Mittwoch, Juni 24, 2009

Munitionsgebühr für Mord in Teheran*

Die Familie, gekleidet in Schwarz, stand schluchzend am Straßenrand. Eine Mutter im mittleren Alter schlug die Hände vors Gesicht und stieß durchdringende Klageschreie aus. Der Vater, ein schmächtiger Mann, der als Pförtner an einer Klinik in der Teheraner Stadtmitte arbeitete, weinte still mit gesenktem Kopf.

Minuten zuvor war ein Krankenwagen mit dem Leichnam ihres einzigen Sohnes, des 19 Jahre alten Kaveh Alipour, aus dem Teheraner Leichenschauhaus eingetroffen.

Inmitten der gewalttätigsten Zusammenstöße am Samstag zwischen Sicherheitskräften und Demonstranten war Kaveh Alipour in den Kopf geschossen worden, als er an einer Kreuzung in der Teheraner Innenstadt stand. Er kam vom Schauspielunterricht zurück und stand eine Woche vor der Hochzeit, so seine Familie.

Die genauen Umstände seines Todes bleiben im Dunkeln. Er war ohne Begleitung. Nachbarn und Verwandte gehen davon aus, dass er im Kugelhagel eingeschlossen war. Politisch war er nicht aktiv gewesen und hatte auch nicht an den Demonstrationen teilgenommen, die den Iran für eine Woche erschüttert hatten, sagten sie.

"Er war ein sehr höflicher, schüchterner junger Mann", sagte Mohamad, ein Nachbar, der ihn seit seiner Kindheit gekannt hatte.

Als Alipour jene Nacht nicht nach Hause kam begannen seine Eltern, sich Sorgen zu machen. Den ganzen Tag über hatten sie von weit her Schüsse gehört. Sein Vater Yousef rief zuerst seine Verlobte und Freunde an. Niemand hatte von ihm gehört.

Bei Tagesanbruch begann sein Vater, die Polizeistationen abzusuchen, danach Krankenhäuser und zuletzt das Leichenschauhaus.

Als er vom Tod seines Sohnes erfuhr, wurde Herrn Alipour eröffnet, dass die Familie ein Äquivalent von 3.000 Dollar als „Munitionsauslagenerstattung“ entrichten solle - eine Gebühr für die von den Sicherheitskräften verwendeten Patronen; der Leichnam wurde zurückbehalten, so die Verwandten.

Herr Alipour erklärte den Beamten, dass sein gesamter Besitz keine 3.000 Dollar wert sei, und er argumentierte, sie mögen ihm als Veteran des Iran-Irak-Krieges die Gebühr erlassen. Angaben der Verwandten zufolge hatten die Beamten schließlich zugestimmt, aber nur unter der Bedingung, dass die Familie von einer Bestattung in Teheran absähe. Kaveh Alipours Leichnam wurde heimlich nach Rasht gebracht, wo Familienangehörige leben.

Jeder in der Nachbarschaft kennt Familie Alipour. Außer ihrem getöteten Sohn haben sie noch zwei Töchter. Ladenbesitzer und Unternehmen befestigten eine fotokopierte Abbildung Alipour auf ihren Hauswänden und Fenstern. Auf einer Abbildung ist der junge Mann in einem dunklen Anzug mit grauen Streifen zu sehen. Sein schwarzes Haar ist zur Seite gekämmt und er lächelt verhalten.

"Er war so voller Leben. Und er hatte so viele Träume", sagte Arsalan, ein Taxifahrer, der die Familie seit 10 Jahren kennt. "Für was starb er?"

Post an Farnaz Fassihi [Bitte in Englisch]
farnaz.fassihi@wsj.com

Quelle:
WSJ

*Crosspostet to Free Iran Now!

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