Samstag, November 10, 2007

Köter mit hündischen Gedanken?


Als Heinrich Heine 1825 in Heiligenstadt die protestantische Taufe erhielt, erhoffte sich der religiös indifferente Dr. jur. in spe damit das "Entre Billet" zur europäischen Kultur und bessere wissenschaftliche Aufstiegschancen. Um diesen "Gesinnungswechsel" quasi zu dokumentieren schrieb er das Gedicht Prinzessin Sabbat, aus dem auch die Überschrift meines Beitrages stammt. Er musste aber die Erfahrung machen, dass er von seinen Mitbürgern trotz dieser deutlichen Anpassungsgeste weiterhin als Jude angesehen wurde - mit all den Mythen, Vorurteilen und Konsequenzen, die diesem Blick auf ihn und das Judentum schlechthin eigen sind.

Nahezu 200 Jahre später, während die Professoren Walt und Mearsheimer quer durch alle Kontinente tourend ihr antiisraelisches Machwerk Die Israel Lobby promoten - was trotz des medialen Zirkus, der im Vorfeld der Veröffentlichung veranstaltet wurde, eigentlich erstaunlich ist, rechnete man angesichts des Sujets wohl mit einem Selbstläufer - sind aus den Reihen der jüdischen Intellektuellen bislang nur wenige Stimmen zu hören, die der aggressiven antiisraelischen Propaganda Zählbares entgegensetzen. Warum diese selbst auferlegte Zurückha
ltung?

Eine dieser hörbaren Stimmen gehört Ruth Wisse, Professorin für vergleichende Literaturwissenschaften und Jiddisch an der Harvard University. In ihrem Aufsatz "Sind die Juden zu mächtig? Weit gefehlt!" setzt sie ein kräftiges „Nein“ gegen das von den Gegnern Israels gebetsmühlenartig wiederholte und verbreitete Märchen, „die Juden“ hätten schon seit der Antike und in den nahezu zwei Jahrtausenden der erzwungenen Diaspora seit der Zerstörung Roms eine zu einflussreiche Rolle in den Gesellschaften eingenommen, in denen sie lebten. Es war eben nicht so. Zu keiner Zeit.

Ruth Wisse (Abbildung, Archiv Harvard University) zeigt eine stringente Entwicklung auf, wie sie prägend für die jüdischen Gemeinschaften war: Zurückdrängung der eigenen Wünsche und Vorstellungen von Einflussnahme oder gar eines eigenen Staatswesens um den Preis einer erhofften Duldung und Verschonung. Dass diese Hoffnung nur allzu oft trog, dazu immer wieder von unendlich viel Leid begleitet war und in einem entsetzlichen Blutbad gipfelte, lässt Ruth Wisse zu dem berechtigten Schluss kommen, dass es für die Juden in den USA und überall sonst auf diesem Globus eher an der Zeit ist, ihre Stimme noch viel offensiver in eine neue Debatte einzubringen als dies der bisher Fall ist, und die von den Feinden Israels nach altem Denkmuster so antisemitisch gefärbt in der Wolle geführt wird wie eh und je. Ruth Wisses Beitrag in der Washington Post ist als Aufruf an die jüdischen Intellektuellen und Politiker (und natürlich an ihre Freunde) zu verstehen, Mythen zu enttarnen und Stärke zu zeigen. Castollux hat den Aufsatz übersetzt.


Sind die amerikanischen Juden zu mächtig? Weit gefehlt!

Ruth Wisse, 4. November 2007

Heute liegt es im Trend, raunend anzudeuten, dass die Juden Amerikas so unangemessen mächtig seien. Ob es die Politikwissenschaftler John J. Mearsheimer und Stephen M. Walt oder Ex-Präsident Jimmy Carter sind - jene, die die Juden von heute beschuldigen, übermäßigen Einfluss auszuüben, verstehen es genau falsch herum. In Wirklichkeit haben Juden zu wenig Macht und Einfluss. Sie haben auch zu wenig Selbstbewusstsein, um sich zu verteidigen.

