Vor gut vier Wochen verkündete Ägypten, dass es eine aktive Terrorzelle der Hisbollah im Sinai ausgehoben hatte. Diese alarmierende Nachricht liefert einen weiteren Hinweis dafür, wie sehr der Iran und seine Handlanger die Nahostpolitik zu beeinflussen versuchen.
Wie ägyptische Sicherheitskräfte später vermeldeten, steckte die Zelle mitten in der Planung von Terroranschlägen auf Touristenzentren im Sinai. Aber nicht nur das: sie kundschaftete strategische Ziele entlang des Sinai aus und versorgte die Hamas über den Süden des Gazastreifens mit Waffen. Danach musste Hisbollah-Führer Hassan Nasrallah kleinlaut eingestehen, dass die Terrorzelle seiner Bande angehörte und „Bruderschaftshilfe“ für die Hamas organisierte.
Diese Entwicklung kommt so überraschend nicht, denn die wiedererstarkte Hisbollah wird durch einen Iran gestützt, der sich mehr und mehr anschickt, auch die Vorherrschaft in Arabisch-Nahost zu übernehmen. In den vergangenen 6 Monaten gab es untrügliche Anzeichen für vermehrte Anstrengungen des Iran, Ägyptens Position als stabilisierende Regionalmacht zu untergraben. Auf Teherans Betreiben lehnte letzten Sommer die Hamas eine Verlängerung der von Ägypten ausgehandelten sechsmonatigen Waffenruhe mit Israel ab, was zum Gazakrieg im Dezember führte. Auf dem Höhepunkt der kriegerischen Auseinandersetzung rief Nasrallah alle Ägypter und die Armee dazu auf, nach Rafah einzumarschieren und die Grenze zu zerstören – ein hetzerischer Aufruf, der dazu dienen sollte, Unruhen in Ägypten herbeiführen und das Regime (noch mehr) zu destabilisieren.
Nach Kriegsende hatte Ägypten neuerlich versucht, einen andauernden Waffenstillstand zwischen der Hamas und Israel auszuhandeln. Und wieder übte Teheran direkten Druck auf die Hamas aus. Herauskam eine Waffenruhe (Das ist ein qualitativer Unterschied), die seitdem immer wieder höchst zuverlässig durch vereinzelten Kassam-Beschuss gestört wird. (Die Hamas ist mit ihrem Beschuss deshalb so „sparsam“, weil sie wieder fleißig das Tunnelsystem [nach letzten Schätzungen gut 140 km Gesamtlänge] ausbaut und enorme Waffenmengen anhäuft) Auch Kairos Vermittlungsversuche, Fatah und Hamas wieder an einen Tisch zu bringen, schlugen fehl. Und wieder war Order aus Teheran gekommen, die Gespräche abzuwürgen.
Teherans Appetit ist längst noch nicht gestillt. Es betrachtet Ägypten als härtesten Rivalen um die Vorherrschaft in Nahost und als größtes sunnitisches Bollwerk, das sich seinem schiitischen Herrschaftsanspruch entgegenstemmt. Logisch also in diesem Kontext, dass die Hisbollah-Aktionen in Ägypten durchgeführt werden sollten. Mittelfristiges Ziel Teherans bleibt trotz des vorläufigen Fehlschlags die Installation weiterer schiitischer Hisbollah-Trojaner – vorrangig mit dem Ziel, Ägyptens Vermittlerrolle im diplomatischen Prozess um eine Zweistatenlösung zu unterminieren. Und wie gelingt das besser als über innenpolitische Turbulenzen im Land der Pharaonen?
Ägyptens zaghafte Versuche, Friedenslösungen in der Region anzutreiben und der damit verbundene Wunsch, andere arabische Staaten in einen Friedensprozess mit Israel einzubinden, gefährden die Ambitionen des Iran, seine Einflusssphäre in den arabischen Staaten auszudehnen. Deshalb untergräbt Teheran sämtliche Friedensbemühungen, wo es nur kann und spekuliert ebenso wie seine Proxy-Server Hisbollah und Hamas, dass es in Ägypten die größte Aussicht auf Erfolg hat. Ähnlich verhält es sich mit Ägyptens Sicherheitsinteressen in der Golfregion und seiner angestammten Rolle als stabilisierender Regionalmacht dort - auch das ein Hindernis für die Expansionsgelüste Teherans.
Für Präsident Obama und seinen Beraterstab, die sich die Gemengelage von außen ansehen, sollten die Implikationen eigentlich klar sein, oder vielleicht doch nicht? Eine abschließende Regelung des israelisch-palästinensischen Konflikts - so viele Wohlmeinende - sei unabdingbar, wollte die Welt den Expansionsgelüsten des Iran Einhalt gebieten. Sie kann aber nicht die Voraussetzung sein, wie viele "Experten" glauben machen wollen, da Teheran seine aggressive Strategie nicht aufgeben wird, wenn es zur Zweistaatenlösung (oder Dreistaatenlösung?) kommt.
Angeblich überlegt Barack Obama lediglich noch, wann und wo er eine Rede an die Arabische Welt richten will. Falls dies in Kairo geschehen sollte, hat er – trotz aller Unzulänglichkeiten dort – den in dieser Situation vielleicht besten Ort ausgewählt, um dem Iran zu signalisieren, dass dessen Versuche, den Friedensprozess zu torpedieren und damit seine Vormachtstellung auszubauen, nicht von Erfolg gekrönt sein werden.
Aber da müssen die Araber schon mitspielen.
Update, 7. Mai 2009: Ich bin alles andere als ein Prophet, aber das hier bestätigt die oben angesprochenen Fakten: Egypt: We have to keep Teheran in check
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