Ausgerechnet er wird von Rechten als „Kronzeuge“ gegen Ausländer angeführt
Im Bild links Heinrich Heine mit seiner letzten Liebe Mouche (Elise Krinitz) Copyright: akg
Wenn tumbe Nationalisten über Fußball reden, kann es schon vorkommen - wie auch sonst nicht allzu selten -, dass sie ganz weit vom Thema abweichen und sich dem Sujet Kultur widmen, von dem sie in der Regel „Limes gegen Null“ verstehen, um in der Sprache der Integralrechnung zu sprechen. So geschehen im Forum des bekanntesten deutschnationalen Blogs (Namen brauche ich wohl nicht zu erwähnen, oder?), der zum Spiel Kroatien-Türkei ein Diskussionsforum anbot.
Dass die Zahl der Beiträge immer dann sprunghaft in die Höhe schnellt, wenn es gegen „Die Ausländer“ per se geht, meistens aber die Türken, versteht sich von selbst. Wie es dann in der Ausländer- und Judenbewertungsskala weiter gehandhabt wird können Sie sich wahrscheinlich ausmalen bzw. in den "Kommentaren" nachlesen. Dabei gibt es auch die einen oder anderen Schmankerl zu bestaunen - nein, diesmal nicht gespielte Empörung und fast schon zur Gewohnheit gewordene Paranoia, wenn den Öffentlich-Rechtlichen ein idiotischer Lapsus bei der grafischen Darstellung der Deutschlandfahne unterläuft. Ich denke an Redebeiträge im Forum, die von der Blog-Redaktion schlicht ausgeblendet oder ignoriert werden, und bei denen es sich weit mehr lohnt, einmal genauer hinzusehen.
So meint z.B. ein Leser mit dem Pseudonym 1Eternia, ein "Zitat Heinrich Heines" in die Manege werfen zu müssen und so den Eindruck zu erwecken, ausgerechnet (!) Heine habe sich für Fremdenfeindlichkeit ausgesprochen. Perfides Spielchen mit der Dummheit anderer Leser, meinen Sie nicht auch?
Hier geht’s zum Tatort. Orthografie unverändert:
#156 1Eternia
"Türken, Inder, Hottentotten sind willkommen alle drei,
wenn sie leben, lieben, lachen, fern von hier - in der Türkei.
Wenn sie aber scharenweise, wie die Maden in dem Speck,
über unser Land herfallen, ist die Sympathie bald weg!"
(Zitat von Heinrich Heine)
Da ich Heinrich Heines Werk und Biografie ein wenig kenne und ihn verehre, war ich doch überrascht, so etwas zu lesen. Also machte ich mich daran, Informationen zu sammeln. Was lag also näher, als bei der Heinrich-Heine-Gesellschaft in Düsseldorf nachzufragen, einer Institution, die alle Fragen zu Heinrich Heine quasi im Schlaf beantworten könnte. Fehlanzeige.
Natürlich fallen auch sonst auf Anhieb Ungereimtheiten auf: Zu Heines Zeiten gab es keine Türkei, Jürgen Rüttgers unsäglich dämliche Phrase „Kinder statt Inder“ aus dem Jahr 2000 könnte sich höchstens mittels Zeitmaschine bis Heinrich Heine herum gesprochen haben; Hottentotten kannte Heine auch nicht, er wusste sicher auch nichts vom Gemetzel, das Wilhelm II’s Truppen unter ihnen im heutigen Namibia (Zu seligen Kolonialzeiten Deutsch-Südwestafrika) angerichtet hatte. Auch da hätte er H.G. Wells Zeitmaschine ankurbeln müssen. Und zu guter Letzt - warum sollten Inder und Hottentotten in einer Türkei, die es so nicht gab, Wohnsitz nehmen?
Auch wenn man sich bei Hardcore-Überzeugungstätern und Ultrarechten wie Altermedia umsieht, erfährt man, dass der oben aufgeführte Vierzeiler nicht von Heine stammen kann. Die rechtsextreme Rasselbande kann sich allerdings nicht verkneifen, nebenbei einen Seitenhieb gegen Heines Gedicht "Himmelfahrt" zu führen. Wer das Gedicht im Ganzen liest wird schnell dahinter kommen, dass es eine ganz andere Diktion hat als das oben von 1Eternia angeführte und mit Rassismus nichts zu tun hat.
Konsequentes Recherchieren führt zu Hinweisen, die Licht in die schmutzige Kampagne dieses Pseudonyms 1Eternia bringen.
Wie mir die Heinrich-Heine-Gesellschaft bestätigte, handelt es sich bei dem Vierzeiler um eine Fälschung. Das Institut war damit schon öfter konfrontiert worden.
Hinweis zum Schluss: Der oben erwähnte „Gottfried Eibe“ verehrt auf seiner Webseite Theodor Körner, den „Godfather“ vieler Rechtsextremisten, (Ex-) DDR-Soldaten (Ja, das passt tatsächlich zusammen, auch wenn Sie es vielleicht nicht glauben) und Stichwortgeber für Joseph Goebbels. Von Körner stammt (fast wortwörtlich) das dröhnende "Nun, Volk steh auf und Sturm brich los!" aus der berüchtigten "Sportpalastrede" Goebbels am 18. Februar 1943 vor Tausenden Zuhörern in Berlin. Alles nur Zufall?
*Aktivitäten zwar mittlerweile eingestellt, aber ein neues Bündnis sicher schon geschmiedet.