Dienstag, November 20, 2007

USA vs. Iran: Kriegsszenarien


Wohl kaum ein Tag vergeht, an dem nicht eine neue Meldung zum Nuklearprogramm des Iran über die Nachrichtenticker geht, die anderen oder vorausgehenden Meldungen zum Thema widerspricht, sie neu aufgreift oder uminterpretiert. Ebenso verhält es sich mit den Wasserstandsmeldungen über mögliche Kriegsszenarien, abgelaufene Fristen, Uneinigkeit in Sanktionsfragen oder Bewertungen von Aussagen führender Politiker der Konfliktparteien. Indirekt involviert - aber nicht minder interessiert - sind Nationen wie Deutschland,
Russland und China, die allesamt nur zu gerne auf weitere Sanktionen gegenüber dem Iran verzichten würden, weil die wirtschaftlichen Eckdaten im Handel mit dem Iran überaus heiter stimmen und Vorverträge schon ratifiziert wurden. Riesengeschäfte also. Aufs wehleidige Jammern jedoch versteht man sich in der mit satten Exportzuwächsen heimischen Industrie am besten, wie unlängst Jochen Clausnitzer, Nahost-Experte der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) unter Beweis stellte: „Es liegt auf der Hand, dass dies nicht ohne Auswirkungen auf die Wirtschaft bleibt" und, oh Graus - „Bei einem Wirtschaftsembargo würde für deutsche Unternehmen der wichtigste Markt im Mittleren und Nahen Osten wegbrechen."

Der unausgesprochenen Kalkulation Clausnitzers, dass der Markt auch ohne Israel ganz gut zurechtkommen würde, kann der iranische Präsident sicher beipflichten.
Wenn Ahmadinedschad unlängst tönte, dass die Zahl von 3000 Gaszentrifugen zur Urananreicherung erreicht worden sei, wiederholt er nur, was er vor einem Jahr schon angekündigt hatte. Für die Urananreicherung waffenfähigen Plutoniums in größerem Stil sind zwar im Allgemeinen wesentlich mehr hintereinander geschaltete Gaszentrifugen als die bisher 3000 bestätigten erforderlich, „nach Berechnungen von Experten reichen 3000 Zentrifugen bei optimaler Funktionsweise und Auslastung theoretisch jedoch aus, um in weniger als einem Jahr ausreichend waffenfähiges Uran anzureichern, um eine Atombombe zu bestücken“, so die WELT.

Eine ist schon genug.

Großes Rätselraten - nicht zuletzt deshalb, weil IAEO-Chef El-Baradei mit seiner undurchsichtigen Politik der Israel-Schelte einerseits und gleichzeitig konziliantem Verhalten gegenüber den Klerikalfaschisten in Teheran andererseits mehr zur Verwirrung als zur Aufklärung beiträgt. Gewollt? Die Spannbreite der Einschätzung des Bedrohungsszenarios reicht derzeit von Colin Powell auf der einen Seite bis Ehud Olmert auf der anderen.

George Friedman, (Foto; Quelle: STRATFOR) Gründer des Thinktank Strategic Forecast (STRATFOR) beschloss, einen Teil der oben angesprochenen Fragen vorerst auszuklammern und ein mögliches Kriegsszenario zwischen den USA und dem Iran zu entwerfen. Dabei bezieht er neben den militärischen Aspekten und Risiken auch die möglichen politischen Folgewirkungen für die Zeit nach einer Intervention mit ein. Castollux hat den Text vollständig übersetzt:


