Freitag, Oktober 03, 2008

Terug uit het bramen- en kruisspinnenland (Deel 2 en einde)

In Teil 1 meines „Reiseberichtes“ (Bilder in diesem Bericht zur Vergrößerung bitte anklicken) hatte ich meine Heimfahrt in die durch den Wahlausgang schwer gebeutelte bayerische Heimat beschrieben und dabei beinahe vergessen, über den Urlaub selbst zu schreiben. Das will ich hiermit in einigermaßen zusammenhängendender Form nachholen.


(Im Bild oben ein wunderschöner Blickfang während unserer Radtour)


Am 2. September war ich mit dem Nachtzug in Tilburg angekommen, wo mich mein Bruder Hans und seine Frau Elly (wie immer mit hübschen roten Backen) auch schon abholten.

Wer am Tilburger Bahnhof sein Fahrrad abstellt sollte sich - wie grundsätzlich überall in Holland - sehr sorgfältig einprägen, wo er es abgestellt hat, weil die überwiegende Anzahl der vielen Hundert Drahtesel sich zum Verwechseln ähnlich sieht, denn hier sieht es so aus wie am Bahnhof in Utrecht, Rotterdam, Den Haag oder Amsterdam; nur dass es dort extra bewachte Fahrrad-Parkhäuser gibt.


Hans und Elly hatten unweit von Chaam (liegt etwa 25 Kilometer südöstlich von Breda, also in der Provinz Nord-Brabant) einen Bungalow in einer Feriensiedlung gemietet - sehr geräumig, mit gutem Komfort (und ziemlich teuer) sowie Blick auf einen stillen See, an dessen Ufer sich andere Urlauber mehr oder weniger erfolgreich als Angler versuchten. Ich bewundere die Geduld dieser Menschen - auch ihre Fähigkeit zur Kontemplation. Und was eignet sich für diese Versenkung manchmal besser als Angeln? Wer’s mag…; ich setze mich lieber auf´s Fahrrad.


In der unmittelbaren Nachbarschaft unseres Ferienhauses innerhalb der Anlage schien es sich zwischen Elstern (sehr häufig in Holland anzutreffen), Feldhasen, Enten und Eichelhähern herumgesprochen zu haben, dass dort „gut leben“ ist und die Urlauber einem nicht nach dem Fell bzw. Gefieder trachten.

Und hier links unten eine der seltenen schönen Gelegenheiten, dem Autor Bernd zwischen die Ohrwatscheln zu fotografieren. Danke, du Bernd-Schafskopf, du depperter!
Was schreibst' auch laufend für einen Mist zusammen. Määähhh!

Von Chaam aus ist es nicht weit bis Baarle-Nassau, einer belgischen Enklave. Bis heute wusste ich nicht, dass es belgische Enklaven in Holland (!) gibt. Und noch verwunderlicher - in den belgischen Enklaven wiederum gibt es holländische Enklaven (!). Die spinnen, die Holländer (und die Belgier; in diesem Fall Flamen), kann ich da nur konstatieren.

Rechts unten ein wunderschönes Haus in Chaam, das nur 6 Kilometer von der belgischen Enklave Baarle-Nassau entfernt liegt. Erinnert mich ein wenig an die Fassaden der Häuser unserer ältesten Sozialsiedlung der Welt hier in Augsburg, der Fuggerei.


Zwischendurch unternahm ich eine kleine 70-Kilometer-Tagestour nach Turnhout (keine Angeberei: 70 Kilometer schaffe ich locker; hatte erst mittags begonnen und kam abends wieder zurück); eben einer dieser (katholisch dominierten) belgischen Enklaven, und ich merkte sehr schnell, dass man sich auf dem Weg nach „Flandernland“ befand: Der Radweg links gegen (!) die Fahrtrichtung der Viehtransporte und alle Autos, deren Gegen- und Seitenwind mich schier vom Fahrrad blies (Bild links unten), und ein penetranter Gestank von Gülle, der im wahrsten Sinne des Wortes schlicht atemberaubend war.

Interessant auch die Einfahrt in den Vorort von Turnhout, der wahrscheinlich dem vieler im flandrischen Belgien gleicht: Eine architektonische Silhouette wie in den 1950er-Jahren - oder vielleicht noch besser in Szene gesetzt - die charmante Tristesse flämisch-belgischer Architektur, die ein wenig von dem verrät, was die Belgier im Norden ihres Landes auszeichnet: „Soll die Vorstadt doch aussehen, wie sie will. Hauptsache, wir leben und schlagen uns irgendwie durch. Lass’ uns die Häuser 50 Jahre später renovieren…“. In der Stadtmitte tauchten aber dann die wahren Kostbarkeiten auf: Wunderschöne Altstadtwinkel aus den 14. bis 16. Jahrhundert….; und ein großartiger Kirchenbau, der mich natürlich sofort zum Besuch animierte. Kunsthistorik in Verbindung mit kirchengeschichtlicher Interpretation ist eines meiner "Steckenpferde"...

