Sonntag, Juli 15, 2012

Apartheid in Israel?

Die Realität sieht anders aus.

Einfach nur die Fotoreihe durchblättern...


Gesucht: Eine neue Vorhaut für Professor Holm Putzke

Nachbetrachtung zu Anne Wills Beschneidungs-Exorzismus am 11. Juli in der ARD















(Bildquelle: ARD)

Ich kann mich nicht daran erinnern, dass Professor Holm Putzke sich einmal ähnlich vehement gegen Abtreibung eingesetzt hätte wie gegen die Beschneidung jüdischer Söhne. Ich sage bewusst „jüdischer Söhne“, weil ich weiter unten bzgl. Islam etwas differenzieren will (Ich hatte mir Putzkes Webseite angesehen).

Allein schon der oben genannte Sachverhalt macht ihn in höchstem Maße unglaubwürdig, da er von Traumata im Kindesalter spricht, obwohl er Säuglinge meint. Embryonale und pränatale Traumata scheint es demnach bei ihm - folgt man seiner Logik - überhaupt nicht zu geben. Traumata also erst, wenn der Mensch geboren ist (Die TV-C-Prominente Angelika Kallwass lasse ich vorerst außen vor, auch wenn diese Person eigentlich keine Bemerkung wert ist. Zu ihr komme ich ganz unten).

Schon an der grotesk-juristischen und fast hilflos anmutenden Argumentationsfolge Holm Putzkes erkennt man, dass er die ganzheitliche Persönlichkeitsentwicklung des Menschen, die eben auch(!) nicht tiefenpsychologisch von der Trennung der Nabelschnur bei der Geburt zu unterscheiden ist (übrigens auch schmerzhaft für Kind und Mutter, wie tagtäglich zu beobachten), komplett aus dem Radar verloren hat. Er hat sich wohl festgebissen….

Woran sich seine Begierde wirklich zu reiben scheint, ist das "Jüdisch sein", das "Jüdische" als Gesellschafts- und Lebensentwurf, symbolisiert im Ritual der Beschneidung, der körperlich akzentuierten Menschwerdung und vollzogenen Liebesbejahung zu Gott in Gemeinschaft mit den Eltern des Kindes. Seine Abneigung gegen religiöse Artikulierung jüdischen (Familien-) Lebens schlechthin ist in beinahe jeder seiner Ausführungen mit Händen zu greifen, obwohl er sich immer wieder bemüht, das vorher Gesagte im nächsten Satz zu relativieren. Putzkes Ausflüchte, er kritisiere auch die altersmäßig später vorgenommenen Beschneidungen an Knaben im islamischen Kulturraum, kann man nicht gelten lassen, weil er die Unterschiede kennt, wie er selbst bei Anne Will andeutete und sie dennoch nicht berücksichtigt.

Man kann es auch kürzer fassen: Zumindest argumentiert Holm Putzke antisemitisch, auch wenn er für sich natürlich kategorisch ausschließen würde, dass er selbst Antisemit sei (Bei gepflegt diskutierenden Antisemiten ist das obligatorisch). Dass ihm und Angelika Kallwass in Anne Wills Forum begeistert applaudiert worden war, bestätigt meine These eher als dass sie widerlegt werden könnte. Er trifft den Geschmack der antisemitischen Grundstimmung in unserer Gesellschaft - und das quer durch alle politischen Lager. Da beißt die Maus keinen Faden ab. Und Professor Putzke weiß das auch. So dumm kann er nicht sein, dass er die Breitenwirkung seiner Thesen in der Bevölkerung nicht einkalkuliert hat.

Anmerkung:

In der von mir angesprochenen Diskussion bei Anne Will (ARD: "Beschneidungsurteil  -Religionsfreiheit ade?") vom 11. Juli wurde zudem ein äußerst wichtiger Aspekt ausgelassen:

Im Islam bzw. den Hadhiten beinhaltet die Beschneidung einen zentral politischen (!), aber auch Phallus-orientierten Aspekt, ebenso wie das Kopftuch und die (Ganzkörper-) Verschleierung etc., wie Seyran Ates richtig anmerkte. Dieses Argument wurde völlig außer Acht gelassen. Sonst fiel Frau Ates leider nur durch nerviges Humanismus/Feminismus-Gequatsche auf, das angeblich Brücken bauen sollte. Ziemlich enttäuschend ihre Performance diesmal, weil eher den Bescheidungsgegnern zuarbeitend.

Im Judentum hingegen bedeutet die Beschneidung am 8.Tag nach der Geburt (siehe Genesis 17,12) die Besiegelung des Bundes mit Gott, hat also nullkommanix mit Politik zu tun, mit religiöser Enkulturation aber ganz konkret. Ähnliches entwickelt(e) sich in allen neu aufgerichteten Gemeinschaften: Stärkung des Zusammenhalts durch Rituale nach innen und positive Abschottung nach außen, um identitätsstiftend wirken zu können. Diese zeremoniellen Bräuche waren nebenbei auch sehr sinnvoll, weil sie Krankheiten vorbeugten. Ähnlich verhielt es sich mit dem Verzicht auf Schweinefleisch: Jeder halbwegs Gebildete weiß, dass man Schweinefleisch nicht dörren kann und es sehr schnell vergammelt, wenn es permanenter Hitze ausgesetzt ist.

Schade auch, dass die ARD-Redaktion unterschiedliche Interpretationsansätze zum Thema zwischen Judentum und Islam entweder nicht herausarbeiten konnte oder schlicht ignorierte.