Bedenken Sie ein grundlegendes Paradoxon: Selbst Antisemiten loben Juden dafür, außergewöhnliche große Intelligenz zu besitzen. Selbstgefällige Webseiten schätzen, dass an Juden, die etwa 0,2 Prozent der Weltbevölkerung stellen, mehr als 160 Nobelpreise verliehen wurden. Aber wenn Juden so pfiffig sind, warum entfallen dann auf 22 Staaten der Arabischen Liga ein Zehntel der globalen Landfläche, während die Israelis darum kämpfen, ein Land zu schützen, das 1/19 der Fläche Kaliforniens umfasst? Wenn die Juden so mächtig sind, warum zieht Israel zweimal so viele Investitionen in Risikokapitalanlagen an wie ganz Europa, obwohl es der einzige von 192 Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen ist, der des Rassismus aufgrund des Verbrechens seiner schieren Existenz beschuldigt wird? Nennt man so etwas Macht?

In der Tat gibt es eine historische Ursache, warum jüdische intellektuelle Errungenschaft mit politischer Schwäche einhergeht. Um es einfach zu sagen: Bedeutende jüdische Leistungen auf anderen Gebieten gingen zu Lasten politischer Macht, und die eigentümliche Beziehung zwischen Juden und Machtausübung hat sie zur Lieblingsbeute der Geschichte gemacht. Jahrhunderte des Überlebens in den Ländern anderer Völker hat Juden daran gehindert, volle Anerkennung zu erlangen und an die Schaltstellen der Regierung zu kommen. Einzelne Juden dürften sehr gut gelebt haben, aber das jüdische Volk als Ganzes wurde lediglich geduldet, in Sorge, diejenigen gegen sich aufzubringen, auf deren Toleranz sie angewiesen waren.

Diese Fragen sind für mich sehr wichtig. Ich wurde oft gefragt, wie ich, eine Dozentin für jiddische Literatur, dazu gekommen bin, über Politik zu schreiben. Aber erinnern Sie sich bitte daran, dass die jiddische Sprache, die von europäischen Juden über einen Zeitraum von annähernd tausend Jahren entwickelt worden war, praktisch zusammen mit ihnen in nur sechs Jahren, von 1939-45, ausgelöscht wurde. So konzentrierte ich mich beim Studium der jiddischen Literatur fast definitionsgemäß auf die politischen Unzulänglichkeiten der Juden.

Nachdem Jerusalem im Jahr 70 von Rom vernichtet wurde - so schrecklich, dass Berichten des Historikers Flavius Josephus zufolge „niemand, der den Fleck aufsucht, glaubt, dass er einmal bewohnt war“ - sind wenige Juden dort geblieben und die große Mehrheit ließ sich in fremden Ländern nieder. Über mehr als 18 Jahrhunderte haben Juden als eine Nation ohne die drei wichtigsten Klammern nationaler Einheit überlebt: Land, Zentralregierung und unabhängige Mittel zur Selbstverteidigung.

Stattdessen haben Juden Anpassungsstrategien gewählt. Sie versorgten ihre nichtjüdischen Nachbarn mit Waren und Dienstleistungen im Tausch gegen die Erlaubnis, im Land bleiben zu dürfen. So wurden sie Geldverleiher, Bankiers, Münzer, Handwerker, Hebammen - übten Berufe aus, die ihnen die Nichtjuden überlassen wollten und ihnen erlaubten, ihren Kalender, Bräuche und religiöse Riten zu behalten. Aber sie hatten keine Möglichkeit, ihre Errungenschaften zu schützen.

Anders als ihre christlichen und muslimischen Herren hatten Juden gute Gründe, Ärger mit jenen zu vermeiden, von denen sie Akzeptanz erhofften. Der deutsche Dichter Heinrich Heine, der die Konvertierung zum Christentum als seine „Eintrittskarte“ zur europäischer Kultur bezeichnet hatte, verglich das Judentum mit einem Prinz, der durch „schwarze Magie“ in einen Hund verwandelt wurde:

Einen Prinzen solchen Schicksals
singt mein Lied.
Er ist geheißen Israel.
Ihn hat verwandele Hexenspruch in einen Hund.

Köter mit hündischen Gedanken,
Kötert er die ganze Woche
Durch des Lebens Kot und Kehricht,
Gassenbuben zum Gespötte

Nur an den Freitagabenden, wenn sich der Sabbat in seinem eigenen Haus ankündigte, nähme der Köter wieder seine menschliche Gestalt an. Heine erkannte, dass die Demütigung der Juden durch ihre moralische Klarheit ausgeglichen wurde und ihre moralische Klarheit durch ihre akute politische Verletzbarkeit.