Und dann die endlos weiten Brombeer-„Strauchwälder“ in Brabant. Man könnte man fast geneigt sein zu sagen, dass Holland Exportweltmeister in Sachen „Brombeeren“ wäre, gäbe es diesen Titel zu vergeben. Doch Brombeeren (ndl.: Bramen) zu pflücken kann viel Schmerzen und Gesichts- sowie Handwunden verursachen, und die Bekanntschaft mit mehr oder weniger großen Kreuzspinnen (kruisspinnen) übertrifft schon nach wenigen Tagen locker die Zahl derer, die man bisher im ganzen Leben zuhause zu Gesicht bekommen hat. Hans - und mittlerweile auch ich - können ein Lied davon singen. Hier rechts unten ein schönes Makro (Klick' mal auf's Bild). Vielleicht nehmen die Holländer und Belgier auch deshalb Abstand davon, Brombeeren in großem Stil zu pflücken.


Wenn ich in Holland mit dem Rad unterwegs bin macht es mir einfach viel mehr Spaß als hier in Augsburg. Natürlich kommt man auch hier sehr schnell in die Natur (Augsburg ist umsäumt von Naherholungsgebieten und Wäldern), wenn man 5 Kilometer aus der Stadt heraus fährt, aber dieses ungezwungen-spielerische Zusammenspiel zwischen ländlicher Idylle und Verbundenheit zwischen Menschen- und Tierwelt (Jan Vermeer) ist im mit Beton versiegelten urbanen schwäbisch-bayerischen Raum nicht so spürbar wie in Holland, wo man schon nach ein paar Minuten Radfahren die ersten Pferde und Kühe, Gänse, Enten und Ziegen sieht. Ich habe in Amsterdamer Vorgärten Ziegen, Pferde und Kühe gesehen! Stellt euch das einmal in München vor…Vielleicht gibt es das in Niedersachsen. Das kann ich nicht beurteilen. Vielleicht ist es aber wegen der ländlichen Struktur und der Nähe zu Holland dort ähnlich. Habt ihr schon einmal eine weiße sitzende Kuh gesehen? Ich schon! Bei Amersfoort:

Waltraud (meine älteste Schwester) und Eugen (Ihr Mann; ein Geduldsmensch mit viel Sinn für Humor vor dem Herrn) waren auch in Chaam. Ich war sehr froh, dass wir uns nach etlichen Jahren Trennung wieder gesehen haben. Bei unseren gemeinsamen Radtouren begegnete uns auch die eine oder andere Überraschung; z.B entdeckte ich bei einer Pinkelpause, dass Don Quichotte die Miniaturausgabe seines Pferdes Rosinante in einem Gehege längs der Strecke abgestellt hatte - ein kleines Pony - wohl noch unter den Nachwirkungen einer Erkältung leidend. Natürlich musste ich Waltraud und Eugen auch unbedingt die größte Schleußenanlage der Welt zeigen - das Delta-Projekt, eine Anlage, die sich über knapp 8 Kilometer (!) entlang der Nordsee entlang streckt - Eine Ingenieursleistung der Jahrhundert-Superlative, die ihresgleichen sucht.

Das erwähnte (geharnischte) Pony Rosinante darf ich euch nicht vorenthalten. Ist es nicht schnuckkkkkkelig?
Klick' auch drauf...

Die eine oder andere Unstimmigkeit zwischen Geschwistern lässt sich nach vielen Jahren nicht wegdiskutieren (warum auch, bei sehr vielen Geschwistern und divergierenden Biografien?) Aber wir haben uns zusammengerauft…; und ich denke, dass es uns allen nicht an gutem Willen fehlt, die familiären Bindungen wieder neu mit Leben zu erfüllen.

Am 12. September, nachdem Waltraud und Eugen (leider) wieder nach Hause fuhren, sind Hans, Elly und ich wieder nach Soest (Schwesterstadt des deutschen Soest bei Utrecht) zurückgekehrt.


Hans und ich hatten noch vor, einem vorangegangenen Abstecher in die Umgebung von Utrecht-Süd und die wunderschöne Flusslandschaft der Vecht (auch grandios!; siehe Foto links unten bitte anklicken, weil es so schön ist und mein Bruder und ich es fast gleichzeitig gemacht haben) eine Fietstour (Radtour) zum südlichen Rand des Ijsselmeers nach Emmeloord (Markermeer) folgen zu lassen.

