Störenfriede gesucht
IRAN - Der Westen lässt die Opposition im Stich, kritisiert "Verratene Freiheit"
Im Iran werden Homosexuelle, Drogendealer, Minderjährige, Regimegegner und andere Störenfriede öffentlich gehängt, das ist bekannt. Dass es auch in Qom, dem religiösen Zentrum der iranischen Schia, ein Gefängnis gibt, in dem derzeit etwa 1.500 Geistliche einsitzen, schon weniger.
Nicht nur für die Grüne Bewegung, auch für schiitische Gelehrte gibt es im Iran kein Recht auf freie Meinungsäußerung. Wer der staatlichen Linie widerspricht, ist ein Verräter. So wurde Ajatollah Sane'i, einer der angesehensten Autoritäten des schiitischen Islam, im Januar vom Regime geächtet, weil er Frauen die Gleichberechtigung nicht per se abspricht, Selbstmordattentate für einen "terroristischen Akt" und Nuklearwaffen für unvereinbar mit dem Islam hält und sich auf die Seite jener stellt, die der Regierung Wahlfälschung vorwerfen.
Von all dem berichtet Ajatollah Dr. Mehdi Haeri Khorshidi im Interview mit Oliver M. Piecha, einem der Herausgeber des Buchs "Verratene Freiheit. Der Aufstand im Iran und die Antwort des Westens". Khorshidi, iranischer Jurist und Theologe, saß fünf Jahre in iranischen Gefängnissen, unter anderem weil er die Trennung von Staat und Politik forderte. 1986 floh er nach Deutschland, doch als Innenminister Otto Schily ihm sagte, dass es nicht ausreichend Polizisten gebe, um ihn vor den Mordkommandos des Teheraner Regimes zu schützen, übersiedelte er 2003 in die USA.
Die Autoren des Sammelbands "Verratene Freiheit" stellen nicht* die Menschenrechtsverletzungen im Iran in den Mittelpunkt, sondern Deutschland, seine Unternehmer, Politiker und Intellektuellen, die trotz aller negativen Entwicklungen im Iran weitermachen wie bisher. Es braucht mehr politische Störenfriede, die nachfragen, warum Leute wie Khorshidi aus Deutschland flüchten müssen und warum BMW, Siemens und andere immer noch Geschäfte mit dem Iran machen dürfen.
DORIS AKRAP
Hattip: Thomas von der Osten-Sacken
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* An einer Stelle der Rezension kam ich ein klein wenig ins Straucheln. Frau Akrap schreibt:
Die Autoren des Sammelbands "Verratene Freiheit" stellen nicht die Menschenrechtsverletzungen im Iran in den Mittelpunkt, sondern Deutschland, seine Unternehmer, Politiker und Intellektuellen etc…-------------
Versuch einer Richtigstellung:
Hinter die Passage „'Verratene Freiheit' stellen nicht“ gehört unbedingt das kleine Wörtchen nur. Klein, aber doch sehr wichtig. Dann passt es. Aber ich gehe nicht davon aus, dass Frau Akrap diesen kleinen Fehler beabsichtigt hatte. Wenn dieses Wort fehlt könnte jedoch ein Eindruck über unsere Arbeit bzw. unsere Motivation entstehen, der die Gesamtlinie von Free Iran Now! nicht korrekt wiedergibt.
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Schlussbemerkung:
Wenn die taz dann auch noch anerkennt, dass die überflüssige und lächerliche Diskussion über 1.600 Wohnungen, die im Jerusalemer Stadtteil Ramat Shlomo geplant sind, die gespielte moralische Entrüstung nicht wert ist, dann, ja dann ist mein Vertrauen in die taz wenigstens vorerst wieder einigermaßen hergestellt.