Nach der Gründung des Staates Israel im Mai 1948 - und kurz nach dem Blutbad des Holocaust - nahm man an, dass sich all dies ändern würde. Aber die neu formierte arabische Liga wandte sich gegen Israel und machte dies zum einzigen gemeinsamen Ziel einer sonst durch Zank geprägten Mitgliedschaft. Die neu geschaffene UNO, Tribüne des Auftretens der post-kolonialen Nationen, schützte Israel nicht vor dem Angriff, und im Laufe der Zeit wurde diese globale Institution Teil des Krieges gegen das jüdische Staatswesen.

Natürlich hat Israel jetzt eine Armee, und sogar eine großartige. Aber die IDF hat an den existenziellen Voraussetzungen der Juden als Minorität nichts ändern können.

Israel war nun eine Minderheit unter den Nationen, im Kampf mit den arabischen Staaten, die versuchten, es zu dominieren oder zu zerstören. Israel lebte weiterhin mit der Strategie des Entgegenkommens, versuchte, seine Nachbarn mit nützlichen Dienstleistungen und Gütern zu versorgen, wie zum Beispiel medizinischem, landwirtschaftlichem und technologischem Know-how. In den 1990er Jahren lobten Schwärmer wie Shimon Peres, heute Präsident Israels, einen neuen" Nahen Osten der wirtschaftlichen und politischen Zusammenarbeit aus. Als Peres und Israels verstorbener Ministerpräsident Yitzhak Rabin den Palästinenserführer Yasser Arafat als Oberhaupt eines palästinensischen Proto-Staates installierten, begannen sie mit einem anderen dem Untergang geweihten jüdischen politischen Experiment - und machten Israel, so weit ich das verstehe, zum ersten Land der Welt, das jemals seinen Feind bewaffnet hat, in der Hoffnung, dadurch Sicherheit zu erlangen.

Und was ist mit den amerikanischen Juden? Walt und Mearsheimer behaupten, dass eine jüdische Verschwörung die Nahost-Politik der USA diktiert, die israelischen Interessen dabei unterstützt und die der USA verletzt. Haben die amerikanischen Juden nun wirklich begonnen, sich effektiv zu mobilisieren und Israel zu schützen oder übertreiben die Leute wieder, was jüdischen Einfluss und die von ihm scheinbar ausgehende Gefahr betrifft?

Denken Sie an die altehrwürdigen Universitäten: Wo sonst könnte man erwarten, dass von Juden intellektuelle Feuerkraft zu sehen ist, die jüdische Interessen verteidigt? An der Columbia University nutzte der verstorbene Edward Said seine Autorität als Lehrkraft für vergleichende Literaturwissenschaft, um den Terror der Palästinenser schönzureden und arabische Gewalt gegen Israel stillschweigend zu dulden, darunter auch mit einem persönlichen Beispiel (Im Jahr 2000 ertappte ihn der Fotograf einer französischen Nachrichtenagentur, wie er im Südlibanon Steine gegen eine israelische Stellung schleuderte). Viele seiner jüdischen Kollegen sahen damals weg oder unterzeichneten seine Petitionen.

An anderen Hochschulen führen jüdische Professoren selbst die antiisraelische Front an. Und in der Tat sind Walt und Mearsheimer davon ausgegangen, dass jüdische Organisationen ihre Vorträge fördern und beschwerten sich über „Zensur“, wenn das Sponsoring ausfiel. Offenkundig bereitet nichts mehr Spaß - oder ist nichts einträglicher - als Juden zu ködern.

Dies ist jedoch nicht die ganze Geschichte. Amerikanische Juden haben aus der Erfahrung gelernt, und die Vereinigten Staaten haben ihren Reifeprozess begünstigt. Während der 1970er- und 1980er Jahre halfen die Juden, die vom biblischen Imperativ „die Gefangenen erretten“ inspiriert wurden, ihren unter sowjetischer Herrschaft lebenden und drangsalierten Glaubensgeschwistern, die Freiheit zu erlangen. Die jüdische Gemeinschaft in der Sowjetunion konnte teilweise an Boden gewinnen, weil ihre Ziele mit der Strategie Washingtons während des Kalten Krieges übereinstimmten, den Zusammenbruch des Kommunismus von innen herbeizuführen.

