Dienstag, Juli 22, 2008

"Israelische Siedlungen müssen weg!"

Premierminister Gordon Brown stößt ins gleiche Horn

Monat für Monat, Jahr für Jahr wiederholt es sich bis heute: Präsidenten und Staatsmänner aus dem Westen wie Clinton, Bush und andere, Emissionäre wie Toni Blair und hochrangige Minister wie Condoleeza Rice und Minister aus Europa bereisen den Nahen und Mittleren Osten; sie sprechen in Jerusalem, Ramallah, Amman, Kairo und Damaskus vor und lassen immer die gleiche Leier ab: Der Iran ist brandgefährlich, Israel darf nicht angetastet werden, die Roadmap muss eingehalten werden (von Annapolis ganz zu schweigen), und die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) muss endlich auf eigenen Füßen stehen - sprich, ein eigenes funktionierendes Justiz- und Exekutiv-System installieren, um die Grundlagen für ein einigermaßen funktionierendes Gemeinwesen zu schaffen. So auch vorgestern der notgedrungen nachfolgende britische Premier Gordon Brown.

Doch dann kommt’s - kurz vor der Abreise: “Was ist mit den israelischen Siedlern“? Die müssen weg! (Im Bild oben links: Mitglieder des Kibbutz Hachshara).

Bisher gab es keinen Staatsgast, der diese Forderung nicht ausgesprochen hätte - sei es Prof. Dr. Gerd Pöttering in seiner unnachahmlich erbärmlichen Art und Weise vor der Knesset, US-Außenministerin Rice völlig unüberlegt, oder später ihr Chef Bush:

Der legte noch einen Scheit Holz drauf: Er hatte sich vor ein paar Wochen einmal zu einer ähnlichen Aussage verstiegen wie Uri Avnery vor etwa 20 Jahren (ich hatte das im SPIEGEL gelesen, als er schon damals die südafrikanischen Homelands mit den heutigen PA-Gebieten verglichen hatte): Er (Bush) sagte, dass die Westbank (Westjordanland) nicht wie ein Schweizer Käse zerstückelt werden dürfe, und gebrauchte Anlehnungen an Südafrika.

Abgesehen davon, dass dieser Vergleich unsinnig war und ist, weil in Israel über 110 Nationalitäten leben und es dort keinen Rassismus gibt, ist diese Einschätzung (auch von Bush) dämlich und ziemlich kurzsichtig:

1)

Die Straßen, die durch die Westbank (Westjordanland) führen, werden nach einem Friedensschluss Palästinensern und Israels gemeinsam dienen. Es wird keine Zerschneidung des Landes mehr geben. Das hängt aber von einem zu vereinbarenden Friedensschluss ab. Und dieser Friedensschluss steht am Ende der Roadmap. Eigentlich sollten die Palästinenser froh darüber sein, dass Israel schon jetzt die nötige Infrastruktur bereitstellt - wenn auch zugegebenermaßen zurzeit unfreiwillig.

2)

Auch wenn heute israelische Siedler im Westjordanland leben heißt das noch lange nicht, dass sie (in Zukunft nach Gründung eines palästinensischen Staates) wegziehen müssten. Nach einem (echten) Friedensschluss könnten sie sich mit der palästinensischen Mehrheit genauso arrangieren wie die palästinensisch-arabische Minderheit in Israel mit den Juden seit vielen Jahren. Wo ist also das Problem? Und immerhin leben 20% Araber in Israel. Hat Israel die Araber aus seinem Territorium vertrieben? Nein. Und dürfen sie nicht wählen? Ja, sie dürfen wählen. Sogar arabische Minister und Botschafter gibt es. So furchtbar schlimm ist der Staat Israel.

3)

Israelische Siedler hätten sicher kein Problem damit, in einem demokratisch geführten palästinensischen Staat zu leben - wenn denn überhaupt einer zustande kommt. Das ist die entscheidende Frage. Abgesehen davon würden bei einem Friedensschluss viele Israelis sowieso ins Kernland abziehen. Man braucht sich nur die Umfragen anzuhören.

4)

Da die ersten drei Voraussetzungen, die ich bisher angesprochen habe, angesichts der aktuellen Situation (Hamas und andere islamistische Gruppierungen), wohl kaum verwirklicht werden können, kann man es dem israelischen Staat und der IDF wohl kaum übel nehmen, wenn sie auf Nummer Sicher gehen und eine Stand-by-Situation halten, die sowohl der Sicherheit als auch dem nötigen Vertrauen in einem geordneten Rahmen Geltung verschafft.

Mehr ist im Westjordanland momentan sowieso nicht möglich, auch wenn man realistisch ist und berücksichtigt, dass die Machtkämpfe dort zwischen Hamas, Islamischer Jihad und Fatah noch längst nicht entschieden sind.

Selbst wenn man sich vorstellen könnte, dass die Fatah im Westjordanland die Oberhand behalten würde, wäre noch längst nicht gewährleistet, dass sich nicht die Variante des Politischen Islam in ihren Reihen Bahn brechen würde.

Abschließend:

Ich gebe gerne zu, das ich in völkerrechtlichen und juristischen Fragen, was die PA und speziell das Westjordanland betrifft, nicht sehr viel Auskunft geben kann und noch dazulernen muss.

Deshalb habe ich mich nach anderen zuverlässigen Quellen umgesehen.

Und eine dieser zuverlässigen Quellen ist das israelische Außenministerium. Ich kann mir schlecht vorstellen, dass dies sich einen großen Lapsus leisten kann.

Das Außenministerium hat im Mai 2001 eine Stellungnahme veröffentlicht, die heute noch ihre Gültigkeit hat.

Sie wurde damals von meinem Freund HEPLEV übersetzt und hat heute noch ihre Gültigkeit. Er hat es mir auf Nachfrage bestätigt.

Alles, was im nachfolgenden Text steht, kann zitiert werden. An der Übersetzung habe ich keine Veränderungen (außer Tippfehlern) vorgenommen.

Deshalb ist es umso wichtiger, sich diesen Text noch einmal durchzulesen und - falls nötig - als Argumentationshilfe abzuspeichern.

Herzlichen Dank an HEPLEV

Hier der Originaltext übersetzt:

Israelische Siedlungen und das (internationale) Recht

Der historische Kontext

Informationsbüro des Außenministeriums des Staates Israel
Jerusalem

Papier zur Rechtsposition

Mai 2001

Original: Israeli Settlements and International Law

Israelische Siedlungen und internationales Recht

- Jüdische Siedlungen in Gebieten der Westbank und des Gazastreifens gab es seit undenkbaren Zeiten und wurden vom Völkerbund im Mandat für Palästina ausdrücklich als legal anerkannt. Dieses Mandat sorgte für die Errichtung einer jüdischen Heimstatt im antiken Heimatland des jüdischen Volkes. Artikel 6 des Mandats sagt ausdrücklich: "Die Verwaltung Palästinas soll - wobei sicher gestellt werden soll, dass die Rechte und Position anderer Teile der Bevölkerung nicht beeinträchtigt werden - die jüdische Immigration unter passenden Bedingungen fördern und in Kooperation mit der Jewish Agency, auf die in Artikel 4 verwiesen ist, die dichte Besiedlung des Landes durch Juden ermutigen. Das soll auch staatliches Land beinhalten, das nicht in öffentlichem Gebrauch ist."

