Vielleicht hat Gazprom-Schröder in den letzten Stunden des Öfteren ungläubig auf die Zahlen gesehen und sich gefragt, wie in einer lupenreinen Demokratie solche Zahlen zustande kommen. Internationaler Protest ob der schrillen Begleittöne, die der Wahl vorausgingen, ficht aber den tschetschenischen Vasall von Putins Gnaden, Präsident Ramsan Kadyrow, nicht an, denn "nach zahlreichen Treffen und Gesprächen mit den Menschen, die in den Wahllokalen waren, kann ich den Schluss ziehen, dass von den Wahlkommissionen alles getan wurde, um die Kampagne erfolgreich zu führen."
Geben die oben aufgeführten Horrorzahlen Aufschluss darüber, was in der russischen Kernrepublik an Ergebnissen zu erwarten gewesen wäre, wenn nicht die vergleichsweise wenigen unabhängigen Wahlbeobachter durch ihre Präsenz dafür gesorgt hätten, dass man sich vermutlich etwas mehr zurückhielt, was Manipulationsversuche betrifft? Vielleicht - ja; ein wenig. Wenn Gisbert Mrozek in seinem Kommentar aber schelmisch die neue euphemisierende Phrase von der "souveränen Demokratie" in der Grundordnung eines Russland nach Putins Fasson einbringt, dann spricht es den Berichterstattungen und Beurteilungen aller unabhängigen Beobachter Hohn, denn die haben alles andere als eine faire Wahl registriert.
Von "Manipulationstechniken nach sowjetischem Muster" ist da die Rede, von Stimmenkauf oder Nötigung zum Urnengang. Eigentlich keine Kinkerlitzchen für eine lupenreine Demokratie, wenn man zudem in Betracht zieht, was im Vorfeld an Einschüchterung, Verhaftung und Denunzierung ablief. Und wenn Soldaten sich in Reih und Glied aufstellen müssen, um vorgesetzten Offizieren ihre Wahlzettel auszuhändigen, in vielen Bezirken schlicht keine Wahlkabinen bereitgestellt wurden, die eine geheime Wahl garantieren könnten, dann versteht man Kommentatoren wie Gisbert Mrozek erst recht nicht mehr, die zynisch das Wahlergebnis als "Chance" verkaufen und sich über die 3% der versammelten liberalen Opposition lustig machen, die in ein Taxi passen.
Aller Wahrscheinlichkeit nach wird es noch mehr auf die Stärkung der Partei "Einiges Russland" hinauslaufen, die Defizite in den demokratischen Strukturen zementieren und die außenpolitischen Geltungsansprüche Russlands als Großmacht vorantreiben. Zumindest vorübergehend werden diese Faktoren aber Russland wirtschaftlich und (innen-) politisch festigen, weil - und das macht das ganze Treiben so unüberschaubar- die Russen in der überwiegenden Zahl (zumindest vorerst) diesen Kurs wünschen. Das riesige Land kennt keine demokratische Tradition und hat noch immer unter den Nachwehen des Kommunismus bzw. der Vetternwirtschaft der Jelzin-Ära zu leiden. Zudem existieren keine festen demokratischen Parteistrukturen, die eine gewisse Kontinuität versprechen.