Ähnlich können die amerikanischen Juden, wie im Antiterrorkampf seit 9/11 aus anderen Übereinstimmungen der Interessen Zuversicht beziehen, diesmal, was die israelische und amerikanische Selbstverteidigung betrifft. Der arabische Krieg gegen Israel und der Krieg des radikalen Islam gegen die USA sind nahezu gleich ausgerichtet, was bedeutet, dass der Widerstand gegen das Eine den Widerstand gegen das Andere unterstützt. „Wir sind jetzt alle Juden“, sagte der ehemalige CIA-Direktor R. James Woolsey Jr. nach den Anschlägen vom September 2001. „Wir sollten uns der historischen Tatsache bewusst werden, dass der Rest von uns das nächste Ziel sein wird, wenn der Antisemitismus seinen Kopf erhebt, es sei denn, wir sind bereit, mit dem Fuß im Genick zu leben“. Seit den Tagen des Pharao waren Juden der Leitstern für religiöse und politische Freiheit: Die aggressiven Gegner der Juden bekämpfen diese Freiheiten und werden von ihren Verteidigern gefördert. Die Angreifer brachten Adolf Hitler und Josef Stalin hervor, dazu extrem nationalistische Parteien von Frankreich bis Polen, arabische Autokraten, die sich an ihre Macht klammern und radikale Muslime, die an die Macht kommen wollen. Diese Faustregel hat weniger mit jüdischen Aktionen zu tun als mit jenen, die in antijüdischer Politik begründet sind. Als kleines Volk, dessen Feinde darauf aus sind, ihre Darstellung gewaltig aufzublasen, geben die Juden einen praktischen Sündenbock für Diktatoren. In seinen August-Meetings, so das Hudson Institute, richtete der neu „aufgemotzte“. UN-Menschenrechtsrat drei Viertel seiner Anklagen gegen Israel - und ganze zwei Prozent gegen das brutale Regime in Birma.

Ich habe Verständnis dafür, wenn einige Juden und Israelis versuchen, diesem Angriff durch Assimilation oder Selbstverleugnung zu entkommen, oder sich sogar auf die Seiten ihrer Gegner schlagen. Es ist verführerisch, darauf zu hoffen, dass es uns erlaubt ist, in Frieden zu leben, wenn wir uns an unsere Feinde anpassen. Aber die Strategie der Anpassung, die historisch gesehen die Juden zu einer nicht verfehlbaren Zielscheibe machte, ist der am wenigsten geeignete Kurs, die andauernden Aggressionen gegen sie zu beenden. In der Tat wird antijüdische Politik nur aufhören, wenn jene, die sie praktizieren, demokratische Werte wie religiösen Pluralismus und politische Freiheit anerkennen - oder einen sehr hohen Preis dafür bezahlen, wenn sie sich darüber hinwegsetzen.

Ruth Wisse ist Professorin für vergleichende Literatur und Jiddisch an der Harvard University. Ihr neuestes Buch trägt den Titel Juden und Macht.

Hat tip: HonestReporting, Lizas Welt, Heplev

Sonntag, November 04, 2007

Money for Nothing


Oder wie die Friedrich-Ebert-Stiftung in Nahost mit Steuermitteln antiisraelische Propaganda unterstützt


Nun wissen wir seit etlichen Wochen, dass die
"sinistre" Israel-Lobby in den USA angeblich alle außenpolitischen Entscheidungen zugunsten Israels beeinflusst und jeden zum Schweigen bringt, der darüber kritisch berichtet.

Schwamm drüber und abgehakt. Unsinn wird durch stetige Wiederholung auch nicht wahr. Aber wie verhält es sich eigentlich mit Organisationen, also auch Lobbyisten, die die Palästinenser und Araber seit etlichen Jahren unterstützen? Und dies aus öffentlich finanzierten Mitteln, also Steuergeldern? Die Friedrich-Ebert-Stiftung, im Folgenden kurz FES genannt (Im Bild die Zentrale der FES in Bonn), hat glänzende Verbindungen zu Nichtregierungsorganisationen (NGOs) in der PA, in Israel, den arabischen Staaten und führt ins Feld, dass ihr Israel sehr am Herzen liege.

"Führt ins Feld... ". Liegt ihr das Wohl Israels und ein gerechter Interessenausgleich zwischen Israel und den Palästinensern wirklich am Herzen? Wenn man sich die Aktivitäten dieser ehrenwerten Gesellschaft und SPD-Stiftung ein wenig näher ansieht, kommt man leider zu anderen Ergebnissen.

NGO Monitor, kritischer Beobachter des politischen und finanziellen Gebarens (nicht nur) der FES, was die Vergabe finanzieller Mittel und deren Verwendung betrifft, hat dieser Organisation etwas genauer auf die Finger geschaut und dabei einige Ungereimtheiten festgestellt. Es stellte deshalb kritische Fragen an die FES, die unseres Erachtens nicht sehr zufriedenstellend beantwortet wurden. Im Folgenden wird auf die Entstehung und den Fortgang des Dialogs zwischen NGO Monitor und der FES Bezug genommen.

