Dienstag, Dezember 02, 2008

Ägyptens "liberale" Judenhasser

Ich habe es im letzten Beitrag schon angesprochen: Die Bekämpfung des Politischen Islam (Und letztlich seine Überwindung) kann nur aus der islamischen Welt selbst kommen. Was wir im Westen leisten können ist: Politische, literarische und moralische Unterstützung in jeglicher Hinsicht. "Einprügeln" auf Muslime, die hier Moscheen bauen wollen, ist kontraproduktiv und GG-widrig, auch wenn sich manche der islamischen Organisationen gegen unser Grundgesetz stellen und wir rechtsradikale Tendenzen als Reaktion leider immer häufiger feststellen müssen.

Kontra Moschee-Neubau bzw. islamische Einflussnahmen schreibe (schrieb) ich auch hier in meinem Blog manchmal - aber nicht gegen Muslime, also Mitmenschen. Und das wird sich auch so fortsetzen. Man beweise mir, dass ich gegen Muslime als Menschen geschrieben habe....

Die Auseinandersetzung muss über die sachliche Ebene erfolgen, das heißt, über Fachwissen (Theologie, wovon ich als Fachmann etwas verstehe), oder über die Justiz, wenn alle Stricke reißen. Alle anderen Aktionen - polarisierende Stimmungsmache etc. in letzter Zeit, die sich auch gegen Sinti und Roma oder andere Randgruppen richten, sind kontraproduktiv und sowieso widerlich.

Ich bin gespannt darauf, wann das endlich in den letzten Hirnen Einzug hält und wir die freiheitsliebenden Muslime in ihren Heimatländern (!) noch mehr tatkräftig unterstützen.

Amr Bargisi ist einer dieser mutigen Muslime (Journalisten) in der islamischen Welt, die erfreulicherweise immer mehr auftreten. Er findet deutliche Worte gegen Antisemitismus und - vor allen Dingen - für eine offene islamisch-arabische Gesellschaft.

Warum hören wir ihm nicht ein paar Zeilen zu?

Danke Amr Bargisi!

AMR BARGISI

Ägyptens Judenhasser verdienen mehr Ächtung des Westens

Oder: Weiterer Beleg dafür, dass das Vorurteil nichts mit Israel zu tun hat.

"Aber wir sind doch selbst Semiten!" - Das wird Ihnen ein weltgewandter ägyptischer Journalist wahrscheinlich auf den Vorwurf antworten, dass die ägyptischen Medien mit Antisemitismus gespickt sind. Doch gibt es wenig mehr Orte [als in Ägypten, d. Übersetzter Castollux], wo Juden als Urheber jeglichen Übels beschuldigt werden - angefangen von krebsverursachenden Schädlingsbekämpfungsmitteln bis zum Krieg im Irak.

Noch erschreckender ist die Tatsache, dass viele dieser Schuldzuweisungen von Menschen kommen, die sich selbst der liberalen Bevölkerungsschicht Ägyptens zurechnen - einer demokratiefreundlichen und antiislamistischen Gruppierung, auf der die Hoffnungen des Landes für eine tolerantere Zukunft ruhen.

Die letzte Episode ereignete sich am 2. Oktober, als die Anti-Defamation League eine Pressemitteilung herausgab. Titel: „Zunahme antisemitischer Inhalte auf Online-Finanzseiten“ Ein ägyptischer Journalist las darüber in der israelischen Tageszeitung Maariv - und hier kann man nachlesen, wie das neue, "liberale" ägyptische Wochenblatt Al-Youm As-Sabi mit seiner Headline aufwartete:
[Die] Juden sind Hauptverdächtige für die Finanzkrise."
Der Artikel lief längsseits eines Tickers des Börsenkurses mit der Bildunterschrift "Warum nimmt die Stimmung gegen die Juden in den USA zu?"