Ich tippe auf Letzteres, wie der Videozusammenschnitt zu Beginn der Sendung suggerierte, als direkt hinter dem Bild der jüdischen Beschneidung ein kleiner, weißgekleidet ausstaffierter muslimischer "Prinz" in einer Sänfte präsentiert wurde - so, als bestünde zwischen den beiden Religionen Judentum und Islam, ihren religiösen Praktiken und soziokulturellen Weichenstellungen ein unmittelbarer Zusammenhang, der durch einen scheinbar gemeinsamen Ritus reglementiert und zementiert werden würde.

Gemeinsam war und ist beiden Religionen lediglich die praktische Einsicht, dass ein unbeschnittener Penis und der Genuss von Schweinefleisch in bestimmten Jahreszeiten/Situationen/Regionen und bei bestimmten Verhaltensweisen schlicht zu Krankheiten führen kann. Die religiöse Begründung folgte meistens unmittelbar danach, weil man am Siechtum der Menschen zu erkennen glaubte, dass Gott für ein bestimmtes Hygiene- oder Konsumverhalten Strafen vorsah;  so dachte man zumindest, und die medizinische Maßnahme bzw. der Verzicht wurden als gottgegeben interpretiert, was sich ja letztlich auch als nicht ganz unvernünftig herausstellte.

Ein weiterer Beleg für die völlig konfus zusammengestellte Exegese der Beschneidung im Anne-Will-Talk war die mediale Zurschaustellung "Edler Wilder", wie Grüne und viele Linke die Zuwanderer in ihrer naiven Beglückungsperspektive sehen, also muslimische Mitbürger, die sich mehr oder weniger indifferent über ihre Beschneidungen äußerten, die weit nach (!) ihrem 8. Lebenstag vorgenommen waren, oft Jahre danach. Dass dann hier und da vereinzelte Traumata bestehen, lässt sich sicher nicht bestreiten. Das hängt aber vom Alter der beschnittenen muslimischen Befragten ab. Wären sie am 8. Lebenstag beschnitten worden (wie im Judentum), hätte sich mit Sicherheit keiner an dieses Ereignis erinnert.

An dieser Stelle frage ich mich: Warum wurde zu diesem Thema kein einziger der laut Putzke traumatisierten etwa 1.500 Juden, die ihm angeblich eine E-Mail geschrieben hatten, vor die Kamera gezerrt und bei Anne Will präsentiert? Billige Aufschneiderei also, mehr nicht. Wahrscheinlich hat Putzke seine Mails mittlerweile gelöscht….

Beinahe untergegangen in der Diskussion war die beiläufige Anmerkung des Gemeinde-Rabiners Yitshak Ehrenberg von der Synagoge in Berlin, dass der Welt durch Israel und die USA die meisten Nobelpreisträger geschenkt wurden - trotz Beschneidung. Oder vielleicht gerade deshalb?

Vorschlag:

Professor Holm Putzke sollte sich eine zusätzliche Vorhaut implantieren lassen, damit es wenigstens für den Aachener Friedenspreis, wo sich bisher so manche Antisemiten ein Stelldichein gaben, oder etwas Ähnliches in dieser lächerlichen Kategorie reicht; Seyran Ates sollte sich wieder auf das besinnen, was sie wirklich gut kann, nämlich ihre weibliche türkisch-atheistische Klientel verteidigen, und Angelika Kallwass auf ihre läppischen Psycho-Spielchen mit ausgeplauderten Indiskretionen und armseligen Exhibitionisten bei den kommerziellen Medien. Dass Kallwass vollkommen bescheuert ist, hat sie ja wieder einmal überzeugend demonstriert. Warum wird diese Psycho-Domina eigentlich immer wieder aufgetischt, und gibt es in der nach oben offenen Skala der Peinlichkeiten bei Einladungsorgien der Öffentlich-Rechtlichen denn keine Schamgrenze?

Was mir übrigens bei Frau Kallwass’ Äußerungen auch haften blieb:

Sie sagte in einem eigentümlichen Slang (siehe Video), dass ihr Großvater „auf gut deutsch“ vergast worden sei. Wenige Minuten später bemerkte sie aber, dass man das heutige Deutschland nicht für „damals“ verantwortlich machen könne. Zumindest problematisch, diese diffundierende Sprachregelung innerhalb weniger Minuten, oder nicht? Für mich würde sie als perfekte Alibi-Jüdin durchgehen, wenn sie denn Jüdin wäre. Falls nicht, wäre sie nur eine ganz billige Schwätzerin. Beides ist schon peinlich genug, um bei den Öffentlich-Rechtlichen als Gast eingeladen zu werden.

UPDATE, 19. Juli 2012


Eben habe ich einen Kommentar des PI-Herolds Michael Stürzenberger zum Thema gelesen. Dümmer, schlecht informierter und schlampiger kann man einen Kommentar nicht schreiben:

Er zieht seine (sonst teilweise durchaus berechtigte) Islam-Kritik an jüdischen Essentials auf und versucht so - wie erfolgreich im Leserfrum bei PI demonstriert - seine populistische Selbstdarstellung zu inszenieren. Schäbiger geht's kaum noch noch.

Mein Rat an den bekennenden Atheisten Michael Stürzenberger: Weniger Selbstdarstellung, viel Studium von Quellenmaterial und danach genaue Analyse!

UPDATE, 1. August 2012


Ich möchte meinen Kommentar zusätzlich mit zwei hervorragenden Beiträgen abstützen, die ich zum Thema gefunden habe. Die Lektüre lohnt sich.
“Besser früher als später“ von Peter Stephan Jungk (http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/besser_frueher_als_spaeter/)

Und:

“Das sagt der Anwalt: Erst einmal durchatmen“, von Nathan Gelbhart

http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/das_sagt_der_anwalt_erst_einmal_durchatmen/