Castollux
hat den Dialog vollständig übersetzt. Der Beitrag wird in den nächsten Tagen mit dem Newsletter von Honestly Concerned verschickt und auf der Webseite dort eingestellt. Die Formatierungen sind dem Original angepasst, nicht fett kursiv wie im Original, sondern nur kursiv. Dies zur Orientierung vorweg.


NGO Monitor: Dialog mit der Friedrich-Ebert-Stiftung

Hintergrund

Im Juli 2007 veröffentlichte NGO Monitor einen detaillierten Bericht über die Aktivitäten der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES), bezogen auf den arabisch-israelischen Konflikt. Der Bericht kam zu dem Ergebnis, dass, während viele Aktivitäten der FES sich im Einklang mit ihrem erklärten Mandat „mittels seines Beitrags auf die Verwirklichung eines Friedensabkommen zwischen Israel und den Palästinensern hinzuwirken“, befinden, es sich bei anderen Projekten um die Finanzierung oder Partnerschaft mit politisierten NGOs handelt, die ihre Aktivitäten mehr auf ideologische Angriffe gegen Israel fokussieren, statt auf Frieden, verantwortungsvolle Regierungsführung und Entwicklung.

Nach der Veröffentlichung des FES-Berichtes schrieb Jörg Haller, Journalist und deutscher Staatsangehöriger, an die FES und ersuchte um eine offizielle Antwort auf die Ergebnisse von NGO Monitor (NGO Monitor seinerseits bekam auf seine Anfragen von FES oder deren Büros in Jerusalem, Herziliyah und Ramallah keine Antwort). Eine formelle Erwiderung auf Herrn Haller kam von Dr. Andrä Gärber, Direktor des Referats für den Nahen/Mittleren Osten und Nordafrika in der Abteilung Internationale Entwicklungszusammenarbeit der FES.

(Die deutsche Korrespondenz, mit englischer Übersetzung, kann hier nachgelesen werden).

Zusammenfassung der Standpunkte von NGO Monitor in der Antwort auf die FES

- NGO Monitor begrüßt die Entscheidung der FES, die Partnerschaft mit SHAML, einer radikal anti-israelischen NGO, die Boykottmaßnahmen, Desinvestition und das ’Recht der Rückkehr‘ unterstützt, zu beenden.

- Die FES bleibt die Antwort auf NGO Monitors Kritik an seiner Partnerschaft mit dem Health Development Information and Policy Institute (HDIP) schuldig, das bevorzugt, statt interner Entwicklung demokratischer Normen von außen fokussierte Angriffe auf Israel zu fördern.

- Die FES bietet eine völlig unzulängliche Antwort auf NGO Monitors Befund, dass Ian Guest - Kopf des Projekts für Nachhaltigkeit, einer Organisation mit einer vorwiegend antiisraelischen Agenda und ideologischer Ausrichtung - eine völlig ungeeignete Wahl war, einen objektiven FES-Bericht zur humanitären Lage im Westjordanland zu erstellen.

- Die FES bleibt die Antwort auf NGO Monitors Kritik zu ihrer Partnerschaft mit der radikalen NGO Mossawa schuldig, einer der bedeutendsten israelisch-arabischen NGOs, die an der politischen Dämonisierung Israels beteiligt ist.

- Die FES will nicht erklären, wie sich ihre Mitwirkung bei der NGO Gisha mit dem FES-Mandat vereinbaren lässt: Gisha, so berichtet NGO Monitor, verwendet in ihren Veröffentlichungen Apartheid-Rhetorik und bagatellisiert in augenfälliger Weise den Kontext des Terrors, während sie pauschal Israels Aktionen zur Selbstverteidigung verurteilt.

- Die Antwort ignoriert NGO Monitors Kritik an einer von der FES finanzierten und zusammen mit der "Forschungsabteilung" der Hisbollah organisierten Konferenz in Beirut 2004, auf der Vertreter von Hisbollah und Hamas sprachen.

- NGO Monitor erwartet ein öffentliches Bekenntnis zur Ungehörigkeit solcher Aktivität und fordert mehr Transparenz sowie klare Kriterien, um eine nochmalige Finanzierung von Gruppen wie SHAML zu vermeiden.