- Einige jüdische Siedlungen, wie z.B. Hebron, gab es durch die Jahrhunderte der Ottomanischen Herrschaft, während Siedlungen wie Neve Ya'acov, nördlich von Jerusalem, der Gush Etzion-Block in Judäa und Samaria, die Gemeinden nördlich des Toten Meeres und Kfar Darom im Gazastreifen unter britischer Mandatsverwaltung vor der Gründung des jüdischen Staates errichtet wurden. Um sicher zu gehen sind viele israelische Siedlungen an Orten errichtet worden, die für jüdische Gemeinschaften früherer Generationen Heimat waren. Das war ein Ausdruck der tiefen historischen und religiösen Verbindungen des jüdischen Volkes mit dem Land.

- Seit mehr als tausend Jahren war die einzige Verwaltung, die jüdische Besiedlung verbot, die jordanische Besatzungsverwaltung, die in den neunzehn Jahren ihrer Herrschaft (1948 - 1967) den Verkauf von Land an Juden zu einem Kapitalverbrechen (mit Todesstrafe) erklärte. Das Recht der Juden, in diesen Gebieten Häuser zu errichten und die rechtlichen Ansprüche an dem Land, das erworben wurde, konnten von der jordanischen und ägyptischen Besatzung nicht außer Kraft gesetzt werden. Diese Besatzung war das Ergebnis ihrer bewaffneten Invasion Israels im Jahr 1948; die Rechte und Titel bleiben bis zum heutigen Tag gültig.

Internationales Menschenrecht in der Westbank und dem Gazastreifen

- Das internationale Menschenrecht verbietet den erzwungenen Transfer von Teilen der Bevölkerung eines Staates auf das Gebiet eines anderen Staates, den es als Ergebnis eines Rückgriffs auf bewaffnete Gewalt besetzt hat. Dieses Prinzip, das sich in Artikel 49 der Vierten Genfer Konvention widerspiegelt, wurde direkt nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs formuliert. Wie maßgebliche Kommentare der Konvention durch das Internationale Rote Kreuz bestätigen, sollte das Prinzip die örtliche Bevölkerung vor Verdrängung schützen, einschließlich der Gefährdung ihrer Existenz als gesonderter Rasse, wie es bezüglich des zwangsweisen Bevölkerungstransfers in der Tschechoslowakei, Polen und Ungarn vor und während des Krieges vorkam. Das ist bezüglich der Westbank und Gazas eindeutig nicht der Fall.

- Der Versuch, israelische Siedlungen als Verletzung des Prinzips darzustellen, ist schlichtweg unhaltbar. Wie der frühere Unterstaatssekretär im Außenministerium, Professor Eugene Rostow, geschrieben hat:

"das jüdische Recht auf Siedlung in dem Gebiet ist in jeder Hinsicht dem Recht der örtlichen Bevölkerung, dort zu leben, gleich gestellt"
(AJIL, 1990, Band 84, S. 72).

- Die Vorkehrung der Genfer Konvention bezüglich erzwungener Bevölkerungstransfers in besetztes souveränes Gebiet kann nicht als Verbot der freiwilligen Rückkehr Einzelner in die Städte und Dörfer angesehen werden, aus denen sie oder ihre Vorfahren vertrieben wurden. Sie verbietet auch nicht den Umzug Einzelner auf Land, das nicht der legitimen Souveränität eines Staates unterlag und das nicht Objekt privaten Besitztums ist. Diesbezüglich sind israelische Siedlungen nur nach einem ausführlichen Untersuchungsprozess unter der Aufsicht des Obersten Gerichtshofs Israels errichtet worden; dieser Prozess ist so gestaltet, dass er sicher stellt, dass keine Orte auf privatem arabischen Land errichtet werden.

- Es sollte betont werden, dass der Umzug Einzelner in die Gebiete völlig freiwillig geschieht, während die Siedlungen selbst nicht darauf abzielen, arabische Bewohner zu vertreiben; auch in der Praxis geschieht dies nicht.

- Wiederholte Vorwürfe bezüglich der Illegalität der israelischen Siedlungen müssen daher als politisch motiviert angesehen werden, ohne Grundlage im internationalen Recht. Gleichermaßen können die israelischen Siedlungen nicht als illegal angesehen werden; sie können keine "grobe Verletzung" der Genfer Konvention darstellen, womit jede Behauptung, sie stellten ein "Kriegsverbrechen" dar, keine rechtliche Grundlage hat. Solch politische Anklagen können in keiner Weise palästinensische Terrorakte und Gewalt gegen unschuldige Israelis rechtfertigen.

- Politisch sind die Westbank und der Gazastreifen als Gebiet zu betrachten, zu dem es konkurrierende Ansprüche gibt, die in Friedensprozess-Verhandlungen gelöst werden sollten. Israel hat gültige Ansprüche in diesen Gebieten, die sich nicht nur auf seine historischen und religiösen Verbindungen zu diesem Land stützen, sondern auch auf die Tatsache, dass dieses Gebiet nicht unter der Souveränität eines Staates stand und in einem Verteidigungskrieg unter israelische Kontrolle kam, der Israel aufgezwungen wurde. Zugleich erkennt Israel an, dass die Palästinenser auch legitime Ansprüche an dem Gebiet unterhalten. Die Tatsache, dass beide Parteien darüber überein gekommen sind, Verhandlungen bezüglich der Siedlungen zu führen, deutet darauf hin, dass sie sich einen Kompromiss in der Sache vorstellen können.

Israelisch-palästinensische Vereinbarungen

- Die zwischen Israel und den Palästinensern erzielten Vereinbarungen beinhalten keinerlei Verbot zum Bau oder Ausbau der Siedlungen. Im Gegenteil: Es wurde besonders dafür gesorgt, dass die Frage der Siedlungen Endstatus-Verhandlungen vorbehalten bleibt, die am Ende der Friedensgespräche stattfinden sollen. Beide Parteien verständigten sich darüber, dass die palästinensische Autonomiebehörde bis zum Abschluss eines Endstatus-Abkommens keinerlei Rechtsgewalt oder Kontrolle über die Siedlungen oder Israelis hat.

