Sonntag, Mai 04, 2008

Wie die NY Times Jesus palästinensisch "eingemeindet"


Es ist wirklich zum Verzweifeln, wenn man sich von manchen Leuten anhören muss, Jesus sei Palästinenser gewesen, habe palästinensisch gesprochen etc. Seit Arafat mit dieser dreisten Lüge auch noch hausieren ging, hält sich dieser Unsinn in der (ver-)öffentlich(t)en Nahost-Debatte unter vermeintlichen Kennern der historischen Bezüge wie ein einbetonierter Kaugummi unter der Tischkante.

Dass nun ausgerechnet die „Gray Lady“ New York Times auf einer kirchenhistorisch und exegetisch extrem glitschigen Schmalspur daher kommt, wie man es selbst nicht von manchen Hobbytheologen gewohnt ist, mag auf den ersten Blick sehr verwundern. So ganz überraschend kommt es letztendlich dann aber auch wieder nicht, vergegenwärtigt man sich der Tatsache, dass theologisches Halbwissen auch vor den Feuilletons nicht Halt macht, nicht zuletzt aufgrund einer zunehmenden Esoterisierung sonst so abgeklärt daher kommender Säkularisten. Ein bisschen Religion darf’s schon sein…

Wenn man von einer Sache nichts versteht sollte man einen Fachmann zu Rate ziehen - oder noch besser - die Finger davon lassen. Aber Kolumnen wollen gefüllt sein und der „aufgeklärte“ Leser braucht Trivial-Theologie oder Fast Food-Exegese, damit er von sich behaupten kann, ein Theologiestudium sei überflüssig. Ähnlich dachte zeitlebens auch Rudolf Augstein vom SPIEGEL, dessen „theologiekritische“ Aufsätze seit Beginn der 60er-Jahre nur so von Unwissenheit und Ignoranz strotzen, dass man sich im Nachhinein fragen muss, wie derart leichtfertig so viel Druckerschwärze vergeudet werden konnte. Beim patriarchisch geprägten Führungsstil Augsteins andererseits auch nicht wirklich überraschend.

CAMERA SNAPSHOT hat die Ungereimtheiten des Times-Artikels aufgedeckt, HEPLEV den Beitrag übersetzt und mit kommentierenden Einschüben versehen. Vielen Dank an ihn.


„Palästina zur Zeit Jesu“

CAMERAs snapshot hat eine Fehldarstellung der New York Times aufgegriffen, in der behauptet wurde, dass Jesus vor zwei Jahrtausenden in Palästina Aramäisch sprach“. CAMERA erklärt zu Recht:

Zu Lebzeiten Jesu gab es so etwas wie „Palästina“ nicht, da die Römer Judäa erst hundert Jahre nach dem Tod Jesu in „Palästina“ umbenannten. Während der Zeit Jesu lagen Bethlehem und Jerusalem in dem, was gemeinhin Judäa genannt wurde; Nazareth lag in dem, was man allgemein von Galiläa bezeichnete. Die New York Times sollte ihren faktischen Fehler korrigieren, Judäa und Galiläa mit Namen zu benennen, die erst ein Jahrhundert später existierten.

Geschichtliche Fakten sind: Im Jahr 132 n. Chr. gab es – erneut – einen Aufstand der Juden gegen die Römer unter Bar Kochba. Erst im Jahr 135 n. Chr. konnten sie ihn niederschlagen. Der Kaiser war derart erbost über den Aufstand, seine Folgen und seine Dauer, dass er alles Jüdische austilgen wollte. Daher benannte er den Landstrich um und gab ihm einen Namen, der an die Erzfeinde Israels, die Philister erinnerte: Palästina. (Wer es nicht weiß: Die Philister waren ein aus der Ägäis(1) stammendes Seefahrervolk, das zur Zeit der Römer schon einige Jahrhunderte lang nicht mehr existierte.) Fakt ist auch, dass der Name völlig außer Gebrauch kam – bis er in der jüngeren Vergangenheit wieder in Mode kam, um das Heilige Land, vor allem aber das britische Mandatsgebiet zu beschreiben.

CAMERA schreibt weiter:

Man muss nur die christliche Bibel öffnen, um Bezüge auf Judäa und Galiläa zu finden. Beispiele: Lukas 1,5: Herodes (der Große) ist „König von Judäa“; Lukas 2,4: „Da machte sich auf auch Josef aus Galiläa, aus der Stadt Nazareth, in das jüdische Land zur Stadt Davids, die da heißt Bethlehem“; Lukas 3,1: „als Pontius Pilatus Statthalter in Judäa war“.

Das sind korrekte Hinweise. Nur sind gerade (deutschsprachige) Bibeln auch eine Quelle der Fehlinformation, wenn man sich dort die Landkarten ansieht. Die Lutherbibeln in der Übersetzung von 1956 und 1964, wie auch die in der Übersetzung von 1984 enthalten eine Landkarte „Palästina zur Zeit des Neuen Testaments“; „Die gute Nachricht“ in der Ausgabe von 1976 enthält den gleichen Titel der entsprechenden Landkarte, genauso die Neufassung von 1997; ebenso verhält es sich mit der Bruns-Bibel (1962). Die „Hoffnung für alle“ fehlt mir derzeit, aber ich meine mich zu erinnern, dass auch dort eine Karte mi demselben Titel zu finden war.

Ausnahmen, die mir vorliegen, sind einmal die Genfer Studienbibel, die zwei Karten enthält, in der die richtigen Namen der Landstriche aufgeführt sind („Leben und Wirken Jesu“; „Das Römische Reich zur Zeit des Neuen Testaments“); zweitens die Schlachter-Übersetzung Version 2000, die „Israel zur Zeit von Jesus Christus“ schreibt. Meine Elberfelder Bibel enthält keine Landkarten. Meine englischen Übersetzungen auch nicht.

Elektronisch sieht es wohl nicht unbedingt besser aus als in den gängigen Bibeln: Mein PC-Bibelatlas enthält eine Karte „Palästina zur Zeit Jesu“.

Was will man den Leuten vorwerfen, wenn sie solche Fehlinformationen in ihren Bibel vorgesetzt bekommen? Das macht die Sache nicht besser, aber verständlich, auch wenn es lächerlich ist. Einen Begriff durch einen anderen zu ersetzen, ist äußerst schwer. Die „Palästinenser“ haben eine erfolgreiche Kampagne gestartet, die diese Falschinformation ausnutzte und sich zu einem Volk erfunden, das um sein Selbstbestimmungsrecht in seinem „angestammten“ Land kämpft, dessen Name allen bekannt ist, ihnen weder gehört noch zusteht.

Umso mehr muss darauf hingearbeitet werden, dass diese Falschdarstellungen aus den Köpfen der Menschen verschwinden und durch die richtigen Begriffe ersetzt werden.

(1) Andere Ansätze gehen auch von einer Herkunft der Philister aus Kreta aus.

Hattip: HEPLEV

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