Kriegspläne: Die USA und der Iran

Dr. George Friedman


Seit Monaten ist ein möglicher Angriff der USA auf den Iran das heiße Thema in den Nachrichtensendungen. In manchen Zirkeln hat es Züge eines Glaubensbekenntnisses angenommen, dass die Bush-Administration den Befehl zu einem Angriff gibt, bevor die Amtsperiode des Präsidenten endet. Es bleibt ein Geheimnis, ob die Regierung tatsächlich einen Angriff plant, oder ob die Angriffsdrohung dazu dient, den Iran einzuschüchtern - und folglich ihr Verhalten im Irak und anderswo bestimmt. Des Rätsels Lösung liegt, zumindest teilweise, in der Frage, wie ein US-Angriff mit den vorgegebenen Zielen und mit den vorhandenen Ressourcen aussehen würde, sowie der Betrachtung der möglichen iranischen Reaktion. Bevor wir uns den Intentionen zuwenden ist es wichtig, die gewünschten Ergebnisse und Kapazitäten zu erörtern. Leider sind diese Diskussionen im Vergleich zu Mutmaßungen um die schiere Wahrscheinlichkeit eines Kriegs in den Hintergrund getreten.

Beginnen wir mit den Zielen. Was würden sich die Vereinigten Staaten bei einem Angriff auf den Iran erhoffen? Auf umfassender strategischer Ebene ist die Antwort tatsächlich ziemlich einfach. Nach 9/11 führten die Vereinigten Staaten Gegenschläge in der islamischen Welt aus. Ziel war, den Kern von Al-Qaida zu zerstören, um weitere Angriffe auf die Vereinigten Staaten zu verhindern. Die Gegenschläge zielten auch darauf ab, das Heraufziehen einer weiteren Bedrohung aus der islamischen Welt zu verhindern, die jene Bedrohung ersetzen würde, die von Al-Qaida dargestellt worden war. Die Zerstörung aller islamischen Machtzentren, die die Fähigkeit und Absicht haben, Terrorangriffe gegen die Vereinigten Staaten auszuführen, ist generelle Zielsetzung der US-Strategie. Mit der Zurückdrängung der radikalen Sunniten begann der Aufstieg des Iran als alternativer schiitischer Bedrohung. Gemäß dieser Logik muss der Iran behandelt werden.

Es ist offensichtlich: Je mehr radikale antiamerikanische Elemente in der islamischen Welt zerstört werden, desto besser für die USA. Doch existieren drei Probleme. Erstens haben die Vereinigten Staaten zum Iran eine weitaus kompliziertere Beziehung als zur Al-Qaida. Der Iran unterstützte die USA bei deren Angriff gegen die Taliban in Afghanistan ebenso wie die US-Invasion im Irak - aus eigenen Interessen selbstverständlich. Zweitens dürfte die gewaltige Strategie der Vereinigten Staaten zwar die Vernichtung des radikalen Islam miteinschließen, aber die Aufrechterhaltung des Kräftegleichgewichts zwischen Sunniten und Schiiten und arabischen bzw. nichtarabischen Muslimen stellt einen weit praktischeren Denkansatz dar. Schlussendlich hängt die Frage, wie mit dem Iran zu verfahren ist, vom militärischen Leistungsvermögen der Vereinigten Staaten in der unmittelbaren Zukunft ab. Die Absichten entwickeln sich aus den Möglichkeiten heraus.

Was wären daher die Ziele der USA bei einem Angriff gegen den Iran? Unterteilt wird in drei (sich gegenseitig nicht ausschließende) Strategien:

1. Ausschaltung des iranischen Nuklearprogramms.

2. Lähmung des Iran durch Zerschlagung seiner internen Infrastruktur - politisch, industriell und militärisch - im Idealfall einen Regimewechsel herbeiführen, der den Interessen der USA nutzt.

3. Einen Angriff - oder die Drohung damit - nutzen, um das Verhalten des Iran im Irak, Libanon oder anderen Gebieten der Welt zu verändern.

Wichtig ist auch die Option, die nicht auf dem Tisch liegt: Invasion durch Bodentruppen der USA über den möglichen Einsatz kleiner Spezialeinheiten hinaus. Ungeachtet der Stärke der konventionellen iranischen Truppen nach intensiven Luftangriffen haben die Vereinigten Staaten einfach nicht ausreichend Bodentruppen, die für eine Invasion und Besetzung des Iran erforderlich sind - besonders, wenn man Größe und Topographie des Landes berücksichtigt. Deshalb würde sich jeder US-Angriff auf die Luft- und Seestreitkräfte stützen.

