Ereilt die UN-Nachfolgevariante* der rassistisch motivierten Konferenz aus dem Jahr 2001 im südafrikanischen Durban das gleiche Schicksal wie ihre Vorgängerin? Womöglich. Denn die EU-Mitgliedstaaten müssen die rote Linie verteidigen, die von Frankreich, Großbritannien und den Niederlanden gezogen wurde. Oder besser gesagt „müssten“ - denn bis April 2009 fließt noch viel Wasser aus der Rhône in den Genfer See und der Gebrauch des unverbindlichen Konjunktivs entspricht, wie wir wissen, der meist gepflegten Konversationsform europäischer Diplomatie.
Was ging bei Durban I in die Hose? Eigentlich alles. Zunächst wurden trotz universell ausgerichteter Tagesordnung und Intention Zugeständnisse an die 118 blockfreien Staaten gemacht, die heute mehr als damals von den islamischen Vertretern in ihren Reihen dominiert werden.
Sklaverei war eine Schande und ist es auch heute noch. Während die Blockstaaten, und mit ihnen die islamischen Länder, allein den Sklavenhandel der transatlantischen Staaten vergangener Jahrhunderte anprangerten (an dem übrigens islamische Despoten als Zulieferer kräftig verdienten) und das moderne arabische Äquivalent und andere Formen der Ausbeutung und Versklavung vollkommen ignorierten, war die Konferenz 2001 überwiegend damit beschäftigt, Punkte zu sammeln statt sich um Menschenrechtsfragen zu kümmern.
Also fiel die Verurteilung des westeuropäischen Kolonialismus dementsprechend einseitig aus und die Erwähnung anderer kolonialer Verbrechen in der neueren Vergangenheit unterblieb weitestgehend - sei es der russische Kolonialismus in der Ukraine, in Armenien und den baltischen Staaten oder die fortgesetzte Unterdrückung Tibets durch China.
Zu allem Übel rissen auch noch antiisraelische Kräfte, damals angeführt vom Iran und einem gewissen Yasser Arafat höchstpersönlich, die komplette Agenda an sich.
Damals wie heute lief es ähnlich ab. Ein halbes Jahr vor Durban I - bei einem Vorbereitungstreffen asiatischer Staaten in Teheran - spielte die aus 57 Mitgliedern bestehende Organization of the Islamic Conference (OIC) die Vorreiterrolle, als es galt, Israel auszuschließen, weil es „ethnische Säuberungen durchführte“ und eine „neue Form der Apartheid praktizierte“, also schlicht ein „Verbrechen gegen die Menschheit beging“. Nur internationale Intervention bewirkte damals, dass die Abschlusserklärung nicht in einem Desaster endete.
Ungeachtet dessen wurden jedoch Passagen wie „Not des palästinensischen Volkes unter fremder Besatzung“ oder das „Recht der Flüchtlinge, in freier Entscheidung in ihre Heimat zurückzukehren“, in die Erklärung übernommen. Die US-Delegation machte dieses billige Spielchen erst gar nicht mit und der kanadische Tagungsdelegierte erklärte am Ende der Konferenz, dass Kanada nur noch vertreten sei, weil seine Gegenstimme gebraucht werde, wenn man diese Konferenz dazu missbrauchen sollte, den Staat Israel zu delegitimieren.
Einen besonders hässlichen Part spielten bei dieser Konferenz die Nichtregierungsorganisationen (Hier wird die „Arbeitsweise“ einiger Kandidaten, die in Nahost eine besonders umstrittene Position vertreten, etwas näher beschrieben).
Antisemitische Karikaturen, bei denen Goebbels und Streicher Pate hätten stehen können, zirkulierten frei unter den Tagungsteilnehmern und der versammelten Presse. Jüdische Aktivisten wurden belästigt und beschimpft. Die NGO-Schlusserklärung verdammte Israel als „rassistischen Apartheidstaat“, der sich eines „Genozids“ schuldig gemacht habe.
Der Text war so widerwärtig, dass selbst die für ihre konsequente Appeasementhaltung gegenüber den antiisraelischen Fraktionen bekannte Mary Robinson, damals Hochkommissarin für Menschenrechte bei den Vereinten Nationen, sich weigerte, die Erklärung zuzulassen.
Der mittlerweile verstorbene amerikanische Kongressabgeordnete für die Demokraten und US-Delegierte Tom Lantos aus Kalifornien hatte für diese Farce nur dieses vernichtende Urteil übrig: „Das hier war das widerwärtigste und offenkundigste Beispiel von Hass gegenüber Juden seit den Nazis“.
