Zwei große Schüler Mohandas* Gandhis - Erzbischof Desmond Tutu und Reverend Martin Luther King Jr. - adoptierten die moralische und strategische Macht seines Credos für Gewaltlosigkeit. Sie bewirkten mit der Umsetzung seiner Ideen historische Veränderungen in Südafrika und in den Vereinigten Staaten. In einer Welt wie der heutigen mit ihren zahllosen Konflikten, regionalen Kriegen und zunehmendem Terror sehen aber immer noch viele Zeitgenossen in Gandhis Vision den Prototyp für die Lösungen aller Probleme.
Doch Gandhi war kein Übermensch.
Tutu, seit langem erbitterter Kritiker Israels, schüttete kürzlich wieder einmal seinen Hass über Israel aus. Gegenstand seiner Obsession ist seit langem der israelische Sicherheitszaun bei Bilin im Westjordanland, also dort, wo Aktivisten sich jede Woche versammeln, um gegen eine Sperranlage zu demonstrieren, die ihrer Meinung nach große Ungemach und Störungen im palästinensischen Alltagsleben bereite. Tutu meint, die Aktivisten erinnerten ihn an Gandhi, der die britische Herrschaft über Indien gewaltlos beendet hatte, und an King, der sich des Kampfes einer schwarzen Frau annahm, die zu schwach war, in einem Bus, dessen Sitzplätze nach Hautfarben getrennt waren, den ihr zugedachten Platz zu verweigern.
Kein Wort über Hunderte palästinensischer Selbstmordattentate, die zur Errichtung des Sicherheitszaunes geführt hatten oder darüber, dass die defensive und passive Anlage mehrmals Anschläge verhindert und somit jüdisches und arabisches Leben verschont hatte.
Stattdessen kommt Tutu mit einer Ermahnung, die er besser unter seiner Bischofsmütze behalten hätte:
Die Lektion, die Israel vom Holocaust lernen muss, ist, dass es niemals Sicherheit durch Zäune, Mauern und Gewehre bekommen kann.
Da Tutu sich auf den Holocaust beruft, wäre es interessant zu wissen, wie sein Vorbild Gandhi über Juden, Nazis und Palästina dachte.
1938, unmittelbar nach der Reichspogromnacht, in der die Nazis systematisch die Synagogen in Deutschland und Österreich zerstört hatten, verfasste Gandhi diese Zeilen:
Die Verfolgung der Juden durch die Deutschen scheint ohne Beispiel in der Geschichte zu sein. […] [Hitler] führt eine neue Religion des ausschließlich militanten Nationalismus ein, in dessen Namen jede denkbare Unmenschlichkeit heute und in der Zukunft belohnt wird. Wenn es einen gerechten Krieg im Namen und für die Menschlichkeit überhaupt geben könnte, also ein Krieg gegen Deutschland, um die bewusste Verfolgung einer ganzen Rasse zu verhindern, wäre er vollkommen gerechtfertigt.Die kalkulierte Gewalt Hitlers konnte selbst in einem allgemeinen Massaker an den Juden enden, geht man von seiner ersten Erklärung zu solchen Feindseligkeiten aus.
Aber ich halte jeden Krieg für sinnlos.
Eine Diskussion über Für und Wider eines solchen Krieges übersteigt mein Vorstellungsvermögen und es geht mich auch nichts an.