Dies war nicht der einzige Fall, in dem Ägyptens Intelligenzija Gründe fand, die Juden für die Finanzkrise verantwortlich zu machen. Am 11. Oktober schrieb Abbas an-Tarabili, Chefredakteur der Tageszeitung Al-Wafd (Oben links eine "sehr sympatische" Karikatur, die Sharon mit Bush zeigt) - der „Hauszeitung“ von Ägyptens „Liberaler“ Partei gleichen Namens, eine Kolumne, in der er behauptete, dass die Juden allein schon über die Börse gewinnen würden, weil sie den Goldpreis seit Ende der 1070er-Jahre manipulierten.

"Die Juden spielten ein schmutziges Spiel“, schrieb er. "Es trifft zu, dass die westlichen Länder - vorneweg die Vereinigten Staaten - viel zu verlieren haben, aber all das fließt in die Taschen jüdischer Geschäftemacher, die die Börsen weltweit unter Kontrolle halten."

Zwei Wochen später brachte Al-Masry Al-Youm, Ägyptens größte unabhängige Zeitung und landesweit als das (!) Organ für Liberalismus betrachtet, einen Artikel mit dem schlichten Titel:
"Die jüdische Verschwörung."
Kolumnist Khairi Ramadan, der auch eine der landesweit erfolgreichsten Talkshows mitmoderiert, forderte seine Leser auf, nicht zu ignorieren, was im Internet "über eine jüdische Verschwörung beim Amtsende Bushs zur Vorbereitung für die Kontrolle des folgenden Präsidenten gesagt wird."

"Die verfügbaren Informationen", schrieb Ramadan, weisen darauf hin, dass "die Juden Wochen vor dem Kollaps von Lehman Brothers 400 Milliarden Dollar vom Kapitalmarkt abzogen,"; und er fügte hinzu, dass der Zusammenbruch des Brokerhauses mit den Ereignissen vom 11. September zusammenhänge, als „Tausende Juden nicht zur Arbeit ins World Trade Center gingen."

Diese Beispiele sind besonders herausstechend, weil sie nicht mit Israel oder Zionismus [direkt] in Verbindung gebracht werden. Sie entlarven die unwahrhaftige Behauptung - gerne gebraucht von Professoren wie John Mearsheimer und Stephen Walt, Autoren des Bestsellers "Die Israel Lobby" im letzten Jahr, dass der Hass auf Juden keines der großen Hauptantriebsmomente der Abneigung der arabischen Welt gegen Israel allgemein sei.

Aber diese Beispiele werfen auch eine ernste Frage darüber auf, was in der arabischen Welt als Liberalismus verstanden wird. Warum sich mit diesem Hinhören auf Stimmen zur Volkswirtschaft belasten - ganz zu schweigen von Politik, Demokratie oder Menschenrechten - auch wenn sie hasserfüllte Verschwörungtheorien verbreiten?

Ein weiterer Aspekt: In den vergangenen acht Jahren haben die Vereinigten Staaten riesige Ressourcen in den Nahen Osten gepumpt, um dort Demokratie aufzubauen. Aber es steht [noch] nicht fest, ob dieses Projekt gelingen wird, so lange Amerikas natürliche Verbündete in der Region selbst in diesem so hochgradig irrationalen und illiberalen Zustand verharren.

Was kann man tun?

Hier ein bescheidener Vorschlag:

Der ägyptische Staat und seine Zeitungen unternehmen größte Anstrengungen, zu vermeiden, dass Autoren nicht mehr als Aussätzige behandelt werden, auch wenn sie nur leise ihre Sympathie mit Israel bekunden.

Westliche Institutionen sollten eine ähnliche Vorgehensweise übernehmen, indem sie allen Journalisten untersagen, dass sie in jenen verschiedenen Einrichtungen schreiben, wo sie ihre israelfeindlichen Plattformen aufbauen können. Schon diese Geste der kalten Schulter könnte diese ungebetenen Gäste zu einem anderen Zungenschlag veranlassen.

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Amr Bargisi lebt in Kairo und ist ehemaliger Bartley Fellow des Wall Street Journal.

Hattip: Benny Peiser

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