- Es wird behauptet, dass das Verbot einseitiger Schritte, die den "Status" der Westbank und des Gazastreifens, das in der Interimvereinbarung und in folgenden Vereinbarungen zwischen den Parteien getroffen wurde, ein Verbot von Siedlungsaktivitäten beinhaltet. Diese Haltung ist unaufrichtig. Der Bau von Häusern hat keine Auswirkungen auf den Status des Gebiets. Man einigte sich auf das Verbot einseitiger Maßnahmen, um dafür zu sorgen, dass keine Seite Schritte unternimmt, die den rechtlichen Status des Gebiets - abhängig vom Ausgang der Endstatus-Verhandlungen - verändern (wie Annexion oder einseitige Ausrufung eines Staates). Würde dieses Verbot auf Baumaßnahmen angewendet, würde dies zu der lächerlichen Interpretation führen, dass keiner Seite der Bau von Häusern erlaubt ist, die die Bedürfnisse der jeweiligen Gemeinschaften stillt.

- Es ist wichtig anzumerken, dass im Geist des Kompromisses und im Versuch konstruktive, Vertrauen bildende Maßnahmen im Friedensprozess zu unternehmen, aufeinander folgende israelische Regierungen ausdrücklich die Notwendigkeit territorialer Kompromisse im Gebiet der Westbank und des Gazastreifens anerkannt haben und freiwillig eine Politik der Einfrierung des Baues neuer Siedlungen verfolgten.

War auch langsam Zeit!

Kriegsverbrecher Karadzic in Serbien gefasst

Zwölf Jahre lang war er auf der Flucht - jetzt ist der als Kriegsverbrecher gesuchte frühere bosnische Serbenführer Radovan Karadzic gefasst worden.

Das serbische Präsidentenamt meldete seine Verhaftung. Uno-Chefankläger Brammertz sprach er von einem "Meilenstein".

Hamburg/Belgrad - Für viele Menschen auf dem Balkan steht er für die furchtbarsten Verbrechen in Europa seit 1945 - nun wurde der frühere bosnische Serbenführer Radovan Karadzic nach langer Flucht gefasst. "Karadzic ist gefunden worden und in Haft", teilte der serbische Präsident Boris Tadic am späten Montagabend mit.

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Jetzt hoffe ich nur noch, dass diese andere Subjekt Ratko Mladic auch bald gefasst wird.

Srebrenica darf nicht ungesühnt bleiben.

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Man muss sich das einmal vorstellen: Ein Kinderpsychiater, der Tausende von Menschen umbrachte. Was muss das für ein Monster sein.

Samstag, Juli 19, 2008

Der Wackelkandidat aus Chicago

Kann man Obama trauen?*

Sieht man genau hin, dann können Obamas Versprechungen auf einen grundsätzlichen Wandel in der amerikanischen Politik Widersprüche und Ungereimtheiten nicht verbergen.

Ende Februar schien es, als habe Obama seinen erfolgreichen Wahlkampf zementiert. Obwohl selbst seine streng geeichten Fans größte Schwierigkeiten hatten, auch nur einen bedeutsamen Erfolg in seiner kurzen politischen Karriere aufzuzählen, bestand größtenteils Übereinstimmung darin, dass er eine neue Generation Wähler anspräche und repräsentiere - eine Generation, die der Clintons und Bushs überdrüssig ist, auf Facebook und YouTube abfährt; eine Generation, die weltweit zuhause sein will, und eine Generation, die keinerlei Berührungsängste mit anderen Bevölkerungsgruppen zu kennen scheint.

In den Augen dieser Wählergruppe wurde Obama als neuer Politikertypus wahrgenommen: Einer, der zu seinen Fehlern steht, [immer] die Wahrheit sagt und Vorteilsnahmen der Washingtoner Lobbyisten und Mächtigen verachtet.

Doch sind seit dieser Zeit einige Dinge vorgefallen und der Obama vom Februar existiert nicht mehr. Sicher ist das Haltbarkeitsdatum des Produkts “Obama“, das er nach wie vor geschickt und eloquent vermarktet, noch nicht abgelaufen, doch hinter seinen Versprechungen, die politische Agenda in den USA zu verändern bzw. zu reformieren, kann man manipulatorische Kunstgriffe und politische Volten der listigsten Art erkennen.

Er versprach, sich vom großen Geld und mächtigen Interessenverbänden „fernzuhalten“, wechselte dann aber flugs die Seiten, als er Geld von Ölkonzernen annahm - auch von einem Kriminellen aus Chicago und anderen Quellen. Er “versprach“ den jüdischen Wählern, dass unter seiner Regierung Jerusalem Israels ungeteilte Hauptstadt bleiben würde, machte dann aber ängstlich einen Rückzieher und änderte den Kurs, als er seine Aussage nach Einsprüchen empörter arabischer Wähler relativierte.

Er „versprach“, Ahmadinejad ohne Vorbedingungen zu treffen, korrigierte seine Meinung aber, als ihm politische Gegner [Zu Recht] Naivität und Aufwertung eines irrationalen Führers vorwarfen. Obama hat viel versprochen, aber er hat nie versprochen, seine Zusagen auch einzuhalten.

Er behauptet, dass er, wenn es um die wirklich heiklen und wichtigen Fragen für die Nation geht, im Recht sei und sein Rivale John McCain irre. Das wird sich noch herausstellen. Doch selbst wenn er in existentiellen Fragen wie zum Irakkrieg [der übrigens zum Bedauern vieler europäischer USA-Basher schon lange beendet ist und ein Befreiungskrieg war], zur allgemeinen Gesundheitsvorsorge und zu Fragen der Energieversorgung auf der “richtigen Seite“ sein sollte: Das ist es nicht, was ihn zu einem Top-Rockstar in der amerikanischen Öffentlichkeit gemacht hat.

Die Medien fassen Obama mit Samthandschuhen an

Sorgfältig ausgearbeitete Politikentwürfe zählten nie zu seinen Stärken. Im Gegenteil: Hillary Clintons Argumente waren viel durchdachter und basierten auf intensiver und detaillierter Vorarbeit. Und McCain verfügt über wesentlich mehr Erfahrung in der Umsetzung politischer Konzepte. Dennoch gewann Obama die Primaries bei den Demokraten [Für alle Europäer: Die Bezeichnung “Demokraten“ ist nicht zwangsläufig Programm und führt diesseits des Atlantiks oft zu falschen Schlussfolgerungen**], weil dieser Wahlkampf, mehr als jeder andere vorher in der amerikanischen Geschichte, um Personen geführt wurde.

In Zeiten permanenter Beobachtung durch die Medien rund um die Uhr wollen die amerikanischen Wähler wissen, ob ihre Kandidaten authentisch sind - ob dies wirklich zutrifft, oder diese sich nur verstellen. Einer der Gründe, warum John Edwards und Hillary Clinton die Segel streichen mussten: Edwards wurde als Millionär wahrgenommen, der Hunderte Dollar für seinen Haarschnitt ausgab, während Hillary Clinton als Geschichtenerzählerin herumgereicht wurde.

Im Vergleich dazu konnte Obama mit seinen erfrischenden Versprechungen nur den Jackpot knacken.

