Donnerstag, Januar 19, 2012

Fundstück: "Waschzwang statt Katharsis"



Nathan Waszawski mit einer fulminanten Bestandsaufnahme zur Verlogenheit deutscher Pazifisten*

Wenn ultra-orthodoxe Juden das Unrecht in die eigene Hand nehmen, um jüdische Kinder zu ängstigen und jüdische Frauen zu belästigen, dann demonstrieren säkulare und orthodoxe Juden gemeinsam gegen die erbärmliche Ideologie der Fundamentalisten.
Wenn deutsche Pazifisten gegen Antisemiten in den eigenen Reihen vorgehen, dann suchen sie einen Sündenbock und finden ihn in Juden und in Israel.

Der Aachener Friedenspreis lädt am Samstag, 21. Januar 2012, zu einem Seminar ein mit dem Thema „Herausforderung Antisemitismus“.


Die Referenten sind Dr. Dr. Peter Ullrich von der Universität Leipzig und Prof. Dr. Wolfgang Benz, ehemaliger Leiter des Zentrum für Antisemitismusforschung der TU Berlin.

Peter Ullrichs Buch „Die Linke, Israel und Palästina“ trägt ein buntes Cover mit einem Bild des ehemaligen Premierministers Israels Ariel Sharon unter dem Schriftzug „Ethnischer Säuberer“. Peter Ullrich hat bereits Erfahrungen im Schönreden des Antisemitismus der Linken, die er zum Wohl des Aachener Friedenspreises einsetzen wird. Wolfgang Benz findet, dass nicht die Hartz-IV-Empfänger, sondern die Muslime die Juden von heute sind, sieht heutige Muslime in Deutschland genauso gefährdet wie Juden in der Zeit vor dem Dritten Reich. Bei 1.500.000.000 Muslimen weltweit, mehr als 50 islamischen Staaten, mehr als 4.000.000 Muslime in Deutschland, die 5% der Bevölkerung ausmachen, ist eine übergroße intellektuelle Toleranz von Vorteil, um seiner These zu folgen.

Organisiert wird das Seminar zum Abschrubben des pazifistischen Antisemitismus vom Arbeitskreis NahOst im Aachener Friedenspreis. Die Diskussionsergebnisse des Arbeitskreises hören sich wie Orwellsche pazifistische Kriegstreiberei an, die Goebbels gefallen würde:

Wir warnen vor Kriegsdrohungen Israels gegen Iran.
Die Behauptung, der Iran beabsichtige die Vernichtung Israels, entbehrt jeglicher rationalen Grundlage.
Am nuklearen Wettrüsten sind Israel, Indien, Pakistan und die USA schuld.
Israels Geschichte ist voll von Angriffskriegen.



Die Verantwortlichen im Aachener Friedenspreis haben instinktiv richtig erkannt, dass das Thema Antisemitismus zum Nahen Osten gehört. Nicht nur, weil dort weltweit die meisten Antisemiten leben. An der geballten Konzentration von Israel- und Nahostexperten, die der Aachener Friedenspreis aufbietet, erkennt der Gutwillige leicht, dass die Pazifisten die Erleuchtung hatten, dass Antizionismus mit Antisemitismus identisch ist.

Seit der Gründung des Staates Israel braucht niemand in Deutschland den Antisemitismus zu fürchten. Wer wissen will, wie Antisemiten ticken, und wem 5 € nicht schade sind, soll am Seminar teilnehmen. Statt Katharsis anzubieten, wird dort dem Waschzwang gefrönt.

Zum Schluss soll das Augenmerk auf zwei hervorragende Preisträger des Aachener Friedenspreises gelenkt werden. Es sind Walter Herrmann und Uri Avnery, über die der Aachener Friedenspreis ideell und materiell seine schützende Hand hält. Walter Herrmann leitet auf der Domplatte die Kölner Zweigstelle des Aachener Friedenspreises. Die dort dargebotenen Bilder des deutschen Pazifisten zeigen einen Juden, der genüsslich ein arabisches Kind auf dem Teller zerlegt, um es zu verspeisen. In Köln fallen seine Werke unter dem richterlichen Schutz des freien künstlerischen Ausdrucks. Uri Avnery hat vor Kurzem einen Aufsatz veröffentlicht, welcher die Schuld an arabischer Diktatur, Herrschaft der Islamisten und sonstigem Elend in der arabischen Welt den Juden in die Schuhe schiebt.


