Sonntag, Dezember 09, 2007

Die Leiden des Botschafters a.D.

Oder wie man seine islamische Mission missverstanden sehen will

Manchmal lohnt es sich eben doch, den Newsletter der Islamischen Zeitung (Im Folgenden IZ genannt) zu beziehen. Wann kommt man schon auf die Idee, nachzuforschen, was einen ehemaligen deutschen Botschafter und Islam-Konvertiten (seit 1980) wie Dr. Murad Wilfried Hofmann (Foto; Quelle: Videos-on-Islam) umtreibt, wenn er sich - wie ärgerlich - gedemütigt und falsch verstanden fühlt. Nun gut - in Yasin Alder, Mitarbeiter beim oben angesprochenen Blatt, das vom Konvertiten Abu Bakr Rieger, vormals Andreas Rieger ("Wie die Türken haben wir Deutschen in der Geschichte schon oft für eine gute Sache gekämpft, obwohl ich zugeben muss, dass meine Großväter bei unserem gemeinsamen Hauptfeind nicht ganz gründlich waren"), herausgegeben wird, fand er einen Fürsprecher, der die Sorgen des ehemaligen deutschen Botschafters in Algerien und Marokko rührig aufnahm und in Lettern goss.

Was war geschehen?

Nach Darstellung der IZ und Dr. Hofmanns („Der Islam als Alternative“) soll man mit dem gelernten Juristen und ehemaligen Informationsdirektor bei der NATO übel umgesprungen sein. Er habe „so etwas noch nie erlebt“, zitiert die IZ den empörten 76-Jährigen. Wie das islamische Blatt berichtet, wollte Dr. Hofmann (Bundesverdienstkreuzträger - „erhielt ich bereits als Moslem“) im Comoedienhaus Wilhelmsbad bei Hanau „am 30. November […] dort auf Einladung des „Vereins für multikulturelle Ereignisse e.V.“ einen Vortrag mit dem Thema „Islam in Deutschland - Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft“ halten. Dazu kam es jedoch nicht, weil, wie die IZ (so weit noch richtig) schreibt, einer Saalmiete des Vereins unter der ursprünglich folkloristisch anmutenden Veranstaltung mit dem Motto „UNESCO 2007 - Mevlana“, vom Vermieter die Kündigung ausgesprochen wurde. „Der Fall in Hanau stellt eine neue Eskalationsstufe der in Deutschland grassierenden Islamophobie dar“, so Hofmann in seiner völlig zusammenhanglosen und aggressiven Stellungnahme gegenüber der IZ.

Gespielte Empörung, wie immer, wenn man Absprachen nicht einhält und Fakten, die mit der eigenen Person zu tun haben, am besten nicht verbreitet wissen will. Wie Castollux oben von der IZ übernommen hat, war der Saal zwar für eine kulturelle Veranstaltung gebucht und zugesagt worden. Die Vermieter des Saales, der zu 100 % der Stadt Hanau gehört, hatten jedoch kurz vor Veranstaltungsbeginn erfahren, dass dort Redner auftreten sollten - unter ihnen Dr. Hofmann -, die, wie „durch Nachforschungen herausgekommen, […] eindeutig islamistisches Gedankengut vertreten. So ist als Redner ein Herr Dr. Murat Hofmann vorgesehen, der Ideen propagiert, die nicht der freiheitlich demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes entsprechen“.

Nun könnte man die IZ beglückwünschen und sagen „Jungs, ihr macht einen tollen Job, weil ihr schön korrekt bei der Wahrheit bleibt und sauber das wiedergebt, was die Gegenseite sagt.“ Leider ist das nur die halbe Wahrheit, denn flugs lässt man Dr. Hofmann in der Rolle des Philippika-Predigers auftreten, der als gelernter Jurist das Strafgesetzbuch und den Paragraphen 168 (Üble Nachrede) sicher auswendig zitieren kann, wo es dräuend heißt: „Wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist, wird, wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist, mit Freiheitsstrafe ... bestraft.“

Unschwer zu erraten, wen der gute Mann da im Visier hat und ebenso leicht ist zu durchschauen, dass hier jemand eine Gegenattacke reiten will, um sich als Opfer zu stilisieren. Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen, selbst wenn er noch so viele Auszeichnungen erhalten hat wie Dr. Hofmann. Castollux hat mit Herrn Klaus-Dieter Stork, dem Geschäftsführer des Comoedienhauses, gesprochen und bekam von ihm die Bestätigung, dass die Polizei - aus eigenem Antrieb heraus - über die angesagte Veranstaltung und Herrn Dr. Hofmann Erkundigungen eingeholt hatte, die eben nicht mit dem übereinstimmten, was angekündigt worden war. Eine arglistige Täuschung“ also, so Klaus-Dieter Stork. Polizei und Rechtsamt hatten ihn davon in Kenntnis gesetzt, dass „Herr Murad Hofmann islamistisches und fundamentalistisches Gedankengut vertritt, und damit auch nicht auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung steht.“