Die US-Medien fassen Obama noch immer mit Samthandschuhen an -; sie ertappen ihn beim Lügen, winken ihn aber lächelnd durch, so, als ob die Medien selbst Angst davor hätten, etwas zur Sprache zu bringen, das das dünne Eis einbrechen lässt, auf dem er sich bewegt. Bis jetzt zeigen die Umfragen keinen Abwärtstrend, was seine Beliebtheit betrifft.

Erinnern Sie sich an Seinfelds "Two-faced"-Date - die Frau, die im Restaurant eine hinreißende Figur abgab, auf dem Balkon aber hässlich aussah - je nach Lichteinfall?

Obama wäre in den nächsten Monaten gut beraten, im Restaurant zu bleiben.

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*Übersetzung: Castollux.

** Die Republikaner haben die Sklaverei abgeschafft (Abraham Lincoln).

P.S.: In eckige Klammern hinzugefügte Anmerkungen, kleine semantische Umschreibungen und Ergänzungen stammen von mir. Der Text wurde dadurch inhaltlich in keiner Weise verändert.

Montag, Juli 14, 2008

Iranische Enten

Stammt der Bericht über “Israelische Kriegsmanöver“ aus dem Iran?

Aaron Klein, WorldNetDaily*

JERUSALEM - Hiesige israelische Sicherheitsoffiziere haben entschieden Berichte zurückgewiesen, die israelische Luftwaffe habe auf US-Basen im Irak für einen möglichen Angriff gegen den Iran geprobt. Die Beamten bezweifelten auch den Wahrheitsgehalt des ursprünglichen (nicht bestätigten) Berichtes, der möglicherweise vom Iran selbst gestreut worden war.

Medienhysterie brach aus, nachdem die Jerusalem Post einen unbestätigten Bericht veröffentlichte, der Quellen aus dem irakischen Verteidigungsministerium zitierte, israelische Kampfjets hätten (einem lokalen Sender zufolge) im irakischen Luftraum den Erstfall geübt und dass man regen Flugverkehr israelischer Maschinen auf US-Basen beobachtet hätte.

Im Post-Bericht, der den für die Verbreitung der Nachricht verantwortlichen lokalen Sender nicht nannte, werden weitere Quellen zitiert, die von „ehemaligen Militäroffizieren“ in der irakischen Provinz Anbar gehört haben wollen, dass israelische Kampfjets nachts aus Jordanien eingeflogen und auf dem Rollfeld des Flughafens bei Hadhita gelandet wären. Aber weder Jerusalem Post noch Dutzende anderer englischsprachiger Nachrichten zitierten die Originalquelle - eine iranische Zeitung, die ihrerseits eine nicht näher bezeichnete irakische Webseite zitierte. Die irakische Nachrichtenwebseite ließ sich nicht ausfindig machen.

Sicherheitsoffiziere hier sagten, dass der Bericht wahrscheinlich komplett vom Iran gestreut worden sein dürfte.

Der die angeblich irakische Nachrichtenwebseite zitierende iranische Bericht wurde von den hebräischsprachigen Medien ebenfalls zitiert und landete schließlich auf den Seiten der Jerusalem Post. Die Post erwähnte ihren Lesern gegenüber nicht, woher die Informationen kamen. Um eine Stellungsnahme zu den Berichten gebeten teilte ein Sprecher der IDF WorldNetDaily mit: „Wir kommentieren Operationen der israelischen Luftwaffe nicht“. Israelische Sicherheitsoffiziere, die mit WorldNetDaily sprachen, wiesen die arabischen Medienberichte als „unbegründet“ zurück. Das irakische Verteidigungsministerium lies am Freitag verlautbaren, dass es von israelischen Luftwaffenübungen in seinem Hoheitsgebiet nichts wüsste.

Pentagon-Sprecher Bryan Whitman erwähnte Reportern gegenüber: „Ich halte diesen Bericht für undenkbar, und sicher ist irgendjemand schlecht informiert oder er versucht, Unsinn zu verbreiten.“ Der letzten Runde Medienhysterie folgte eine versteckte Warnung des israelischen Verteidigungsministers Ehud Barak an den Iran, der erklärte, „Israel ist das stärkste Land in der Region und wir haben in der Vergangenheit bewiesen, dass wir uns nicht vom Handeln abschrecken lassen, wenn unsere vitalen Interessen auf dem Spiel stehen“.

Barak antwortete damit auf berichte über iranische Raketentests und Militärmanöver, die wohl von staatlich kontrollierten Medien des Iran etwa übertrieben dargestellt wurden, da sie ein Bild von vier gezündeten iranischen Langstreckenraketen veröffentlichten. Später wurde aufgedeckt, dass das Bild manipuliert und mindestens eine Rakete hinzugefügt worden war.

Anfang dieser Woche [Also letzte Woche von heute gerechnet; Castollux] warnte ein hochrangiger Funktionär der iranischen Revolutionsgarden, dass, falls die USA oder Israel den Iran angreifen würden, Teheran darauf mit dem “Niederbrennen“ Tel Avivs und der amerikanischen Flotteneinheiten im Persischen Golf antworten würde.

Letzten Monat wurde berichtet, dass der jüdische Staat eine groß angelegte Militärübung mit über hundert Flugzeugen über dem Mittelmeer durchgeführt hatte. Das Manöver wurde allgemein als Teil israelischer Vorbereitungen für eine mögliche Bombardierung der iranischen Atomanlagen gesehen. Einigen Berichten letzter Woche zufolge sagte Admiral Michael Mullen, Chef des Vereinigten US-Generalstabs, der Israel letzten Monat besucht hatte, dem jüdischen Staat, dass er von den USA kein “Grünes Licht“ für einen Angriff auf iranische Nuklearanlagen bekommen habe.

[Vor-] Letzte Woche führte WorldNetDaily ein Exklusivinterview mit Meir Amit, dem ehemaligen Direktor des israelischen Nachrichtendienstes Mossad, der bemerkte, dass Israel Gewalt anwenden sollte, um den Iran vom Besitz von Atomwaffen abzuhalten. Die Ausführungen Amits, einer der meist geachteten Persönlichkeiten der israelischen Geheimdienstorganisation, sind von Bedeutung, da er es vorher abgelehnt hatte, einen Angriff gegen den Iran zu unterstützen.

„Ich bin für den Einsatz der Streitkräfte gegen den Iran, weil, wenn wir die Dinge so laufen lassen wie bisher, wir uns in einer sehr gefährlichen Situation befinden“, so Amit. "Wir verfügen über einen guten Geheimdienst und wir werden entscheiden, wann der passende Zeitpunkt für einen Angriff gekommen ist.“

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*Übersetzung: Castollux.

Hinweis: Ich habe auf Datumsangaben wie "heute" oder "gestern" etc. verzichtet, um den Eindruck zu vermeiden, der Beitrag wäre im Original tatsächlich heute, also am 14. statt am 11. Juli geschrieben worden.

Sonntag, Juli 13, 2008

FC Buddha Bayern München?

