Manche nehmen das Angebot an, verschweigen aber, wo ihre Kinder behandelt wurden, obwohl spezielle und komplizierte Herzoperationen wie diese seit dem Einmarsch der Amerikaner im Jahr 2003 nicht mehr möglich sind, als die führende Herzklinik durch einheimische Plünderer abgebrannt wurde (Bild rechts oben: Erster Check im Wolfsohn Medical Center).
Die Mehrzahl der betroffenen Eltern sieht sich jedoch trotz der für irakische Verhältnisse horrenden Behandlungskosten ab etwa 20.000 Euro aufwärts für eine Herzoperation in der arabischen Welt um, denn das „Stigma“, seine Kinder in Israel behandelt haben zu lassen, wiegt ungleich schwerer als jeder finanzielle Kraftakt.
Aria, ein 18 Monate altes Baby aus Kirkuk im Nordirak, wartete vor gut zwei Wochen nach einer erfolgreich verlaufenen Operation im Edith Wolfson Medical Center in Tel Aviv, wo vorher schon 11 irakische Babies behandelt worden waren, auf seine Heimreise. Der Eingriff war von Save a Childs Heart (SACH) gesponsered worden - einer 1996 in Israel gegründeten Hilfsorganisation, die von privaten Gruppen, darunter auch christlichen Wohltätigkeitseinrichtungen, unterstützt wird. Simon Fisher, in Liverpool geborener Leiter von SACH, kennt keine Einschränkungen, was das Aufnahmeprozedere für die Klinik betrifft: „Wir heißen jedes hilfsbedürftige Kind willkommen, gleich wo es geboren ist“.
Arias junge Mutter Paiman zollte dem leitenden Arzt Dr. Lior Sasson und der Klinik großes Lob, denn „Er rettete das Leben meines Kindes“, und alleine darauf kommt es an.
Diese Einsicht teilen viele Menschen im Irak nicht. Sobald sie erfahren, dass eine dringend notwendige Operation auch noch kostenlos in Israel stattfinden könne, lehnen sie ab - wie im Fall der zweijährigen Sara, die dringend operiert werden musste, weil eine Herzklappe funktionsunfähig war (Bild links unten: Rezeption im Wolfsohn Medical Center). Nachdem man sie vom Irak aus ins benachbarte Jordanien gebracht und voruntersucht hatte ließ ihre 37-jährige Mutter Shatah die anschließende Behandlung im Wolfson Center abbrechen. Auf Nachfragen gab sie an, sie habe nicht gewusst, dass die Operation in Israel stattfinden würde: „Wir sind Feinde Israels von Geburt an und ganz fest davon überzeugt, dass dies so ist. Das kann man nicht über Nacht ändern.“
Nun will sie die Operation in Algerien durchführen lassen: Ihre Regierung sagte zu, die Kosten für den Eingriff von insgesamt 14 irakischen Kindern dort übernehmen zu lassen, wenn sie denn schon nicht in Israel behandelt werden sollten. Shathas Lebensgefährte, irakischer Kurde aus Kirkuk, der aus Angst vor Repressalien seinen Namen nicht angeben wollte, reiste nach Jordanien, um Shathas Sohn Ahmed am Herzen untersuchen zu lassen. Auch in diesem Fall entschied Shatha, die von SACH angebotene kostenlose Behandlung auszuschlagen.
„Jetzt kann ich ruhigen Gewissens abends schlafen gehen. Ich muss meinen Kopf nicht senken und mich schämen, weil mein Sohn in Algerien behandelt wird“, so die selbstgewisse Folgerung der Mutter, und unwillkürlich denke ich an die Worte Golda Meirs: "Wir werden erst Frieden mit den Palästinensern haben, wenn sie ihre Kinder mehr lieben als dass sie uns hassen."
Wenn man realisiert, dass Araber meistens wegen ihrer Vorurteile nicht zulassen, dass ihre Kinder in Israel behandelt werden und ihnen somit ein gesundes Leben verweigern, frage ich mich gleichzeitig, wie viele dieser Eltern es wohl ablehnen, Medikamente zu nehmen, die von jüdischen Wissenschaftlern und Medizinern entwickelt worden sind, die sich wohl kaum Gedanken darüber gemacht haben, welcher Nation oder Ethnie derjenige angehört, der auf das Medikament einmal angewiesen sein wird.
Ein großes Herz für das kranke seiner 22 Monate alten Tochter Souz zeigte Mohammed, ein 37 Jahre alter kurdischer Hilfsarbeiter. Er lieh sich Tausende Dollar aus, um Souz im Irak oder in Jordanien behandeln zu lassen, aber die Ärzte teilten ihm mit, dass sie für seine Tochter nichts tun könnten. Als er davon hörte, dass sie in Israel behandelt werden könnte, zögerte er nicht lange. Heute ist seine Tochter operiert und macht gute Fortschritte in der Rehabilitation. Sie wird mit großer Wahrscheinlichkeit wieder völlig gesund werden.
„Ich sage ihnen ganz ehrlich, dass ich mir keine Gedanken darüber machte, wo oder von wem meine Tochter operiert werden würde“, so der überglückliche Vater. „Die Reaktion meiner Familie und Verwandten hat mich auch nicht besonders gekümmert. Jeder, der mich jetzt angreift, sollte sich in meine Lage versetzen und ebenso wie ich zwei Jahre mit ansehen, wie die eigene Tochter vor seinen Augen langsam stirbt und mir dann erzählen, wie er sich verhalten würde.“
Seine Frau, die Souz nach Israel zur Operation begleitet hatte, nickt zustimmend: „Die Ärzte waren hilfsbereit, verständnisvoll und zeigten Mitgefühl für unser Leid“. Von ihr wurde keine Gebühr verlangt - nichts, und sie konnte wieder mit den gut 1350 Euro nach Hause reisen, die sie von ihrem Mann für die Operation erhalten hatte.
Die Befürchtung, dass man im Heimatland feindselig behandelt wird, sobald sich herausstellt, dass man das eigene Kind in Israel operieren ließ, ist unter den Familien allerdings - wen wundert’s? - weit verbreitet. Die ebenfalls aus Kirkuk stammende Mutter des vierjährigen Mustafa, der schon zwei Herzoperationen über sich ergehen lassen musste: „Meine einzige Sorge trotz der Freude über die Rettung meines Sohnes ist die Rache, die meine Familie erwartet, wenn sie in den Irak zurückkehrt.“
Quelle: Times Online
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