Uri Avnery darf verziehen werden, da er als Jude in Israel lebt, also Zionist ist, und als junger Mann aus Überzeugung und zum Schutz jüdischen Lebens Araber erschossen hat. Außerdem sieht der Aachener Friedenspreis in ihm einen Abweichler von der reinen pazifistischen Lehre, da er NATO-Einsätze zum Sturz arabischer Diktatoren und zum Schutz der arabischen Bevölkerung befürwortet.

Beinahe wäre eine weitere wichtige Person unerwähnt geblieben. Reuven Israel Cabelman, ein ultraorthodoxer Jude aus Belgien, der wie andere ultraorthodoxe Juden für Jüdinnendiskriminierung eintritt, besuchte letztes Jahr die von der Evangelischen Kirche und dem Aachener Friedenspreis arrangierte antizionistische Ausstellung „Die Nakba – Flucht und Vertreibung der Palästinenser 1948“. Er wurde von einem „Israelexperten“ und Redakteur der dem Antizionismus unkritisch bis liebevoll zugewandten Aachener Zeitung hofiert. Cabelman gibt eine fundamentalistische jüdische Zeitschrift heraus, die vom folgenden Slogan auf jiddisch mit hebräischen Lettern geziert wird:

וועלט דער אויף צרות אַלע אין שולדיג זענען ציונים די
די ציונים זענען שולדיג אין אַלע צרות אויף דער וועלט

Übersetzt: An jedem Übel auf der ganzen Welt sind die Zionisten schuld. Ein eingängiger, da bekannter Slogan, den der Aachener Friedenspreis und die Aachener Zeitung unverändert übernehmen könnten.

Und somit kommen wir zum Ende.

Da die Zionisten nach Meinung des pazifistischen Fußvolkes, der pazifistischen Elite, der fundamentalistischen Demokratie- und Jüdinnen-feindlichen ultraorthodoxen Juden, der Nazis und der nicht gemäßigten Islamisten am Bösen schuldig sind, sollten die Juden Aachens Buße tun. Am besten würden sich alle Juden taufen lassen, was nach Prof. Benz sinnlos wäre, da die Muslime mangels genuiner Juden noch stärker unter antisemitischer Verfolgung leiden würden, was eindeutig die Schuld der nun nicht mehr vorhandenen Juden wäre. Die Juden wären schuld, wenn die Minderheit der nicht gemäßigten Islamisten unter den Muslimen den Umschwung nicht verkraften würden, gestern die antizionistische Vorhut gewesen und heute die Opfer der nicht-muslimischen Antizionisten zu sein.
Deshalb empfehle ich als alternative Buße die einjährige Mitgliedschaft beim Aachener Friedenspreis und die Teilnahme an mindestens der Hälfte seiner Veranstaltungen. Für zahlende Mitglieder der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit wird die Buße auf sechs Monate reduziert.

Der pazifistische Satz lässt frei, ob alle Kriege, die Israel führen musste, Angriffskriege sind, oder ob sich darunter auch Verteidigungskriege befinden. Die zweite Möglichkeit ist politisch notwendig, da zu den tragenden Säulen des Aachener Friedenspreises staatstragende Parteien und Kirchen gehören, die das Existenzrecht Israels bejahen, sich für das Existenzrecht Israels einsetzen, es vorgeben. Zumindest beim gewonnenen Unabhängigkeitskrieg, der die conditio sine qua non der Existenz des zionistischen Staates ist, darf es sich deshalb nicht um einen ethisch verwerflichen Angriffskrieg handeln, obwohl die Juden mehr Gebiete errangen, als ihnen die Weltgemeinschaft damals bereit war zu überlassen. Das noch nicht genügend entnazifizierte Deutschland war damals glücklicherweise noch nicht Teil der Weltgemeinschaft.