Seit Jahrzehnten bin ich treuer Fan des FC Bayern München, habe unendlich viel mitgefiebert und gelitten, mich gefreut wie ein Maikäfer, wenn er Erfolge am Fließband einheimste, und nun das: Der neue Trainer Jürgen Klinsmann scheint seine Schützlinge religiös missionieren zu wollen.

Was war passiert und welche Schlüsse könnte man daraus ziehen?

Jürgen Klinsmann hatte vor gut zwei Wochen, wie viele meiner Leser wissen, auf dem für etliche Millionen Euro neu erstellten Leistungszentrum des FC Bayern an der Säbener Straße das Kommando übernommen und schnell signalisiert, dass sich einige Dinge ändern würden. Was die Trainingsmethoden betrifft - klar, die Bosse des Nobelklubs wussten, wen sie sich eingekauft (eingebrockt) hatten. Schließlich hatte man "Klinsis" Motivationskünste aus der WM 2006 noch in bester Erinnerung und dachte, seine Qualitäten auch auf die Arbeit mit einer Vereinsmannschaft übertragen zu können - was sich übrigens erst noch bewahrheiten muss. Da ist die letzte Messe noch nicht gelesen, würde ich mal sagen.

Mit der Überraschung wartete der neue Coach jedoch vor gut 10 Tagen auf: Er ließ Buddha-Statuen antanzen. Vier weiße Exemplare wurden auf dem Dach des Gebäudekomplexes an der Säbener Straße platziert, weitere in den Trakten des Gebäudekomplexes, darunter eine goldfarbene Statue in der "kuscheligen Lounge“ (Siehe Abbildung; Quelle: WELT).

„Ich will ein Energiefeld aufbauen, das den Spielern viel Spaß machen wird", so die anheimelnd-esoterische Botschaft Klinsmanns, die bei mir zuerst ungläubiges Kopfschütteln auslöste und danach eine Erinnerung wachrief.

Als Christoph Daum im Jahr 2000 noch beim Werksklub Bayer 04 Leverkusen das Zepter für Leibesübungen schwang, engagierte er den Motivationstrainer Jürgen Höller (Motto: "Alles ist möglich"), der seine Spieler auf Vordermann bringen sollte. Was dieser J. Höller außer Tschaka-Tschaka-Gebrüll (abgekupfert übrigens vom niederländischen Motivationskünstler Ratelband), Laufen auf glühenden Kohlen und Glasscherben sowie anderen Sperenzchen für die Spieler tatsächlich auf dem Kasten hatte, kann man hier nachlesen. Nichts. Denn erstens konnte er das Unterhaching-Trauma der bieder-braven Leverkusener Werkself nicht verhindern und zweitens war ihm nach einiger Zeit der Staatsanwalt auf den Fersen. Höller war wegen Untreue, vorsätzlichen Bankrotts und falscher eidesstattlicher Versicherung für drei Jahre ohne Bewährung hinter schwedischen Gardinen gelandet, nachdem er einen Börsengang mit seiner Firma Inline AG nicht korrekt abgesichert und damit seine Anleger getäuscht hatte.

Doch zurück zu Jürgen Klinsmanns harmonischer Vorstellungswelt:

Sicher besteht kein didaktisch-methodischer Zusammenhang zwischen dem ehemaligen (und wieder aktiven) Motivationsguru Höller, der wohl nichts dazugelernt hat (“Woran merkst Du, dass Du erleuchtet bist? Wenn Du durch Wände gehen und um Dein Haus schweben kannst”) und der Person Jürgen Klinsmann. In dieser Hinsicht irgendwelche Spekulationen anzustellen wäre höchst unfair und würde auch dem gesunden Managerverstand von Uli Hoeneß widersprechen. Aber gibt es nicht eine quasi inhärente Übereinstimmung in der Art und Weise, (anvertraute) Menschen an ein Lebens- und Überzeugungsmodell zu binden, das nur drei Ziele kennt: Erfolg, Erfolg, Erfolg, und - gelegentliches Scheitern ist nicht erlaubt?

Und erscheint im Rückgriff auf die WM 2006 der Ausspruch des deutschen Teamchefs Klinsmann vor dem Achtelfinale "Lasst uns die Polen durch die Wand hauen!" und, man dürfe sich nicht fertig machen lassen, "schon gar nicht von den Polen" nicht ein wenig merkwürdig, insbesondere dann, wenn es um "Motivationskünste" geht, seine neue "Schaffenskraft" bei Bayern München betreffend?

"Erfolgsrezepte" wie dieses von 2006 (vom kurzfristigen politischen Mega-Gau ganz zu schweigen) und das nun angestrebte bei Bayern München wurmen mich ganz gewaltig. Es ärgert mich auch deswegen, weil hinter diesem Konzept ein Menschenbild steht, das ich überhaupt nicht teilen kann: Du hast Erfolg, wenn du gesund, erfolgshungrig und gleichzeitig harmonieversessen bist - aber all das funktioniert nur, wenn du dich einer bestimmten Erfolgsphilosophie und einem bestimmten Konzept unterordnest - von Trainerstab und sorgfältig ausgesuchtem Team ausgetüftelt. Und das Motto dieser Philosophie lautet wahrscheinlich: "So viel Rücksichtslosigkeit wie möglich, soviel Harmonie wie nötig", wobei "Harmonie" sich wohl nur auf den Umgang mit den Mitspielern beschränken soll. Zumindest stellt es sich für mich so dar.

Schon vor Saisonbeginn scheint deshalb ein Schatten auf die Erfolgsgeschichte des neuen FCB-Trainers zu fallen, denn die Idee, den Spielern des erfolgreichsten deutschen Fußballvereins aller Zeiten eine neue Weltanschauung zu vermitteln, kommt nicht bei allen Freunden des FC Bayern so gut an, wie es sich der gelernte Bäckermeister, Selfmademan, Weltenbummler und knallharte Verhandlungsführer vorgestellt hat. Bei mir übrigens auch nicht. Und das nicht nur, weil ich Christ bin, der versucht, seinen Glauben zu leben, ohne (un-) aufdringlich missionieren zu wollen. Ich selbst hatte in der Vergangenheit manchmal versucht, Freunde (auch hier im Netz) von meinem Glauben an Jesus Christus zu überzeugen, wurde dabei aber (in guter Absicht) zu persönlich und verletzend.

Überzeugen kann man aber nur durch gelebte Empathie und Mitmenschlichkeit - unabhängig von Weltanschauungsfragen und sonstigen Dingen, die unser Leben beeinflussen und prägen. Wenn mich jemand danach fragt, warum ich gerade so oder so denke oder handle kann ich immer noch Auskunft über meinen Glauben geben.