Wird Durban II das gleiche Schicksal widerfahren wie ihrer Vorgängerin?
Manche glauben, dass es sich nicht vermeiden lässt. Ist das untertrieben? Kanada hat jetzt schon seine Teilnahme abgesagt. Die USA und Israel werden ebenfalls fernbleiben, außer es geschieht noch ein Wunder und 5 vor 12 stellt sich heraus, dass Durban II nicht wieder eine Plattform für antisemitischen Hass bieten wird.
Also bleibt noch die wie immer vor Unerschrockenheit und Entschlossenheit nur so strotzende EU.
Ein Beispiel für „gnadenlose Courage“ zeigte sie mehr oder weniger deutlich, als am 23. Juni während einer Sitzung des Menschenrechtsrats Pakistan, Ägypten und andere islamische Staaten indirekt mit ihrer Forderung durchkamen, das Mandat so zu verändern, dass die Erwähnung der Scharia im Zusammenhang mit Menschenrechtsverstößen in der islamischen Welt als „Verunglimpfung der Religionen“ zu betrachten sei.
Dieser Tag kann als Begräbnis erster Klasse für das Vorhaben der EU gewertet werden, die Scharia als (Mit-) Ursache für Menschenrechtsverstöße in islamischen Ländern zu brandmarken, denn, so der rumänische Ratspräsident Doru Romulus Costea damals barsch gegenüber dem Delegierten David Littman, der eben diese Missstände deutlich ansprach:
„Erklärungen dürfen keine Beurteilungen oder Bewertungen von Religionen enthalten“, und weiter: „Ich garantiere Ihnen, dass beim nächsten Versuch jedes Redners, eine Religion, ein religiöses Gesetz oder Schriftstück zu beurteilen, ich ihm die Redeerlaubnis entziehen werde“.
Die EU blieb weiterhin stets ambivalent, wenn es galt, energisch und eindeutig auf die wiederholten Versuche, Israel in den Schmutz zu ziehen, zu reagieren. Lediglich Frankreich und andere führende EU-Staaten erklärten, dass sie unfaire Attacken auf Israel nicht hinnehmen werden, so das großherzige Versprechen Nicolas Sarkozys im Februar dieses Jahres, denn “Die Durban-Konferenz 2001 hat zu nicht hinnehmbaren Exzessen mehrerer Staaten und NGO’s geführt, was sie zu einem Forum gegen Israel werden ließ“, - und er legte tapfer nach: „Frankreich wird das kein zweites Mal zulassen“. Ähnlich unmissverständlich äußerten sich Jim Murphy, britischer Staatsminister für Europa, und der niederländische Außenminister Maxime Verhagen.
Die Enttäuschung
…ließ jedoch nicht lange auf sich warten: Als die UNO am 27. Mai ein Blueprint für Durban II veröffentlicht hatte, wurde Israel wieder an exponierter Stelle erwähnt. Und kein europäischer Staat erhob laut und deutlich Einspruch.
Die in einer im April 2009 zu erwartenden Erklärung enthaltenen Themen und Beschlüsse bestätigen, dass Libyen und der Iran (!), Mitglieder im Planungsausschuss für die Konferenz, wieder einmal den jüdischen Staat anvisiert haben. Zuerst „verweist“ der Entwurf mit dem Titel „Opfer von Rassismus“ ganz explizit auf „das Leid der Palästinenser“.
Anschließend wird unter dem Punkt „zeitgenössische Formen des Rassismus in verschiedenen Ländern“, Israel vom Iran „ertappt“. Der Iran hält den stellvertretenden Vorsitz des Organisationsbüros für die Konferenz. Welch ein Hohn!
Man könnte fast glauben, der Zug Richtung Durban II sei längst abgefahren. Warum ist die EU nicht in der Lage, die von Frankreich, Großbritannien und den Niederlanden festgelegten Prinzipien zu verteidigen? Alle, die der neuen Konferenz eine echte Chance geben wollen, dass Intoleranz bekämpft wird, sollten wissen, dass Durban II kein zweites Durban I-Debakel werden darf.
Oder will jemand ein Durban III unter den gleichen Vorzeichen?
*NGO Monitor bietet eine sehr gute Termin- und Themenübersicht sowie etliche nützliche Detailinformationen und entsprechende Literatur. Bis zur Konferenz im April 2009 werden Sie immer mit aktuellen Informationen versorgt.