Können die Juden gegen diese organisierte und schamlose Verfolgung Widerstand leisten? Gibt es einen Weg, ihre Selbstachtung zu behalten, sich nicht hilflos zu fühlen, beiseite geschoben und verlassen? Ich denke schon. […] Wenn ich Jude wäre und in Deutschland geboren […], würde ich Deutschland selbst dann noch als meine Heimat betrachten, so wie der größte nichtjüdische Deutsche, und ich würde es herausfordern, mich erschießen oder in den Kerker werfen zu lassen […]. Und das freiwillig auf sich genommene Leid brächte ihnen und mir innere Stärke und Freude…
Wenn aber die jüdische Psyche (Geist, Seele [Castollux]) auf das freiwillige Leiden vorbereitet sein könnte, würde selbst das Blutbad, das ich prognostiziert habe, sich zu einen Tag der Danksagung und der Freude umkehren, dass Jehovah** die Befreiung der Rasse*** selbst aus den Händen des Tyrannen bewirkt hatte.Nachdem also Gandhi Europas Juden dazu gedrängt hatte, den Nazi-Holocaust freudig zu akzeptieren, schickte er noch einen guten Ratschlag an die 600.000 Juden hinterher, die im Heiligen Land lebten:
Der Ruf nach einer nationalen Heimstätte für die Juden berührt mich nicht besonders. Ihr Bewegrund entspringt der Bibel und der Hartnäckigkeit, mit der die Juden die Rückkehr nach Palästina ersehnt haben. Warum sollten sie nicht, wie andere Völker der Erde auch, da ihr Land zu Eigen zu machen, wo sie geboren sind und ihren Lebensunterhalt verdienen? Palästina gehört den Arabern….Es wäre jedenfalls ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die stolzen Araber in der Weise zu erniedrigen, dass Palästina den Juden als nationale Heimstätte ganz oder teilweise überlassen wird. Das Palästina biblischer Vorstellung entspricht nicht den geografischen Vorgaben.Offenbar dienten Gandhis Worte als Steilvorlage für seinen südafrikanischen Bibelschüler zum heutigen Israel-Palästina-Disput: Schwer nachvollziehbar, wie Bischof Desmond Tutu Martin Luther Kings Meinung als seinen Standpunkt zu Israel uminterpretieren konnte. Der Republikaner John Lewis schrieb 2002 in einer Kolumne:
Sie [die Juden, Castollux] phantasieren das nur. […] Sie können sich in Palästina nur niederlassen, wenn die Araber das zulassen. […] Und sie sollten sich darauf konzentrieren, das Herz der Araber umzustimmen. Der gleiche Gott, der die Herzen der Araber anrührt, spricht auch die Herzen der Juden an. Sie können wählen - entweder erschossen oder ins Tote Meer geworfen zu werden, ohne dass ein Finger gegen sie erhoben wird. Sie werden die Weltmeinung für ihre religiöse Überzeugung bekommen. […]
Ich verteidige nicht die arabischen Übergriffe …Ich wünschte, sie [die Araber; Castollux] hätten den Weg der Gewaltlosigkeit gewählt, als sie widerstanden, was sie mit Recht als einen unrechtmäßigen Eingriff auf ihr Land ansahen. Aber im Einklang mit allgemein akzeptierten Vorstellungen von Recht und Gerechtigkeit kann nichts gegen den arabischen Widerstand vorgebracht werden.
Wenn King wiederholt seinen Standpunkt zum israelisch-arabischen Konflikt unterstrich, dass Israels Recht auf einem Staat in Existenzsicherheit nicht zur Diskussion steht, und weniger als zwei Wochen vor seinem tragischen Tod sprach er mit Klarheit und aller Deutlichkeit aus: Frieden für Israel heißt Sicherheit, und wir müssen mit unserer ganzen Macht dafür einstehen, sein Existenzrecht zu bewahren, und seine territoriale Integrität. … Frieden für Israel bedeutet Sicherheit, und diese Sicherheit muss garantiert sein.King auch 1968 beim Anti-Zionismus-Event an der Harvard-University:
Wenn Menschen Zionisten kritisieren, meinen sie Juden; sie sind aber Antisemiten.Weltweit wird Gandhi immer noch sehr verehrt. Dennoch ist bemerkenswert, dass im heutigen Indien seine Weltanschauung weitgehend ignoriert wird. Und das von einer Atommacht, die Israels Vorgehensweise gegen Selbstmordbomber und andere Terroristen adoptiert hat.
Bei allem Respekt vor Tutu sind sich Israel und alle Juden der Lektion des Holocaust bewusst: Niemals wieder soll das Schicksal unserer Menschen in die Hände anderer gelegt werden. 2.000 Jahre lang waren Juden auf das Mitleid anderer angewiesen; sie hatten kein Land und keine Armee, und was sie als Ausgleich erhielten, waren Inquisition, Pogrome und der Nazi-Genozid. Der Holocaust lehrte uns auch, dass Freiheit und Gerechtigkeit zu denen kommen, die vorbereitet sind, dafür zu kämpfen.
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Quelle: Copyright © 2009, The Los Angeles Times
Rabbiner Marvin Hier ist Dekan und Gründer des Simon Wiesenthal Centers. Rabbiner Abraham Cooper ist dort assoziierter Dekan.
*Gandhis Name lautet voll ausgeschrieben Mohandas Karamchand Gandhi, kurz Mahatma Gandhi.
**Falsche Übersetzung Gandhis. Siehe Abschnitt „Schreibweise“ bei Wikipedia. Abgesehen davon bringt er hier die Begriffe Rasse und Religion durcheinander. Er formuliert hier wie der Antisemit und Bruder im Geiste Rudolf Steiner.
***Schon der Begriff „Rasse“ ist unsinnig. Es gibt keine menschlichen Rassen - lediglich verschiedene Ethnien. Alle Menschen haben dasselbe Erbgut, das sie zu Menschen macht. Wer das aber leugnet ist wahrhaftig ein Rassist.