- Partnerschaften und Finanzierungen von NGOs wie zum Beispiel SHAML, HDIP, MOSSAWA und Gisha, deren antiisraelische Agenda das FES-Mandat eindeutig verletzt, verlangen eine gänzlich unterschiedliche Form der Erwiderung.

NGO Monitor bittet Dr. Andrä Gärber, Direktor des Referats Naher Osten und Nordafrika der FES, sowie die Vorsitzende der FES, Anke Fuchs, die Finanzierung dieser NGOs einzustellen und Richtlinien festzulegen, die solch unangemessene Finanzierung und Partnerschaften in Zukunft verhindern.

NGO Monitors detaillierte Erwiderung

In seiner Erwiderung im Auftrag von FES beginnt Dr. Gärber damit, dass die FES sowohl mit israelischen als auch palästinensischen Gruppen in verschiedenen Partnerprojekten zusammenarbeitet und es daher, „überhaupt nicht gerechtfertigt ist, der FES Einseitigkeit vorzuwerfen.“ Jedoch stehen einige spezifische Partnerschaften mit Gruppen zur Debatte, deren Tätigkeiten das vorgegebene Mandat der FES durch ihre antiisraelische Ideologie und Agenda verletzen. Die Verteidigung der FES, mit Gruppen ‚auf beiden Seiten‘ zusammenzuarbeiten, ist eine unzulängliche Antwort. Zusätzlich ändert der Fakt, dass bestimmte Partner-NGOs neben ihren hauptsächlich antiisraelischen Aktivitäten mit friedlichen Gemeinschaftsprojekten beschäftigt sind, nichts an der Tatsache, dass Geld austauschbar ist. Die FES stellt Summen frei, die für andere Projekte verwendet werden und liefert die Legitimität einer etablierten europäischen Geberkommission.

Wie die Webseite der FES anführt, ist die FES „als operative Stiftung aufgestellt“, die aufgrund ihrer Satzung, „außerstande ist, externe Projekte ohne direkte Beteiligung der Stiftung zu finanzieren.“ In ihrer Antwort auf den Bericht von NGO Monitor beschreibt FES diese Beteiligung in 6 Abschnitten. Im Interesse der Klarheit werden wir hier Abschnitt für Abschnitt beantworten - die Erwiderung der FES kursiv gedruckt.

1. Palestinian Diaspora and Refugee Center (SHAML)

„Das erwähnte Projekt 'Cine Club' zielte darauf ab, eine Diskussion über das Flüchtlingsproblem der Palästinenser zu ermöglichen und Optionen für eine Lösung des Problems auf der Basis der Resolution 194 der Vollversammlung der Vereinten Nationen ebenso aufzuzeigen wie auf dem Hintergrund der abschließenden israelisch-palästinensischen Verhandlungen. Ferner war die Diskussion nicht ausschließlich darauf beschränkt, das Flüchtlingsproblem der Palästinenser zu erörtern, sondern suchte nach Vergleichen mit anderen Gebieten und Ländern, um nach pragmatischen Alternativen Ausschau zu halten und klar zu machen, dass das Flüchtlingsproblem der Palästinenser nicht einzigartig ist. Die Darstellung unterschiedlicher Positionen ist inhärenter Bestandteil der FES-Arbeit, da nur durch den Austausch teilweise strittiger Meinungen eine fruchtbare Diskussion entstehen sowie eine annehmbare Lösung für alle Seiten gefunden werden kann. Die Zusammenarbeit zwischen der FES Jerusalem und SHAML wurde mit dem Abschluss dieses spezifischen Projekts im Frühjahr 2006 beendet.“

NGO Monitor begrüßt die Beendigung der FES-Beziehung zu SHAML, einer NGO, die einen einseitigen antiisraelischen Standpunkt verkündet, palästinensische Ansprüche auf „Rückkehrrecht“ fördert (die eine Hauptbarriere zur Realisierung einer Zweistaaten-Lösung bildet), und Unterzeichner des Aufrufs für einen umfassenden akademischen Boykott Apartheid-Israels ist. SHAMLs Standpunkt lehnt das Existensrecht Israels ab, was sie für das Ziel der FES untauglich macht, eine „fruchtbare Diskussion …zu führen, [damit] eine annehmbare Lösung für alle Seiten gefunden werden kann.“

2. Health Development Information and Policy Institute (HDIP)

„FES Jerusalem hat in den letzten Jahren erfolgreich mit HDIP zusammengearbeitet. Die NGO wurde von Dr. Mustafa Barghouthie gegründet und wurde lange Zeit von ihm geleitet, und sie basiert auf Dr. Barghouties Vorstellungen, wie zum Beispiel Demokratie, Pluralismus und Chancengleichheit. Dr. Barghoutie steht als Arzt und Menschenrechtaktivist für eine gewaltfreie Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts und sucht immer nach Wegen, zwischen den Parteien zu vermitteln, die im Machtkampf innerpalästinensischer Politik versunken sind. Die Zusammenarbeit zwischen FES Jerusalem und HDIP betont die Förderung der Demokratie unter den jungen Menschen“.