Norbert Geis, CSU-Urgestein und eingefleischter Bayern-Fan, formulierte sein Unbehagen bezüglich der überfallartig-missionarischen Klinsmann-Aktion so: "Jürgen Klinsmann ist sicherlich ein exzellenter Trainer, aber ich finde, die Buddha-Statuen sind etwas übertrieben“. Und weiter: "aber ich finde, man sollte den Spielern nicht eine Religion als dominierende Maßgabe anbieten". Wo er Recht hat, da hat er Recht, der MdB Norbert Geis, und ich pflichte ihm zu 100% bei, auch wenn seine Kritik meines Erachtens nicht scharf genug ausgefallen war. Bernhard Felmberg, Sportbeauftragter der Evangelischen Kirche Berlin und ab kommenden Jahr Vertreter der Evangelischen Kirche Deutschlands bei der Bundesregierung, bemerkt meiner unbedeutenden Meinung nach völlig zutreffend: "Buddha-Figuren sind schon mehr als nur Raumgestaltung, damit geht eine Weltanschauung und eine Philosophie einher".

Ich will es an dieser Stelle bei den kritischen Verlautbarungen Konservativer (Ich bin selbst sozialer Konservativer, so etwas gibt es [In Bayern] auch) und Kirchensprechern belassen -; das kann man alles googeln, zum Beispiel hier.

Mir ist bei der Beschäftigung mit dem Thema aufgefallen (auch in den Jahren davor schon), dass es große Schnittmengen zwischen importiertem Pseudo-Buddhismus á la Klinsmann und anderer Prominenter in der westlichen Schickeria, fernöstlichen Praktiken und esoterischem Sektierertum im westlichen Bildungsbürgertum gibt. Dabei überlappen sich oft politische Grundeinstellungen, wenn es um die Zusammenführung der oben genannten Phänomene geht.

Stellvertretend für die verschiedenen Analysen linker Intellektueller (nicht Die Linke; die versteht davon herzlich wenig und hat substantiell nichts beizutragen) zum esoterisch-fernöstlichen Sektierertum möchte ich eine Untersuchung von Claudia Barth anführen, die eine sehr gute Charakterisierung des esoterischen Denkens liefert. Sie beschreibt in ihrem Buch „Über alles in der Welt – Esoterik und Leitkultur“ die moderne Esoterik (sie setzt es in etwa mit New Age gleich) als "irrationale Ideologie", die "systemstützend" wirke, also "den Nutzen einer Minderheit durchsetzen soll und den Interessen der Mehrheit der Menschen schadet". Speziell in Deutschland sei die Esoterik zudem "von völkisch-nationalen, antisemitischen Vordenkern entwickelt" worden. [1]

Sehr aufschlussreich ist auch, dass sich nicht nur viele Kritiker, sondern auch eingefleischte Esoteriker am "Supermarkt der Spiritualität" stören [2]. Verschiedene, teils völlig unvereinbare spirituelle Traditionen, über Jahrhunderte in unterschiedlichen Kulturen der Welt gewachsen, werden in der Konsumgesellschaft zur Ware, wobei so viel wie möglich Abwechslung in immer schnellerem Takt angeboten wird (“gestern Yoga, heute Reiki, morgen Kabbala“). Ich denke, dass diese Traditionen, als Produkt auf den Markt geworfen, sich ihres eigenen Ursprungs berauben. Der Umgang mit Spiritualität wird zum Klischee degradiert.

Als besonders problematischen Aspekt esoterisch-fernöstlicher Weltanschauung sehe ich das auf subjektiv-einseitig harmonischer Wahrnehmung beruhende Weltbild und das damit teilweise einhergehende Negieren von Leid und Problemen, übertriebene Heilsversprechungen, unrealistische magische Erwartungen, das Absolut-Setzen subjektiver Erfahrungen und die Abhängigkeit von „spirituellen Experten“ oder selbsternannten religiösen „Meistern“.

Ich weiß, dass ich meinen Lesern jetzt ein wenig viel zugemutet habe, aber ich möchte abschließend dennoch meine eigene Glaubenssicht der esoterischen Vorstellungswelt gegenüberstellen. Warum sollte ich mich als Christ defensiv verhalten, wenn es um existentielle Fragen geht?

- Die fernöstliche Esoterik präsentiert in der Regel ein unpersönliches, ungeschichtliches Gottesbild statt einer personalen Gottesbeziehung, wie im monotheistisch jüdischem und christlichem Glauben praktiziert und geglaubt (Anmerkung: Im Islam gibt es keine persönliche Gottesbeziehung. Der Islam ist streng deistisch [entrückt], auch wenn viele Muslime das jetzt bestreiten wollen)

- Die Auffassung von Jesus als “Avatar“ oder “Eingeweihtem“ statt des biblisch-historischen, christlichen Bildes von Jesus von Nazareth kann kein Christ unterschreiben (nicht die Christen, die bei Bayern München unter Vertrag stehen, und auch nicht der zum Islam konvertierte Franck Ribéry)

- Die Möglichkeit des Abtragens von Karma, der Selbsterlösung, z. B. durch evolutive Bewusstseinserweiterung im Verlauf von Reinkarnation im Gegensatz zur Vorstellung der Einmaligkeit des Lebens, der Erlösung und Vergebung durch das Geschenk der Liebe Gottes und des Kreuzestods Jesu Christi im Christentum ist mit der biblischen Lehre unvereinbar.

Während der Abfassung dieses Beitrages dachte ich darüber nach, welches Schlusswort ich wählen sollte. Ich will ehrlich sein - mir ist keines eingefallen. Aber Max Merkel, der große Trainer-Zampano vergangener Zeiten, der des Öfteren durch kernige und unüberlegte Sentenzen auffiel, hilft mir heute aus der Patsche. Sein “Trainer-Erfolgsrezept“ sollte aber bitte nicht allzu ernst genommen werden - und von Jürgen Klinsmann schon gar nicht:

Im Training habe ich mal die Alkoholiker meiner Mannschaft gegen die Antialkoholiker spielen lassen. Die Alkoholiker gewannen 7:1. Da war's mir wurscht. Da hab i g'sagt: "Sauft's weiter."

1) Nicholas Goodrick-Clarke: The Occult Roots of Nazism. Secret Aryan Cults and their Influence on Nazi Ideology, 1992

2) Kimberly J. Lau: New Age Capitalism: Making Money East of Eden

Hattip: Lizas Welt

Sonntag, Juli 06, 2008

Beeb, Beeb, BBC: Schlagzeilen laufen Amok

Wenn Tim Franks, fest angestellter Griffelspitzer und Tastatur-Zampano bei der BBC, aus seinem Fenster im Büro der Jerusalem Capital Studios die Jaffa-Straße hinunterblickt, entgeht ihm im Regelfall selten etwas, was nicht irgendwie zu verwursten wäre - und im Verwursten von Nachrichten ist die BBC einsame Weltspitze. Im Gebäudekomplex haben viele internationale Medien wie der britische Mediengigant (verballhornt Beeb), CCN, Sky News und etliche andere Medien Outlets ihre Büros eingerichtet. Einige Anschläge in der Vergangenheit wurden nicht zufällig in der Nähe des Medienhauses verübt, weil man sich als Terrorist an keinem Platz in Jerusalem und vielleicht weltweit so sicher sein kann, fast zeitgleich mit dem Geschehen in die Schlagzeilen zu kommen wie hier.