Die Zerstörung der nuklearen Kapazitäten des Iran wäre wohl am leichtesten zu erreichen, wenn man von der Annahme ausgeht, dass der US-Geheimdienst ein klares Bild der Infrastruktur dieses Programms hat und diese Infrastruktur nicht so stark geschützt ist, dass sie bei einem konventionellen Angriff unverwundbar wäre. Der Iran hat aber am Beispiel des irakischen Reaktors Osirak viel gelernt, seine Nuklearanlagen auf mehrere Orte verteilt und noch besser geschützt. In Anbetracht des Einsatzortes Iran und seiner räumlichen Nähe zu den Kampfeinheiten der USA und ihren Alliierten können wir auch davon ausgehen, dass die USA nicht an einem massiven Nuklearangriff mit dem daraus resultierenden atomaren Fallout interessiert sind. Außerdem würden wir anführen, dass in einer Welt der Proliferation es nicht im Interesse der Vereinigten Staaten wäre, einen Präzedenzfall zu schaffen, in dem sie die Ersten wären, die nach dem Zweiten Weltkrieg Atomwaffen einsetzten.

Daher hat die USA die Option, luft- und seegestützte Präzisionsschläge gegen das iranische Nuklearprogramm durchzuführen. Als Bedrohung ist dies eine interessante Option. Als effektive Operation wohl weniger. Erstens gibt es vorhandene Hinweise dafür, dass der Iran Jahre vom Besitz einer einsatzfähigen Atombombe entfernt ist. Zweitens dürfte der Iran mehr am Handel seines Atomprogramms für andere politische Vorteile interessiert sein - besonders im Irak. Ein Angriff gegen die Nukleareinrichtungen des Landes würde Teheran noch weniger als vorher dazu anregen, sein Verhalten zu ändern. Außerdem würde der Iran selbst nach Zerstörung seiner Anlagen die Möglichkeiten behalten, die er im Irak, Libanon und sonst wo auf der Welt besitzt. Deshalb würde - falls die USA glaubten, dass eine unmittelbar bevorstehende Bedrohung durch die Entwicklung eines einsatzfähigen Nuklearsystems nicht bestehe, die Zerstörung eines langfristig angelegten Programms die Bedrohung zwar beseitigen, aber die kurzfristigen iranischen Möglichkeiten unberührt lassen. Abgesehen von einem unmittelbaren Einsatz ist ein Angriff gegen die Nuklearanlagen im Alleingang nicht sinnvoll.

Das lässt die zweite Option übrig - wesentlich umfangreichere Angriffe gegen den Iran durch Luft- und Seestreitkräfte. Diese bestünde aus vier potentiellen Teilen:

