(Übersetzt von Castollux*)
Bret Stephens
Azam Emir Kasab, einziger Terrorist, der lebend nach dem Massaker in Mumbai festgenommen war, gab zur Rechtfertigung an, dass der Mord an den Juden im Chabad House begangen wurde, um die Grausamkeiten zu rächen, die Israel an den Palästinensern verübe. Zwei weitere Terroristen zitierten Fälle von Gewalt gegen Moslems durch Hindus mit der Frage „Warum tut ihr uns dies an?“, bevor sie 14 unbewaffnete Leute im Oberoi-Hotel ummähten. Und wenn tote Terroristen sprechen könnten würden wir sicher von Abu Ghraib als einer der möglichen Ursachen für die Geiselnahme von US-Amerikanern und Briten hören (Abbildung links: David Klein).
Man könnte fast meinen, dass die Terroristen zu viel Zeit damit verbrachten, BBC World Service zu hören. Aber die BBC besitzt hier kein Alleinstellungsmerkmal. Wenn es um Terroristen und ihr Gejammer geht, werden sie von nahezu allen westlichen Medien mit reichlich Nahrung versehen, aus der sie sich bedienen können.
Im Frühjahr 2005 kam Newsweek mit einem dünn recherchierten Beitrag über eine Koranausgabe, die in Guantanamo angeblich die Toilette heruntergespült worden war. Resultat: Mindestens 15 Menschen wurden bei Unruhen in Afghanistan umgebracht.
Newsweek machte wenig später einen Rückzieher, was sicher richtig war, aber doch außergewöhnlich. Vergleichen Sie das einmal mit der Weigerung des französischen Reporters Charles Enderlin und seines Arbeitgeber France 2, den Bericht über Mohamed al-Dura zurückzunehmen oder wenigstens in Zweifel zu ziehen. Im September 2000 soll der 12-jährige palästinensische Junge angeblich von israelischen Soldaten während eines Schusswechsels im Gazastreifen getötet worden sein – ein Vorgang, bei dem Enderlin selbst nicht anwesend war. In jahrelanger akribischer Nachforschung hatten der französische Journalist Philippe Karsenty, Esther Shapira, Richard Landes u.a. nachgewiesen, dass es sich bei dem Bericht zu al-Dura um eine Fälschung gehandelt hatte - mit dem Zweck, Mord und Totschlag in den Gebieten der Palästinensischen Autonomiegebiete anzufachen. Wir wissen, wie „erfolgreich“ Enderlin war.
Vielleicht spukte auch irgendwie der Name des palästinensischen Jungen in den Köpfen der Killer von Mumbai. Und wenn nicht, dann gibt es keinen Mangel an anderen von westlichen Medien erdichteten Scheußlichkeiten wie „Belagerung von Gaza“, „Massaker von Jenin“ (2002) oder die Massaker in den libanesischen Flüchtlingslagern Sabra und Shatila (Begangen von den christlichen Falangisten) oder die angebliche Hinrichtung ägyptischer Kriegsgefangener während des Sechstagekrieges 1967.
Alle diese Fabeln haben reale Konsequenzen - nicht nur für Israelis. Im Juli 2006 schlenderte der amerikanische Staatsbürger Naveed Afzal Haq in das Büro der Seattle Jewish Federation, schoss auf sechs Menschen und tötete einen von ihnen. Einer der Überlebenden bezeugte, dass Haq sich als Moslem zu erkennen gab und ausrief, so handeln zu müssen, weil Bush die Juden in den USA finanziere, damit diese wiederum Israel unterstützen. Er erwähnte den „Freiheitskampf“ der Hisbollah, den Irak und mehr. Wie kam er auf solch’ wirre Gedanken?
Wie sich herausstellt, reichen Terrorverdächtige häufig selbst ihre Aussagen über „Böswilligkeiten“ amerikanischer oder israelischer Sicherheitskräfte und Soldaten an leichtgläubige westliche Medien weiter. Im Verwirrstück um den heruntergespülten Koran zum Beispiel verfasste Ari Berman von The Nation einen Artikel ("Newsweek hatte Recht"), der mit Aussagen von ehemaligen Guantanamo-Häftlingen aufwartet, die alle behaupten, dass es Methode gewesen sei, den Koran zu schänden. Kein Wort verschwendet Berman jedoch über die Instruktionen im so genannten „Manchester Dokument“ der Al-Qaida, das der britischen Polizei im Jahr 2000 in die Hände fiel. Daran wird den Gläubigen geraten, sich über „Misshandlungen im Gefängnis“ zu beschweren und darauf zu bestehen, dass "Untersuchungen eingeleitet werden, die bestätigen sollen, dass sie von staatlichen Sicherheitskräften gefoltert wurden."
Oder wie wär’s mit der Story der New York Times über Ali Shalal Qaissi aus dem Jahr 2006? Qaissi, Gründer von Association of Victims of American Occupation Prisons, behauptete, jener Mann mit der schwarzen Kapuze zu sein, der auf einem Kasten stand, angeschlossen an Drähte und auf makabre Weise von den Aufsehern in Abu Ghraib fotografiert. Die Times fand seine Geschichte glaubwürdig genug, um sie auf die Titelseite zu setzen, bis sich herausstellte, dass Shalal Qaissi der falsche Mann war. Eine Anmerkung der Redaktion gibt Aufschluss darüber, wie man Stories passend bzw. druckreif macht:
„ Die Times prüfte nicht ausgiebig genug Herrn Qaissis Insistieren darauf, dass er der Mann auf dem Foto sei. Herrn Qaissis Aussage ist bereits von anderen Rundfunkstationen und Zeitungsmedien ohne Infragestellung verarbeitet worden. Anwälte ehemaliger Gefangener in Abu Ghraib bürgten für ihn. Auch Menschenrechtler schienen seinen Bericht zu stützen.“Selbstverständlich ist nie ausschließen, dass man auf eine gut gestrickte Lüge hereinfällt. Aber es ist schon mehr als erstaunlich, dass ein Blatt, das nahezu jede Verlautbarung einer amerikanischen oder israelischen Regierung prinzipiell argwöhnisch unter die Lupe nimmt, so leichtgläubig Angaben von dubiosen Gestalten wie Terrorverdächtigen übernimmt, wenn sie zum Nachteil eben jener von ihm so penibel kritisierten Regierungen gereicht. Oder - warum ist die Times (Und nicht nur sie), so erpicht darauf, einen zweifellos genuinen Skandal wie Abu Ghraib so zu verkaufen und somit als moralisches Äquivalent zu 9/11 aufzublasen? Eine Warnung ist auf jeden Fall angebracht: Terroristen weltweit könnten geneigt sein, das zu glauben, was sie in der Zeitung lesen.
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*Mit geringfügigen Umarbeiten am Text