Einige ehemalige Vorstandsmitglieder des Aachener Friedenspreises betrachten Israel als Unrechtsstaat. Sätze wie: „Schurkenstaat Israel“, „So etwas [Statements zionistischer Juden] können wir in Aachen wirklich nicht gebrauchen“ sind belegt.

Durch die Gründung eines jüdischen zionistischen Staates änderte sich das Bewusstsein der meisten Juden radikal, die nun nicht mehr die jahrtausende alte Opferrolle akzeptierten. In den Augen der Antisemiten wurden sie nicht zu Helden, sondern zu Tätern. Spätestens nach dem Sechstagekrieg 1967 und dem Jom-Kippur-Krieg 1973, die die Erdölversorgung des Westens tangierten, schwappte die antisemitische Anschauung über auf den in Deutschland aufblühenden Pazifismus. Die neue Unterscheidung zwischen jüdischem Opfer und zionistischem Täter rehabilitierte teilweise den nationalsozialistischen Terror, da der Holocaust nach Meinung antisemitischer Apologeten, wenn auch nicht genügend erfolgreich, die Zahl der potentiellen zionistischen Täter dezimiert hatte. Folgerichtig kommt es bis heute zu Allianzen zwischen antizionistischen, meist ultraorthodoxen Juden mit Holocaustleugnern. Linke und demokratische Pazifisten demonstrieren gegen Israel gemeinsam mit Rechtsextremisten. Deutsche Antifaschisten, Lokalpolitiker und Gewerkschaftler sind hin- und hergerissen zwischen Ablehnung und Tolerierung faschistischer türkischer Organisationen. Antifaschisten, Linke und antizionistische Juden bevorzugen unabhängig voneinander nationalsozialistische Symbole als Stilmittel.

Die Liebe zu jüdischen Opfern und der Abscheu vor zionistischen Tätern wird in der Namensgebung der Schulen manifest. Anne-Frank-Schulen sind in Deutschland, auch in Aachen, keine Seltenheit. Nach einer Theodor-Herzl- oder David-Ben-Gurion-Schule in Deutschland sucht der Googelist vergebens.

Das antizionistische Denken der Pazifisten rührt nicht her von der Zuneigung zu Arabern. Wie am aktuellen Beispiel Libyen und Syrien sichtbar, wird der Kampf der arabischen Massen gegen Tyrannei von den Pazifisten nur solange gut geheißen, wie die Orwellschen Ideale des Pazifismus nicht verletzt werden. Nach der Gründung des jüdischen und zionistischen Staates Israel ist der Antizionismus die logische Folge des Antisemitismus.

Die größte militärische Bedrohung Israels geht derzeit vom Iran aus, der Israel mit all seinen Bewohnern auslöschen will. Rücksichten auf die eigene Bevölkerung oder gar auf nicht-schiitische Araber, die in und um Israel leben, werden von den iranischen Klerikalfaschisten billigend als Kollateralschäden in Kauf genommen. Der Aachener Friedenspreis leugnet vehement diese für jeden ehrlichen und anständigen Menschen offensichtlichen Tatsachen.

Sollte es zu einem Krieg zwischen Israel und dem Iran kommen, so können die Einwohner Israels nicht mit der Solidarität der Bundesrepublik Deutschland oder der pazifistischen Deutschen rechnen, es sei denn, dass dem Iran seine Absichten gelingen, was Gott verhindern möge. Deutschland und seine Pazifisten ziehen ihren Frieden dem fremden Genozid vor. Als Beispiel sei der Südsudan mit über 3 Millionen Toten genannt, die meisten Zivilisten. Der Aufschrei der Pazifisten blieb ungehört, da er nicht stattfand. Es ist deshalb mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass deutsche Pazifisten sich bestenfalls neutral verhalten, wenn sie akut gefordert sind, einen atomaren Holocaust an Juden zu verhindern.

Siehe auch:
Die Rocky Horror Picture Show kommt nach Aachen

1 Kommentar:

Oscar Mercator hat gesagt…

Lieber Castollux,

was ist denn nun konkret falsch an Uri Avnerys Beschreibung der Zauberlehrlingspolitik Israels?