Diese Erwiderung betrifft die spezifischen Ergebnisse des Berichts von NGO Monitor. Wie wir anmerkten wirbt die HDIP für einen umfassenden Boykott gegen Israel und spielt auf Israels Sicherheitszaun als „Apartheidmauer“ an. In ihren Veröffentlichungen und über ihre Website „Palestine Monitor“ verbreitet HDIP radikales antiisraelisches politisches Material und beschuldigt Israel der ethnischen Säuberung.“ Statt innere Entwicklungen demokratischer Normen zu fördern verleiten solche Tätigkeiten die Palästinenser zu äußerlich fokussierten Angriffen auf Israel.

3. NGO Monitor-Analyse zum FES- Forschungsbericht, „Menschenrechte in den besetzten palästinensischen Gebieten verteidigen - Herausforderungen und Möglichkeiten“

„Das Diskussionspapier (Green Paper), verfasst von Ian Guest unter dem Titel "Menschenrechte in den besetzten palästinensischen Gebieten verteidigen - Herausforderungen und Möglichkeiten“ wurde von FES Jerusalem in Auftrag gegeben, um einen Ausblick über die Arbeit der palästinensischen und internationalen Menschenrechtsorganisationen im Westjordanland zu bekommen und die Bedeutung der Ergebnisse für die zukünftige Arbeit der FES zu bedenken. FES Jerusalem ist nicht für alle Aussagen der Studie verantwortlich, teilt jedoch die Empfehlungen der Untersuchung. Der Autor Ian Guest ist Gastprofessor an der namhaften Georgetown University in Washington D.C. und lehrt Menschenrechte in den internationalen Beziehungen an der dortigen Schule des diplomatischen Dienstes. Die Betonung der Studie lag auf dem Zusammenwirken (Funktionieren) der verschiedenen NGOs, den Ergebnissen und zukünftige Aussichten, ihre Arbeit zu optimieren“.

Wieder einmal bleibt die FES eine Antwort auf die spezifischen Beanstandungen des Berichts von NGO Monitor schuldig. Wie wir anmerkten, ist Ian Guest Gründer und Geschäftsführer des The Advocacy Project, einer in Washington DC ansässigen NGO mit überwiegend antiisraelischer Propaganda und ideologisch ausgerichtet. Daher ist er völlig unpassend, einen ausgewogenen Bericht über Menschenrechte in den palästinensischen Gebieten zu schreiben. Wie NGO Monitor in seiner Analyse anmerkt, verlässt sich der Bericht Guests auf Diskussionen mit Mitgliedern einiger antiisraelischer NGOs, darunter Shawan Jabarin, Generaldirektor von Al-Haq, der von israelischen Gerichten wegen seiner aktiven Rolle in der Popular Front for the Liberation of Palestine (PFLP) verurteilt wurde. Und unter den Empfehlungen Guests, die FES „teilt“, findet sich der Vorschlag „Allianzen mit Verteidiger-Gemeinschaften vor Ort zu entwickeln", einschließlich radikaler NGOs wie Al-Haq. Der Bericht ist sehr politisierend und weist Israel die Schuld für die humanitäre Lage zu, während er die Verantwortung der palästinensischen Terrorgruppen bagatellisiert

Das Versäumnis der FES besteht darin, diese wichtigen Kritiken nicht anzusprechen und sie einzig auf die Tatsache vertraut, dass Guest an der Georgetown University lehrt - als Verteidigungshaltung für ihre Zusammenarbeit mit einem Forscher von fragwürdigem Charakter.

4. Center on Housing Rights and Evictions (COHRE)

„Hier ist der Bezug zu FES überhaupt nicht klar. Weder FES Jerusalem noch FES Herziliya bilden mit dieser Organisation eine Arbeitsgemeinschaft“.