1. Angriffe gegen seine wirtschaftliche Infrastruktur, besonders seine Raffinerien.

2. Angriffe gegen seine militärische Infrastruktur.

3. Angriffe gegen seine politische Infrastruktur, besonders seine Führung.

4. Blockade und Sanktionen.

Beginnen wir in umgekehrter Reihenfolge. Die Vereinigten Staaten besitzen die Mittel, die iranischen Häfen zu blockieren, die Einfuhr von Öl- und Raffinerieprodukten sowie Lebensmitteln einzuschränken. Sie besitzen nicht die Mittel, dem ganzen Land, das über mehrere lange Grenzen verfügt, darunter die mit dem Irak, eine Blockade aufzuzwingen. Weil den USA die militärischen Kapazitäten fehlen, diese Grenzen lückenlos zu kontrollieren, würden weiterhin Güter aus den umliegenden Gebieten in den Iran gelangen - wir betonen, auch aus dem Irak, wo die Kontrollmöglichkeit über die Transportkapazitäten, speziell im schiitischen Süden, begrenzt ist. Ferner ist unklar, ob die Vereinigten Staaten bereit wären, Schiffe von Drittländern (Russland, China und eine große Zahl kleiner Länder) abzufangen, zu entern oder zu beschlagnahmen, die nicht auf Sanktionen vorbereitet sind oder sich dafür entscheiden, ein Embargo zu missachten. Die Kapazitäten der Vereinigten Staaten sind stark beansprucht und jeder weiß das. Eine Blockade könnte weitere Herausforderungen provozieren, während die Durchführung andere Aktionen gegen US-Interessen sonst wo rechtfertigen würde. Jede Blockadestrategie geht davon aus, dass der Iran international isoliert wird, was nicht der Fall ist; dass die Vereinigten Staaten dem Land eine militärische Blockade aufzwingen können, was nicht möglich ist, und dass sie den daraus entstehenden Folgen anderswo widerstehen können, sollte eine dritte Partei die US-Aktionen dazu nutzen, bedenkliche Gegenaktionen zu rechtfertigen. Eine Blockade könnte die Energieversorgung des Iran hart treffen, aber der Iran hat sich seit Jahren darauf vorbereitet und kann die Wirkung durch umfangreiche Schmuggelaktivitäten mindern. Letztendlich wird der Iran wahrscheinlich nicht zerfallen, falls die USA den Blockadeprozess nicht mindestens über den Zeitraum von mehreren Monaten aufrechterhalten und intensivieren können.

Eine weitere Option ist ein Enthauptungsschlag gegen die iranische Führung - auch wenn es wichtig ist, daran zu erinnern, wie diese Strategie zu Beginn der Irak-Invasion 2003 fehlschlug. Enthauptung setzt erstklassige Geheimdienstaufklärung über den Aufenthaltsort der Führung zu einer bestimmten Zeit voraus - und diese Qualität an Information ist schwer zu bekommen. Der Irak hatte eine viel kleinere politische Elite als der Iran heute und die USA konnten ihren Aufenthaltsort nicht ausfindig machen. Wichtig ist auch, daran zu erinnern, dass der Iran eine wesentlich tiefere und breitgefächerte Führungsstruktur besitzt als der Irak damals. Das stark zentralisierte System des Irak umfasste wenige signifikante Führungspersönlichkeiten. Der Iran ist überwiegend dezentralisiert und hat folglich einen viel größeren und tiefer gestaffelten Führungskader. Wir bezweifeln, dass die Vereinigten Staaten die Echtzeit-Geheimdienstinformationen besitzen, einen so breit angelegten Enthauptungsschlag durchzuführen.

Die zweite Option besteht in einem Angriff gegen das iranische Militär. Mit Sicherheit haben die Vereinigten Staaten die Mittel, einen äußerst effektiven Angriff gegen die technische Infrastruktur der Militärs zu führen - Luftverteidigung, Kommandozentren, Luftwaffe, Panzer und so weiter (Foto: Abschuss einer Cruise Missile "Tomahawk" vom mittlerweile ausgemusterten Schlachtschiff USS New Jersey). Aber das iranische Militär besteht hauptsächlich aus Infanterieeinheiten, bestimmt für die Landesverteidigung und Absicherung nach innen und Operationen in bergigem Gelände - größtenteils in den Grenzregionen des Iran. Wenn die Gefechtshandlungen erst einmal begonnen hätten, würden sich die Truppen aufteilen, was dazu führt, dass sie von der allgemeinen Bevölkerung kaum noch unterschieden werden könnten. Operationen gegen das Militär würden sich schnell in eine Operation gegen die Bevölkerung verwandeln. Auf jeden Fall setzte der Angriff gegen zerstreute Truppen, die Hunderttausende zählen, einen intensiven militärischen Einsatz voraus - gelinde gesagt. Luftangriffe, die dazu dienen, den iranischen Bodentruppen eine Zermürbungsstrategie aufzuzwingen - ganz zu schweigen von den zivilen Opfern - würden sehr viele Einsatzflüge erforderlich machen, in denen der Gebrauch der Präzisionsmunition von minimalem Wert und der Einsatz von flächendeckender Munition über Gebühr Anwendung fände. Angesichts des Nebels von Kriegsführungs- und Geheimdienstfragen wäre die Möglichkeit, den Status dieser Kampagne zu bewerten, mit Zweifeln behaftet.