Wir packten also die Fahrräder auf den Arsch des VW Touran meines Bruders und ab ging die Post nach Almere, wo wir das Auto abstellten und auf die Fahrräder stiegen. (Ich war zu diesem Zeitpunkt durch unvorsichtige Radlerbekleidung schon leicht erkältet). Almere und das die Retortenstadt umgebende Naturgebiet sind für mich eine der größten städtebaulichen und landschaftsarchitektonischen Leistungen, die Menschen jemals auf die Beine gestellt haben:

Unglaublich, was die Holländer quasi aus dem Nichts dort geschaffen haben. Ich müsste eigentlich einen eigenen Aufsatz darüber schreiben. Wir fuhren mit dem Rad durch Wälder, die vor knapp über 20 Jahren nicht einmal im Traum existierten (nur Wasser damals!), aber das Gefühl vermittelten, man bewege sich im Bayerischen Wald. Mannshohe Gräser inmitten von Waldgebiet; Naturschutzgebiet von berückender Schönheit und eine Stille, die den Geist und das Herz zum Jubilieren brachte.


Wunderschön, wenn man einen Bruder und eine Schwägerin hat, die diese Erlebnisse mit dir teilen und ihren Gefühlen auch entsprechend Ausdruck verleihen. Was machen dann schon zwischenzeitlich sehr heftige Gegenwinde und kleine giftige Steigungen aus (Gibt es in Holland auch, wenn auch nur ganz kurz).

Auf dem Rückweg von Emmeloord (und schon vorher auf dem Weg dahin über Lelystad in der Provinz Flevoland) musste ich meiner Erkältung ein klein wenig Tribut zollen, weil ich zusätzlich einen kräftigen Sonnenbrand bekam.


Aber ich jammere prinzipiell sehr gerne und sehne mich oft gerade dazu, bemitleidet zu werden. Das hinderte uns aber nicht daran, am letzten Tag noch schnell „locker“ 105 Kilometer zu fahren, weil mein Bruder die beneidenswerte Gabe hat, auch „Todkranken“ Motivation einzuhauchen; mindestens 20 Kilometer der Strecke zum Schluss knallhart gegen die Windmühlen, die in Nordostholland das Landschaftsbild beherrschen.


Eine ultimative Mitteilung für alle an dieser Stelle, die das gerne gehegte Vorurteil pflegen, dass es leicht wäre, in Holland Rad zu fahren, weil es dort flach ist:

Wünscht euch lieber, ihr fahrt gegen einen Berg in Deutschland als gegen die Winde der holländischen Küste! Wenn ihr gegen den Nordwind nicht absteigt seid ihr wahre (Fahrrad-) Helden.
Bei unserer vorletzten Radtour 2006 die Nordsee entlang und 2003 um das IJsselmeer haben Hans und ich auf manchen Streckenabschnitten nicht mehr als 7 km/h geschafft; natürlich mit Ausrüstung bzw. Zelten auf den Fahrrädern, was erschwerend dazu kam. Aber abgestiegen sind wir niemals. Ein Dahlenburg steigt nie vom Fahrrad ab, wenn kein zwingender Grund dafür vorliegt. Jawohl!

Zurück in Soest freuten wir uns schon darauf, mit Kees (Hans’ Buddy) und seiner Frau Hettie zusammenzutreffen.
Kees (Sammler von Harley-Maschinen) und Hans gaben mir noch (wie alle Jahre wieder) eine Lektion in Sachen „Tafeltennis“ (Tischtennis), und Hettie gab’ mir ein wenig Gesangsunterricht - nach meiner anfänglichen Schüchternheit.

Sie kann alles singen - vom rauchigen Jazz über Rock zu Kirchenchor. Einfach wunderbar ihre Stimme und ihre ansteckende Fröhlichkeit! Ich hatte die Ehre, sie stimmlich ein wenig zu begleiten…; sehr gerne würde ich mit ihr weitere Lieder aufnehmen.


So, jetzt bin ich nach knapp 1.450 Kilometern "Fietsen" (Augsburg eingerechnet) schon wieder fast an dem Punkt angelangt, an dem ich wieder nach Augsburg zurückfahren musste.


Ja, Tränen....der Trauer wegen des Abschieds, aber hauptsächlich Tränen der Dankbarkeit, dass ich meine Geliebten wiedersehen durfte und Gott uns Gemeinschaft geschenkt hatte.


Ich sage niemals "Ade". Das gibt es für mich nicht.

Für mich zählt nur ein
"Auf Wiedersehen".

Es waren drei Wochen voller Glück und kleinem, manchmal heftigem „Geschwisteraustausch“, der bei Familientreffen so üblich ist; aber ich wünsche mir sehr gerne mehr davon als gar keine.

Mehr als sehr gerne…

Ich danke Gott für die wunderschöne Gemeinschaft, die wir hatten und im Gebet festigen durften.

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Da mein Bruder und ich auf dieser Reise sehr, sehr viele Fotos geschossen haben, die ich natürlich in diesem Bericht unmöglich unterbringen kann, habe ich mich (wie 2006) dazu entschlossen, die schönsten Bilder beim Internet-Servive „Photobucket“ einzustellen. In den nächsten 14 Tagen wird alles abrufbar sein - natürlich mit Begleittext versehen.

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