Entgangen ist Tim Franks auch am Dienstag, den 2. Juli wohl kaum etwas, als ein palästinensischer Einwohner Ostjerusalems sich einen Radlader schnappte, um eine beispiellos wahnwitzige Amokfahrt zu inszenieren. Er raste auf zwei Busse, etliche Autos und unschuldige Passanten zu, tötete mindestens 3 Menschen und verwundete Dutzende Passanten, bevor er von einem Soldaten und einem Polizisten erschossen wurde, der in einer halsbrecherischen Aktion auf das Fahrerhaus gesprungen waren.

Es ist nicht das erste Mal und auch kein Zufall, dass (auch) ausgerechnet die BBC bei schrecklichen Vorfällen wie diesem zu einem Mittel greift, das ethisch höchst verwerflich ist und von der Absicht zeugt, unehrlich und verzerrend zu berichten, um aus einem gegen israelische Bürger gerichteten Anschlag in Sophisticated Speech etwas zu konstruieren, das sich gegen den israelischen Staat und seine Bürger richtet.

Wie Pesach Benson von HonestReporting schnell feststellte, hatte die BBC unmittelbar nach dem Anschlag folgende Schlagzeile produziert: „Israelischer Radladerfahrer erschossen“. Auf den ersten Blick konnte das den Eindruck erwecken, hier wäre ein Israeli Amok gelaufen und es handle sich um einen Vorfall, der nicht im Entferntesten etwas mit einem palästinensischen Täter zu tun hätte. (siehe Screenshot).

Warum ging Tim Franks nicht die paar Meter runter zur Straße und erkundigte sich bei den Sicherheitsbehörden? Man kennt ihn und hätte ihm Auskunft geben bzw. auf die Pressekonferenz verweisen können. War er kurz auf dem Klo, um seinen Angstschiss abzulassen? Die etwas später abgeänderte Schlagzeile entbehrt dann nicht einer gehörigen Portion bösartiger Komik: „Bulldozer-Amokfahrt erschüttert Israel“.

Abgesehen davon, dass eine Bulldozer-Amokfahrt wohl das Letzte ist, was den Staat Israel in seinen Grundfesten erschüttern könnte (wie hier heimtückisch impliziert), weil er tagtäglich mit der Terrorgefahr lebt, ist die Wortwahl in dieser Schlagzeile an dreister Euphemisierung kaum zu übertreffen.

In der Nahostberichterstattung, und da besonders im Kontext des israelisch-palästinensischen Konfliktes, hatte man bei der BBC noch nie Skrupel, jede erdenkliche Auseinandersetzung zwischen der IDF und Palästinensern sprachlich so ins „rechte“ (falsche) Licht zu rücken, dass palästinensische Terroristen zu anonymen, ziellos umher irrenden „home made“- Kassams mutierten und umgekehrt IDF-Operationen zu unverhältnismäßigen Racheaktionen des jüdischen Staates.

Beispiel gefällig? „Raketen verletzen Dutzende in Israel“ titelt der britische Medienriese, vergisst aber (absichtlich?), den Absender anzugeben, der so freundlich war (und weiterhin ist) seine Tod bringende Fracht nach Sderot oder Ashkelon zu tragen.

Zur dogmatisch unverrückbaren und beinahe schon verklärt interpretierten Konstante der BBC-Berichterstattungsphilosophie gehört selbstredend der Einsatz brachialer Headline-Monster wie in diesen Beispielen: "Israelis töten Militante in Gaza" (Die "Militanten" feuerten vorher Raketen auf Israel) oder "Kinder durch israelischen Militärschlag getötet" (Die Kinder spielten nahe einer Raketenabschussrampe).

HonestReporting hatte dazu ein Communiqué verfasst. Abgesehen davon, dass hier der "Täter" in Kollektivhaft genommen wird ("Die Israelis" und selbstredend die Juden in Gestalt des Staates Israel), wird eine Täter-Opfer-Konstellation fortgeschrieben, die in weiten Teilen der westlichen Presse - und hier besonders der europäischen - eine unheilvolle Tradition entwickelt hat.

Ich weiß nicht, ob Tim Franks und sein Arbeitgeber Cricket -, Rugby- oder Fußballfans sind.

Eines aber sicher nicht: Leidenschaftliche Befürworter eines wenigstens in Ansätzen erkennbar investigativen und redlichen Journalismus. Mister Franks hat's leicht: Die Beschwerdestelle der BBC federt alle kritischen Leseranfragen stellvertretend für ihn ab, denn - wer möchte schon gerne mit Alan Johnston tauschen, der trotz devoter Haltung gegenüber Hamas und Fatah mehrere Monate als Geisel eines Gaza-Klans gehalten wurde?


Beeb, Beeb, BBC….

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Nachtrag, 7. Juli:


BBC entschuldigte sich für die Ausstrahlung drastischer Bilder vom Anschlag letzte Woche.
Die Hölle gefriert, wenn sich Beeb für irgendetwas entschuldigt.

Update, 6. Juli: Redakteur Craig Oliver verteidigt die Entscheidung.

Dienstag, Juni 24, 2008

Wenn das Heinrich Heine wüsste!

Ausgerechnet er wird von Rechten als „Kronzeuge“ gegen Ausländer angeführt

Im Bild links Heinrich Heine mit seiner letzten Liebe Mouche (
Elise Krinitz) Copyright: akg

Wenn tumbe Nationalisten über Fußball reden, kann es schon vorkommen - wie auch sonst nicht allzu selten -, dass sie ganz weit vom Thema abweichen und sich dem Sujet Kultur widmen, von dem sie in der Regel „Limes gegen Null“ verstehen, um in der Sprache der Integralrechnung zu sprechen. So geschehen im Forum des bekanntesten deutschnationalen Blogs (Namen brauche ich wohl nicht zu erwähnen, oder?), der zum Spiel Kroatien-Türkei ein Diskussionsforum anbot.

Dass die Zahl der Beiträge immer dann sprunghaft in die Höhe schnellt, wenn es gegen „Die Ausländer“ per se geht, meistens aber die Türken, versteht sich von selbst. Wie es dann in der Ausländer- und Judenbewertungsskala weiter gehandhabt wird können Sie sich wahrscheinlich ausmalen bzw. in den "Kommentaren" nachlesen.

Dabei gibt es auch die einen oder anderen Schmankerl zu bestaunen - nein, diesmal nicht gespielte Empörung und fast schon zur Gewohnheit gewordene Paranoia, wenn den Öffentlich-Rechtlichen ein idiotischer Lapsus bei der grafischen Darstellung der Deutschlandfahne unterläuft. Ich denke an Redebeiträge im Forum, die von der Blog-Redaktion schlicht ausgeblendet oder ignoriert werden, und bei denen es sich weit mehr lohnt, einmal genauer hinzusehen.