Unserer Ansicht nach sind die Iraner darauf vorbereitet, ihre technische Infrastruktur einzubüßen und ihre Kommandozentren auf regionale und lokale Ebenen zu übertragen. Der Zusammenbruch ihrer Streitkräfte - die Mehrzahl ihrer hochrangigen Offiziere und Freiwilligen hat im Iran-Irak Krieg mit sehr flexiblen Kommandoeinheiten gekämpft - ist unwahrscheinlich. Die Truppen wären weiterhin in der Lage, die Grenzgebiete zu kontrollieren sowie die Kontrolle nach innen beizubehalten. Die Vereinigten Staaten würden sehr schnell die Lufthoheit erringen und alle Armee-Einheiten außer der Infanterie zerstören. Aber selbst hier gibt es ein warnendes Beispiel. In Jugoslawien haben die Vereinigten Staaten gelernt, dass verhältnismäßig einfache Tarn- und Täuschungsmethoden sich als sehr effektiv beim Schutz taktischer Einrichtungen erwiesen. Die Iraner haben sowohl den Kosovokrieg als auch die US-Operationen in Afghanistan und im Irak studiert und selbst umfangreiche taktische Kampferfahrung. Ein Zusammenbruch der iranischen Infanterietruppen, Rückgrat des iranischen Militärs, ist aus der Luft kaum herbeizuführen.

Übrig bleibt ein direkter Angriff auf die Wirtschaftsstruktur des Iran. Obwohl dies der vielversprechendste Weg ist, muss daran erinnert werden, dass strategische Luftangriffe auf die Infrastruktur und damit indirekt gegen die Bevölkerung immer wieder unternommen worden sind. Man ging von der Annahme aus, dass die ökonomischen Kosten des Widerstands einen Keil zwischen die Bevölkerung und das Regime treiben würden, aber es gibt in der Geschichte der Luftangriffe keinen Präzedenzfall für diese Annahme. Solche Operationen sind nur in zwei Fällen gelungen: In Japan und im Kosovo. In Japan folgten auf groß angelegte Operationen mit konventionellen Waffen zwei Atomschläge. Selbst in diesem Fall gab es keine Spaltung zwischen Regime und Bevölkerung, sondern die Entscheidung des Regimes, zu kapitulieren. Die Besetzung des Kosovo geschah nicht hauptsächlich wegen des militärischen Erfolgs, sondern wegen der diplomatischen Isolierung. Eine Isolierung dieser Art ist im Fall Iran nicht zu erwarten.

In allen anderen Fällen - Großbritannien, Deutschland, Vietnam und Irak - haben Luftangriffe allein die Bevölkerung nicht von der Regierung abgespalten oder letztere zum Kurswechsel gezwungen. In Großbritannien und Vietnam brachten die Luftangriffe überhaupt keinen Erfolg. In Deutschland, Irak und Kuwait waren sie nur wegen des nachfolgenden Einsatzes von überlegenen Bodentruppen erfolgreich.

Die Vereinigten Staaten könnten in der Tat große wirtschaftliche Härten auferlegen, aber die Geschichte lehrt, dass dies aller Wahrscheinlichkeit nach die Identifikation der Menschen mit ihrer Regierung noch mehr festigt - und nicht umgekehrt. In den meisten Fällen haben Luftangriffe die Überwachung der Bevölkerung durch das Regime verstärkt und ihm die Rechtfertigung verschafft, extreme Sicherheitsvorkehrungen zu treffen und einen Zustand von intensivem psychologischen Widerstand zu erzeugen. In keinen Fall haben Luftangriffe zu einer Rebellion gegen die Regimes geführt. Zudem würde ein ausgedehnter Luftangriff auf die ökonomische Infrastruktur den Verbrauch von etwa 4 Millionen Barrel Öl des globalen Ölmarktes zu einem Zeitpunkt bedeuten, da ein Fass Öl auf den Rekordpreis von 100 Dollar zusteuert. So eine Kampagne treibt eher einen Keil zwischen die amerikanischen Bürger und ihre Regierung als zwischen die Iraner und deren Regierung.