Statt sich mit dieser Auskunft näher zu beschäftigen - sowohl der Ex-Botschafter als auch die IZ gehen mit keinem Wort inhaltlich darauf ein -, werden im islamischen Blatt Auszüge aus der Vita Dr. Hofmanns präsentiert, die zwar formal zutreffen, mit der Begründung der Kündigung aber nichts zu tun haben und ihn wieder in einer Opferrolle präsentieren, nach dem Motto „Schaut her, mir kann niemand etwas anhaben. Seht nur auf meine Meriten“. Nun kann man Herr Hofmann das nicht wegnehmen, was er sich erworben hat, aber wenn die IZ und er so penibel auf Selbstdarstellung pochen, dann sollte darauf hingewiesen werden, dass auch die vereinbarte und nicht rechtzeitig geleistete Mietvorauszahlung ein Grund für die Kündigung war.

Dass Herr Hofmann, wie er beteuert, während seiner Berufstätigkeit „nie von meinem Dienstherrn beanstandet worden“ war, mag wohl zu einem großen Teil daran liegen, dass letzterer sich nie um die Veröffentlichungen des Ex-Diplomaten kümmerte. Und dass beide - die IZ und Hofmann - aus gutem Grund verschweigen, was er in seinem Beitrag „Islam - der verkannte Glaube“ (Al-Islam Nr.4, S. 8f, 1995) äußerte: „Der Islam hält es für unausweichlich, dass Staat und Religion aufeinander bezogen werden. Dies bedeutet in einem islamischen Staat die BINDUNG von LEGISLATIVE und EXEKUTIVE an den KORAN als übergeordnete Grundnorm - ALS GRUNDGESETZ - …“.

Klar, dass man sich nicht gerne selbst zitiert, wenn’s zum Nachteil gereicht. Und konsequenterweise leidet das Erinnerungsvermögen bei Sätzen wie diesem "Wir müssen durch Parteieintritt - in alle wirklich demokratisch gesinnten Parteien - dazu beitragen, dass die Parteiprogramme islamkonformer werden". Zwar relativiert Hofmann im Interview mit islam.de diese Aussage in den nächsten Sätzen, verschweigt dabei aber, dass Demokratie eben mehr als ein „mechanisches Regulierungswerk“ ist, innerhalb dessen sich auch der Islam entfalten will, und dass die Gleichberechtigung, der er glaubt, einfordern zu müssen, schon längst existiert.

Keine Glaubensgemeinschaft kann sich aber mit dem Verweis auf das Grundgesetz eine Parallelwelt schaffen. Was er verschweigt: „Durch die islamische Da’wa möchten die Muslime die Neutralität eines säkularen Staates gegenüber der Religion überwinden. Denn eine Gesell­schaft sollte in ihren Grundstrukturen islamkonform sein, um nach islamischen Verständnis Unglaube und Unwissenheit zu überwinden. Es ist daher durchaus ein Teil der Da’wa-Strategie, wenn die islamische Führungsschicht und ihre Meinungsbildner dafür Sorge tragen, dass sich ein freiheitlicher demo­kratischer Staat und seine Gesellschaft, einschließlich der Gerichte und der Medien, mit möglichst vielen islamischen Themen und Tagesordnungspunkten beschäftigen“, wie Albrecht Hauser im Pfälzischen Pfarrerblatt vollkommen zu Recht formulierte.

Und zum unverzichtbaren Wesen der pluralistischen Demokratie gehört eben, dass so viele Informationen wie möglich ausgetauscht werden. Deshalb gibt es für das Gelingen von Da’wa keinen besseren Nährboden als den demokratischen Pluralismus. Dass hier kein Mosaikstein in Form eines Vortrages des Ex-Botschafters in Hanau gesetzt werden konnte, ist das Problem des Herrn Dr. Murad Hofmann - und nicht die formale Betrachtung seiner Vita. Schade für den prominenten Anhänger des Propheten, denn Dr. Murad Wilfried Hofmann ist kein Analphabet*:

Wenn man den kaufmännischen Erfolg des Propheten hinzu nimmt sowie die Weisheit seiner richterlichen Tätigkeit, dann wird geradezu rätselhaft, wie ein Analphabet im rückständigen Arabien ohne formale Schulung solche Qualitäten entwickelt haben sollte, ganz abgesehen von der sprachlichen Wucht seiner geoffenbarten Mitteilungen. Mit rechten Dingen kann dies nicht zugegangen sein. Muss also wohl mit göttlichen Dingen zugegangen sein".

*Dr. Murad Wilfried Hofmann, Tagebuch eines deutschen Muslims, München (3. Auflage) 1998, S. 105f.

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