So meint z.B. ein Leser mit dem Pseudonym 1Eternia, ein "Zitat Heinrich Heines" in die Manege werfen zu müssen und so den Eindruck zu erwecken, ausgerechnet (!) Heine habe sich für Fremdenfeindlichkeit ausgesprochen. Perfides Spielchen mit der Dummheit anderer Leser, meinen Sie nicht auch?

Hier geht’s zum Tatort. Orthografie unverändert:

#156 1Eternia

"Türken, Inder, Hottentotten sind willkommen alle drei,
wenn sie leben, lieben, lachen, fern von hier - in der Türkei.
Wenn sie aber scharenweise, wie die Maden in dem Speck,
über unser Land herfallen, ist die Sympathie bald weg!"
(Zitat von Heinrich Heine)

Da ich Heinrich Heines Werk und Biografie ein wenig kenne und ihn verehre, war ich doch überrascht, so etwas zu lesen. Also machte ich mich daran, Informationen zu sammeln. Was lag also näher, als bei der Heinrich-Heine-Gesellschaft in Düsseldorf nachzufragen, einer Institution, die alle Fragen zu Heinrich Heine quasi im Schlaf beantworten könnte. Fehlanzeige.

Natürlich fallen auch sonst auf Anhieb Ungereimtheiten auf: Zu Heines Zeiten gab es keine Türkei, Jürgen Rüttgers unsäglich dämliche Phrase „Kinder statt Inder“ aus dem Jahr 2000 könnte sich höchstens mittels Zeitmaschine bis Heinrich Heine herum gesprochen haben; Hottentotten kannte Heine auch nicht, er wusste sicher auch nichts vom Gemetzel, das Wilhelm II’s Truppen unter ihnen im heutigen Namibia (Zu seligen Kolonialzeiten Deutsch-Südwestafrika) angerichtet hatte. Auch da hätte er H.G. Wells Zeitmaschine ankurbeln müssen. Und zu guter Letzt - warum sollten Inder und Hottentotten in einer Türkei, die es so nicht gab, Wohnsitz nehmen?

Auch wenn man sich bei Hardcore-Überzeugungstätern und Ultrarechten wie Altermedia umsieht, erfährt man, dass der oben aufgeführte Vierzeiler nicht von Heine stammen kann. Die rechtsextreme Rasselbande kann sich allerdings nicht verkneifen, nebenbei einen Seitenhieb gegen Heines Gedicht "Himmelfahrt" zu führen. Wer das Gedicht im Ganzen liest wird schnell dahinter kommen, dass es eine ganz andere Diktion hat als das oben von 1Eternia angeführte und mit Rassismus nichts zu tun hat.

Konsequentes Recherchieren führt zu Hinweisen, die Licht in die schmutzige Kampagne dieses Pseudonyms 1Eternia bringen.

Wie mir die Heinrich-Heine-Gesellschaft bestätigte, handelt es sich bei dem Vierzeiler um eine Fälschung. Das Institut war damit schon öfter konfrontiert worden.

Hinweis zum Schluss: Der oben erwähnte „Gottfried Eibe“ verehrt auf seiner Webseite Theodor Körner, den „Godfather“ vieler Rechtsextremisten, (Ex-) DDR-Soldaten (Ja, das passt tatsächlich zusammen, auch wenn Sie es vielleicht nicht glauben) und Stichwortgeber für Joseph Goebbels. Von Körner stammt (fast wortwörtlich) das dröhnende "Nun, Volk steh auf und Sturm brich los!" aus der berüchtigten "Sportpalastrede" Goebbels am 18. Februar 1943 vor Tausenden Zuhörern in Berlin. Alles nur Zufall?

*Aktivitäten zwar mittlerweile eingestellt, aber ein neues Bündnis sicher schon geschmiedet.

Ahmadinedschads Vernichtungsrede

Oder: Frau Katajun Amirpurs „Freie Übersetzung“ und deren Richtigstellung

Frau Dr. Katajun Amirpur (Bildmontage rechts) hatte in einem Beitrag in der „Süddeutsche Zeitung“ behauptet, dass der iranische Präsident Ahmadineschad das Wort „Ausradieren“ nicht verwendet, sondern in Bildern gesprochen habe.

Sie hat damit bei naiven Appeasern und Altstalinisten viel freudige Verwirrung und Genugtuung ausgelöst und ein gewisses Verständnis für Ahmadinedschad geweckt.

Und sie hat sich dabei - wie auch schon des Öfteren bei Fernsehauftritten - so sophisticated in ihrer verquasten Semantik verhakt, dass Widerspruch* nicht ausbleiben konnte.

Die nonchalant vorgetragene „Exegese“ in einem ihrer früheren Beiträge in der SZ aus dem Jahr 2004, in dem sie die Hängung eines 16-jährigen Mädchens im Iran als humanen Fortschritt im Vergleich zur Steinigung bezeichnete (H.M. Broder sprach es an) war fast schon ein Ritterschlag für die „Iran-Expertin“, die sich seit ihrer „Auslegung“ der Auslöschungsrede Ahmadinedschads vor Anfragen wohl kaum retten kann. Aber sie will ja habilitieren….

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Die israelische Botschaft hat Kenner der persischen Sprache zu Rate gezogen, was das diskutierte Zitat des gemeingefährlichen Irren aus Teheran betrifft, die entscheidenden Textpassagen noch einmal einer sorgfältigen Prüfung unterzogen und mit Transliteration veröffentlicht (Die Grafik lässt sich leider nicht vergrößern, ohne dass die Schrift undeutlich wird. Vielleicht kann mir da jemand helfen. Ich ändere das dann).

Ich gehe davon aus, dass man in der israelischen Botschaft gewissenhafter arbeitet als Frau Amirpur an ihrem Laptop. Schließlich hat man dort einen guten Ruf zu verteidigen….

Unten also die Mitteilung der Botschaft mit Übersetzungstabelle. Das braucht man nun wirklich nicht zu kommentieren:

Iranische Drohungen im Wortlaut

Im Iran wird offen mit der Vernichtung Israels gedroht. Jedoch sind sich auch in der westlichen Welt gewisse Experten nicht zu schade dafür, diesbezügliche Aufrufe, v. a. von Präsident Mahmoud Ahmadinejad, herunterzuspielen.

Das Jerusalem Center for Public Affairs hat nun einige der wichtigsten Zitat in genauer und fachkundiger englischer Übersetzung zusammengestellt.

Mahmoud Ahmadinejad auf der Konferenz „Welt ohne Zionismus“ am 26.10.2005 in Teheran. Bitte auf die Abbildung klicken und aufzoomen:

Die deutsche Übersetzung wurde von der Botschaft des Staates Israel in Berlin angefertigt.

Hier noch mehr Informationen (pdf). Frau Amirpur wird's wohl ignorieren...

*Auch: Wahre Lügen

Quelle: Jerusalem Center for Public Affairs, 2008