Um Luftangriffen Wirkung zu verleihen, muss die Angriffswucht so vorbereitet sein, dass Bodentruppen nachrücken können, um die durch die Luftangriffe geschwächte Armee des Feindes zu besiegen - eine Taktik, an der Israel letzten Sommer im Libanon scheiterte. Kombiniertes Vorgehen der Waffengattungen kann immer wieder funktionieren. Aber die starke Beanspruchung der US-Armee und der Marines lässt ein zweites Operationsfeld im Iran nicht zu. Von größter Bedeutung ist jedoch, dass selbst, wenn die Bedingungen den Einsatz von US-Bodentruppen für den Kampf und den Sieg über die iranische Armee begünstigen würden, die USA nicht in der Lage wären, den Iran gegen den Willen einer feindlich eingestellten Bevölkerung zu besetzen. Japan und Deutschland wurden über einen Zeitraum von vielen Jahren erdrückt, bevor sie von einer überwältigenden Übermacht besetzt wurden. Dort gab es überwältigende Übermacht - nicht aber im Irak. Das ist auch keine Option für den Iran.

Bedenken Sie schließlich die iranische Antwort. Der Iran geht nicht davon aus, dass er die US-Luftwaffe oder Marine besiegen kann, obwohl die Kriegsführung mit Minen und Anti-Schiffsraketen gegen Tanker im Persischen Golf und der Straße von Hormuz nicht ausgeschlossen werden darf. Die iranische Lösung wäre klassisch asymmetrisch. Zuerst würden sie im Irak antworten und ihren Außenposten dort die Verschärfung der Situation befehlen, um den Truppen der USA so viel wie möglich Verluste beizubringen. Und sie würden ihre Truppen nutzen, um den Nachschubtransport für die US-Truppen von Kuwait in den Irak zu erschweren. Sie würden auch ihre eigenen Kräfte (das iranische Geheimdienst- und Sicherheitsministerium sowie die Revolutionsgarden) ebenso wie die Hisbollah und andere schiitische Milizen im Ausland einsetzen, um gegen US-Einrichtungen weltweit und die Bevölkerung in den USA Anschläge auszuführen.

Wenn das Ziel die Beseitigung des iranischen Nuklearprogramms ist gehen wir davon aus, dass die USA in der Lage sind, dies zu bewerkstelligen. Wenn das Ziel jedoch einen Regimewechsel oder eine Abkehr von der iranischen Politik beinhaltet, gehen wir davon aus, dass die USA dies alleine mit ihrer Luftwaffe nicht erreichen können. Sie müssten sich logistisch auf eine nachfolgende Bodenoperation vorbereiten, die aus zwei Richtungen erfolgen müsste - Afghanistan und Irak. Diese Truppen sind zurzeit aber nicht verfügbar und ihre Aufstellung erforderte mehrere Jahre Vorbereitung. Dass die USA den Iran besiegen und besetzen können steht außer Zweifel. Ob die Vereinigten Staaten ein nationales Interesse daran haben, dafür Zeit und Ressourcen zu investieren, ist jedoch ungewiss.

Die Vereinigten Staaten hätten bei einer Mobilisierung weiterer Kräfte Nordvietnam besiegen können. Washington hat jedoch entschieden, dass der Sieg über Nordvietnam und die Verteidigung Indochinas den erforderlichen Aufwand nicht lohnt. Stattdessen versuchte die USA, ihr Ziel mit den dafür bereitgestellten Mitteln zu erreichen. Folglich wurden Ressourcen verschwendet und die nordvietnamesische Flagge weht dort, wo einmal Saigon war.

Gefährlich an dieser Kriegsführung ist, dass Politiker und Generäle, die einen bestimmten Zweck verfolgen, davon fantasieren, ihr Ziel mit unzureichenden Ressourcen erreichen zu können. Diese Lektion trifft auch auf den Iran zu.

Hat tip: Nasrin Amirsedghi

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