Die FES bestreitet nicht, dass sie in der Vergangenheit COHRE-Projekte finanziert hat. Aber der Bericht von NGO Monitor hätte eindeutiger ausfallen können. COHREs spezifische Aktivitäten, die NGO Monitor aufführt, einschließlich seiner Zusammenarbeit mit der radikalen antiisraelischen NGO BADIL sowie die Unterstützung der Boykottmaßnahmen gegen Israel und dessen Beschuldigung der „ethnischen Säuberung“, wurde zwar nicht in Zusammenarbeit mit der FES vorangetrieben. Dennoch ist wie bei allen NGOs das Geld, das COHRE von Spendern empfängt, austauschbar, und es liegt weiter in der Verantwortung der FES, ihrem erklärten Mandat gerecht zu werden und es abzulehnen, mit einer Gruppe zusammenzuarbeiten, die aktiv antiisraelische Sichtweisen und Standpunkte fördert.

5. Mossawa

„Die israelische NGO ‚The Mossawa Center‘ hat die Verbesserung des sozialen, wirtschaftlichen und politischen Status der arabischen Israelis zum Ziel. Mossawa hat sich hauptsächlich auf die Beratung anderer NGOs sowie örtlicher Verwaltungen und Knesset-Abgeordnete spezialisiert. Mossawa ist seit Jahren eine der Partnerorganisationen von FES Israel und eine der etablierten NGOs in Israel. In Zusammenarbeit mit FES Israel hat Mossawa viele Jahre das Projekt „Nachhaltige Entwicklung in Befürwortung für arabische Kommunalräte und NGOs“ durchgeführt. Im Jahr 2006 berieten Mossawa-Vertreter sowohl die Bildungsministerin Yuli Tamir wie auch Mitarbeiter des Ministerpräsidenten Ehud Olmert.“

Mossawa (wie NGO Monitor dokumentierte) hat sich als eine der größten israelisch-arabischen NGOs herausgebildet, die in die politische Dämonisierung Israels verwickelt war, pauschale Rassismusbeschuldigungen erhebt und aktiv gegen das Staatsbürgerschaftsgesetz agierte. Ihre Berichte an UN-Komitees entfernen oder minimieren oft den Kontext des Terrorismus, um israelische Sicherheitsmaßnahmen zu verurteilen und juristische Argumente zur Untergrabung des Staates zu fördern. Das FES-Projekt finanziert Mossawa für die „Nachhaltige Entwicklung“, doch Mossawas Nachhaltigkeit konzentriert sich auf die Unterminierung des Existenzrechts Israels statt arabische Bürger zu echtem Dialog zu befähigen.

6. Gisha

„Die Grundlagen des Engagements dieser 2005 gegründeten NGO sind das Völkerrecht und die israelische Gesetzgebung. Unter den Mitgliedern des Vorstandes von „Gisha“ befinden sich verschiedene Professoren der Universität Tel Aviv und der Hebräischen Universität. Der Schwerpunkt der Arbeit von Gisha liegt auf dem Bewegungsspielraum der Einwohner des Gazastreifens nach dem einseitigen israelischen Rückzug im Sommer 2005. Eine kritische Auswertung der Lage vor Ort kann man auch in einer im Januar 2007 herausgegebenen Broschüre nachlesen. Diese Publikation, die auch von ‚NGO Monitor‘ erwähnt wird, war die erste Zusammenarbeit zwischen FES Israel und „Gisha“.

NGO Monitor begrüßt weitere Details zur Beziehung der FES mit Gisha. Wieder aber stellen wir fest, dass das Produkt der FES-Beteiligung ein sehr fehlerhafter Bericht war - Unbeschäftigte Besatzer“, der wiederholt die Apartheid-Rhetorik benutzt. Der Bericht versäumt, die andauernden Terrorsalven von Kassam-Raketen zu erwähnen, wenn er die Situation in Gaza anspricht, und spielt im Allgemeinen den Kontext des Terrors herunter, indem er eine pauschale Verurteilung israelischer Verteidigungsmaßnahmen gegen die Angriffe vornimmt.

NGO Monitor begrüßt den Dialog mit FES, bittet aber Dr. Gärber dringend, zu erkennen, dass viele NGOs, die von seiner Organisation unterstützt werden, politische Standpunkte fördern, die den Finanzierungszielen der FES zuwiderlaufen. Finanzielle Hilfen für diese Organisationen sollten eingestellt sowie klare und transparente Kriterien eingerichtet werden, damit sich wiederholende Fehler vermieden werden, die im Bericht von NGO Monitor aufgedeckt wurden.

Hattip: Sacha Stawski, Honestly Concerned, Heplev